Seit Ende Dezember ist die starbesetzte Satire Don’t Look Up von Adam McKay auf Netflix zu sehen.
Was wäre, wenn die Menschheit nur noch 6 Monate und 14 Tage zu leben hätte, weil ein Komet auf die Erde zurast? Genau von solch einem Szenario erzählt die US-amerikanische schwarze Komödie. Netflix konnte Leonardo DiCaprio, Jennifer Lawrence, Meryl Streep, Cate Blanchett, Jonah Hill und sogar Ariana Grande in einer Nebenrolle gewinnen. Unser Gastautor Sandro Biener hatte beschlossen, ein Netflix-Abo abzuschliessen, um seine Watchlist abzuarbeiten. Diese Produktion gehörte demnach zu seinen favorisierten Filmen. Doch hat die Satire ihn überzeugen können, oder war sie ein Grund, das Abo sogleich wieder aufzulösen?
Spoilerwarnung: Dieser Artikel enthält Spoiler zum Film Don’t Look Up.
Eine Katastrophe bahnt sich an
Kate Dibiasky, eine Doktorandin in Astronomie an der Michigan State University, wird auf einen ungewöhnlichen Kometen, der sich Richtung Erde bewegt, aufmerksam. Nach Berechnungen durch ihren Professor Dr. Randall Mindy, wird den Experten vor Ort allerdings schnell bewusst, dass es sich dabei um einen Katastrophenfall existenziellen Ausmasses handelt, da der Komet bereits in 6 Monaten und 14 Tagen die Erde zerstört.
Aus diesem Anlass treffen sich Dr. Randall und Kate mit dem Vorsitzenden der «planetary defense» Organisation der NASA, um weitere Schritte zu besprechen und schliesslich zum Weissen Haus zu fahren, um die Präsidentin Janie Orlean darüber in Kenntnis zu setzen. Nur sehen sich die Wissenschaftler dort nicht mit der nötigen Priorität und Ernsthaftigkeit dieser nahenden Katastrophe begegnet. Dies, da die Präsidentin aufgrund der bald anstehenden Halbzeitwahlen keinen Anlass sieht, voreilig in Aktion zu treten und die Bevölkerung darüber zu informieren. Vielmehr entscheidet sie sich, um ihrem Image für die Wahlen positiv entgegenzuwirken, für Ruhe und Sondierung.
Wenn niemand hören will…
Mit dieser geohrfeigten Erkenntnis entscheiden sich Dibiasky und Mindy an die Öffentlichkeit zu gehen und diese darüber aufzuklären. So wollen sie die Massen mobilisieren. Eine «memereiche» und aufgebrachte Hetzjagd der Medien nimmt so ihren Lauf. Bis man sich auch im Weissen Haus aufgrund eines Skandals, doch zum Handeln gezwungen sieht – jedoch weitaus anders als erwartet. Es folgt so eine andere Perspektive auf das Ereignis und eine Idee, die vor allem die Wirtschaft bereichern könnte. Das katastrophale Ausmass des Kometen soll dank neuester Technik auf ein kontrollierbares Risiko minimiert werden. Ob nun allerdings der technische Fortschritt, die Profitgier oder am Ende der Komet den längeren Atem haben, möchte ich natürlich bewusst offenhalten und zum Schauen dieses filmischen Netflix-Highlights einladen.
Ist Don’t Look Up ein satirisches Spiegelbild der aktuellen Gesellschaft?
Der Streifen bietet jedenfalls nicht mehr und weniger als ein treffsicher pointiertes Spiegelbild unserer, aber vor allem auch der amerikanischen Gesellschaft. Dessen Patriotismus wird herrlich aufs Korn genommen. So fiebert man vor allem dank der faktenbasierten Aussagen bei Leonardo DiCaprio und Jennifer Lawrence unheimlich stark mit. Dabei trifft man auf eine, in der Realität schlafende Gesellschaft, die hauptsächlich um ihr eigenes Ego kreist und den Blick auf die Bedrohung erst gar nicht wahrnimmt. Wenn die Realität dann aber mal in der grossen Masse erwacht und wahrgenommen wird, entsteht die grosse Spaltung, die sich durch Verschwörungstheorien und Hass abgrenzt. Das wiederum zeigt, dass nicht jeder die Wahrheit ohne einen klaren Schuldigen verkraftet. Ein Film, der damit also sicher auch ganz bewusst seine Parallelen zur Corona-Pandemie zieht und dessen Inspiration bei der von Meryl Streep gespielten Präsidentin Janie Orlean bestimmt auch nicht unfreiwillig an die politische Vorgehensweise eines Donald Trump erinnert.
Kritik gegen Profiteure
Vor allem zeigt der Film aber auch, was Reichtum und grosser Einfluss mit einem Menschen machen kann. Auch hier werden die Probleme ums eigene Ego dieser Figuren deutlich. So bietet Don’t Look Up vor allem auch einen Rundumschlag gegen einflussreiche Persönlichkeiten und deren Profitgier. Probleme und eindringliche Gefahren werden damit also erst richtig erkannt, wenn sie auch einen grossen Nutzen für den Selbstzweck einbringen können.
Damit allerdings das vermittelte satirische Bild der ignorierenden Gesellschaft funktioniert, hat man sich vor allem bei den Medien für eine Umkehrung bzgl. des Handelns entschieden. Eigentlich würde sich nämlich jedes Medienhaus um die Story des nahenden Weltuntergangs reissen. In Adam McKays Film hingegen wird dieses Thema zuerst nur müde belächelt. Diese Vorgehensweise passt allerdings wiederum zur Erzählweise des Streifens und ist somit durchaus nachvollziehbar.
Die Star-Power überzeugt auf der ganzen Linie
Schauspielerisch gesehen haben mich vor allem Leonardo DiCaprio, Jennifer Lawrence, Jonah Hill und Mark Rylance am meisten begeistert. Leonardo DiCaprio verkörpert dabei perfekt den in der Öffentlichkeit erstmal medienunerfahrenen und unsicheren Wissenschaftler Dr. Mindy. Dies, indem ihm der Wechsel zwischen leicht beunruhigender Haltung und Anspannung bis hin zu gnadenlosen Wutausbrüchen grandios gelingt. Jennifer Lawrence schafft es dann in ihrer Rolle, eine gewisse Gleichgültigkeit sowie gleichermassen auch eine absolut hysterisch besorgte und missverstandene Figur zu spielen. Bei mir konnte sie dennoch Sympathie für ihr Handeln erwecken.
Jonah Hill verkörpert hingegen in seiner Rolle als Stabschef der US-Präsidentin, das absolute Feindbild von jedem bodenständigen Menschen. Er verbindet in seiner Spielweise Arroganz mit schwarzhumoriger Eleganz, die sich in seinem gnadenlosen Handeln ausdrückt. Mark Rylance gibt seiner Rolle als menschlichen Aussenseiter aber einflussreichen CEO eines grossen Technikunternehmens, eine ganz eigenwillige, aber schauspielerisch wirkungsvolle und beängstigende Note. Ihm scheint vor allem Einfühlsamkeit ein Fremdwort zu sein und damit verleiht er der Satire auch eine durchdringende und brisante Ernsthaftigkeit.
Mein Fazit zu Don’t Look Up
Don’t Look Up ist eine gut beobachtete, schwarzhumorige Endzeit-Satire, die mit schauspielerischen Höchstleistungen, einer unterhaltsamen Erzählweise und einer undurchdringlichen Botschaft zu begeistern weiss. Die treffsicher pointierte Schärfe, mit welcher sich der Film auch die Wissenschafts- und Klimaleugner vorknöpft, kann einem dabei teilweise auch mal im Hals stecken bleiben. Die Parallelen zur Corona Pandemie sind ausserdem unübersehbar und machen Adam McKays Werk damit vielleicht zum Film unserer aktuellen Zeit.
Filmisch hat man sich dann, passend zum Horrorszenario, für einen eher raueren analogen Look entschieden. Dieser wechselt sich zwischen statischen Aufnahmen und unruhigen Kameraeinstellungen ab und fängt dabei gut die Unruhe und den Stressfaktor der Hauptfiguren ein. Während der Laufzeit von 138 Minuten tritt ausserdem gefühlt nie Langeweile auf, da sich der Film sehr ereignisreich und teils sogar sehr hektisch durch die einzelnen Szenen bewegt.
Als kleinen Tipp am Rande möchte ich ausserdem noch darauf hinweisen, dass es sich lohnt, den Film bis zum Schluss zu schauen, da es nach dem Abspann auch nochmal eine lohnenswerte Post-Credit-Szene zu sehen gibt.
Über unseren Gast-Autor
Sandro Biener veröffentlicht unter dem Namen Sany 3000 Film-Rezensionen auf Amazon und auf Wattpad. Er beantwortet auch gerne Fragen über Filme und Serien auf gutefrage. Zudem produziert er Megamixes von bekannten Sängern sowie weitere diverse Videos. Diese findet ihr auf seinem YouTube-Kanal.
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