Seit dieser Woche gibt es The Substance mit Demi Moore, Margaret Qualley und Dennis Quaid in den Kinos zu sehen. Dabei handelt es sich um einen neuen Body-Horror-Streifen mit Seitenhieben gegen die Unterhaltungsbranche. Das Werk von Coralie Fargeat gewann beim diesjährigen Filmfestival von Cannes den Preis für das beste Drehbuch. Wir haben für euch die Pressevorführung besucht. Konnte mich der Streifen überzeugen?
Wenn das zweite Ich übernimmt
Elisabeth Sparkle (Demi Moore), ehemals ein grosser Filmstar, feiert ihren 50. Geburtstag und moderiert eine Fitness-Sendung namens Sparkle Your Life im Jane-Fonda-Stil. Der Tag nimmt für sie jedoch kein gutes Ende. Zuerst feuert ihr Chef (Dennis Quaid) sie, weil sie seiner Meinung nach zu alt sei und er Elisabeth mit einer jüngeren Frau ersetzen will und dann gerät sie in einen Autounfall. Nach der Untersuchung im Krankenhaus erhält sie den Hinweis über eine neuartige Flüssigkeit namens The Substance zugesteckt. Diese soll eine jugendliche und schönere Version von ihr erschaffen.
Die Sache hat allerdings einen Haken. Es können beide Versionen nie gleichzeitig auftreten und die Zeit muss strikt aufgeteilt werden. Eine Woche hat Elisabeth also für sich, während ihre Doppelgängerin namens Sue (Margaret Qualley) eine Woche arbeiten und leben darf. Die passive Person wird während dieser Zeit intravenös ernährt. Zudem sind es keine zwei Personen, sondern beide sind eins. Sue tritt also die Nachfolge von Elisabeth an und moderiert fortan die Show Jump it up. Dabei findet sie derart Gefallen am Showbusiness und ihrem Leben, dass sie ihr zweites Ich völlig vernachlässigt. Doch was passiert, wenn die geforderte Aufteilung nicht korrekt eingehalten wird?
The Substance seziert Schönheitskult und Showbusiness
Harte Abrechnung mit dem Schönheitsideal, Altersdiskriminierung und der Schowbranche. Hollywood und seine Bosse kriegen ihr Fett weg. Die Kritik hier ist sehr laut dargestellt. An dieser Stelle gibt’s von uns noch eine Triggerwarnung: Sämtliche Szenen sind äusserst explizit gehalten. Szenen mit Spritzen, Blut und Organe gibt es zuhauf. Auch die Metamorphose von Elisabeth zu Sue sowie weitere Verwandlungen sind sehr ekelerregend dargestellt. Auffallend ist, dass es keine durchgehende Filmmusik gibt, der Film lebt aufgrund seiner Geräusche. Selbst kleine Geräusche wie Schritte, Schmatzer, Brausetabletten im Wasserglas oder sogar Kleiderrascheln sind überdeutlich in Szene gesetzt. Das ist für einmal eine gekonnte Abwechslung. Viele Filme bestehen heutzutage praktisch aus einem reinen Klangteppich. Kaum hört der eine Song auf, kommt schon der nächste. Daher ist es schön, mal so etwas zu hören.
Moore und Qualley sind das Highlight des Films
Was mir persönlich am besten gefallen hat, ist die Auswahl des Casts. Von Demi Moore hat man in der letzten Zeit nicht mehr viel gesehen. Umso schöner ist, dass sie sich mit so einem Werk auf die Leinwand zurück traut. Sie selbst hat im Jahr 2008 verraten, dass sie wegen ihres Aussehens mit fehlenden Rollengaboten zu kämpfen hatte. Somit ist die Rolle der Elisabeth perfekt für sie geeignet und sie konnte mit Sicherheit viele persönliche Erlebnisse ins Rollenstudium verarbeiten. Ihr jüngeres Ich, verkörpert durch Margaret Qualley, ähnelt Moore nicht nur optisch, sondern auch vom Charakter her. Offensichtlich hat Qualley Moores Charakterzüge bis ins letzte Detail ausgearbeitet. Man spürt die Wut, die die beiden auf das oberflächliche Hollywood haben, deutlich. Die beiden Damen spielen ihren schleimigen Chef Harvey, dargestellt von Dennis Quaid, somit locker an die Wand.
Diese Performances helfen, von der leider ein bisschen zu vorhersehbar geratenen Story abzulenken. Wenn man das ältere ich von Elizabeth und ihren Ehrgeiz kennt, kann man schnell einschätzen, was die jüngere Version während ihrer Lebenszeit alles anstellen könnte – und dabei auf die Regeln pfeift. Zudem ist die Dauer von etwas mehr als zwei Stunden ein bisschen zu lang geraten, es scheint, als ob der Body-Horror-Streifen nicht enden will. Warum The Substance für diese Geschichte den Preis fürs beste Drehbuch am Filmfestival Cannes erhalten kann, ist mir daher schleierhaft. Ob es für eine Oscar-Nominierung reicht, bin ich mir nicht sicher.
Mein Fazit zu The Substance
The Substance ist eine Mischung aus Triangle of Sadness und Der Tod steht ihr gut – gewürzt mit viel Blut und Horror. Er vermittelt eine für die heutige Gesellschaft wichtige Botschaft, die nicht nur für Hollywood gilt. Aber um die Einstiegsfrage zu beantworten: Nein, der Film hat mich persönlich nicht überzeugt. Zumindest was den künstlerischen Aspekt betrifft. Streifen wie Get Out, Wir oder Midsommar haben gezeigt, dass man Horror auch auf eine leise Art und Weise transportieren kann. Ich mag es, wenn die Bedrohung in der Luft schwebt und so den Zuschauer fesselt.
Dahingegen erscheint mir The Substance mit seinen blutigen Szenen und aufdringlichen Geräuschen viel zu laut. Dass Coralie Fargeat für die Darstellung eines sehr wichtigen Themas eine solche Inszenierung wählen musste, finde ich schade. Lässt sich heutzutage nur so auf Altersdiskriminierung und Schönheitsideale in Hollywood hinweisen? So macht es ihn für ein Massenpublikum nicht interessant. Vielmehr spricht er geübte Kinogänger an, die Freude an nicht alltäglichen Streifen haben – und ein Verständnis für solche Inszenierungen mitbringen. Da ich persönlich selten Body-Horror-Filme schaue, konnte er mich auf dieser Ebene nicht abholen.
Hat The Substance eine Post-Credit-Szene?
Nein, der Film hat am Ende keine solche Szene. Daher lohnt es sich nicht, nach dem Ende im Kinosaal zu verweilen.
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