Am diesjährigen Zurich Film Festival erhielten wir die Möglichkeit, uns den neuen Film von und mit Moritz Bleibtreu anzusehen. Cortex nennt er seinen neusten Streifen, in dem er Themen wie Träume, Wahnsinn und das Fremdgehen anspricht.
Spoilerwarnung: Der Artikel enthält leichte Spoiler zum Film Cortex.
Der Sicherheitsangestellte Hagen wird von einem unkontrollierbaren Schlaf geplagt. Oftmals fällt es ihm schwer, abends einzuschlafen oder aber er wacht am Morgen kaum auf. Während einigen Nächten schläft er gar überhaupt nicht. Zudem fällt er auch während der Arbeit oder während dem Autofahren ab und zu in einen, in solchen Situationen gefährlichen, Sekundenschlaf. Diese ungewöhnlichen Schlafphasen haben natürlich Einfluss auf seinen physischen und besonders psychischen Zustand. So beschliesst er, gemeinsam mit seiner Frau Karoline, einen Arzt aufzusuchen. Bei Hagen wird eine sogenannte Hypersomnie diagnostiziert. Dabei fallen die Patienten auch trotz eines ausgewogenen Nachtschlafs am Tag in unkontrollierbare Schlafphasen. Der Aufenthalt in einem Schlaflabor wird ihm geraten, um seine Symptome und deren Ursachen untersuchen und behandeln zu können.
Zwischen Realität, Traum und Wahnsinn
Hagen kann sich mit dieser Idee, während mehreren Wochen in einem Labor untersucht zu werden, nicht anfreunden. Doch seine Träume nehmen nun verwirrende und auch zunehmend realistischer Züge an. So träumt er zunehmend von einem jungen Mann, er selbst scheint während seinen Träumen im Körper dieses Mannes zu stecken. Bildet er sich dies alles nur ein? Dann geschieht das Unvorstellbare: Hagen trifft an seinem Arbeitsplatz auf den jungen Mann. Doch ist dieser wirklich real, oder doch nur ein Hirngespinst von Hagen, ausgelöst durch seinen andauernden Schlafentzug? Die merkwürdigen und schockierenden Ereignisse spitzen sich zu, bis Hagen gar von einer Liebschaft zwischen seiner Frau Karoline und dem unbekannten jungen Mann träumt.
Gleichzeitig hat der Kleinkriminelle Niko Schwierigkeiten, sein Leben zu ordnen. Viel zu oft verbringt er seine Zeit in einem kleinen Café und fantasiert dabei von der hübschen Bediensteten. Gleichzeitig gerät er mehrmals an gefährliche Ganoven, da er und sein Bruder im Drogenmilieu der Stadt tätig sind. Als wäre dies alles nicht schon genug, schläft Niko sehr schlecht. Immer wieder taucht in seinen chaotischen Träumen ein Mann auf, der allem Anschein nach als Sicherheitsbeamter arbeitet und auch dessen Ehefrau kommt Niko seltsam bekannt vor. Als er diese Frau tatsächlich kennenlernt und sich eine Liebschaft anbahnt, ist nicht mehr klar wer nun in wessen Bewusstsein steckt. Oder sind Hagen und Niko gar ein und dieselbe Person?
Bleibtreu ist mit Cortex ein spannender Thriller gelungen
Moritz Bleibtreu, der neben der Darstellung des Hagen auch das Drehbuch verfasst hat und Regie führte, bietet uns mit Cortex einen traumhaften Thriller – im wahrsten Sinne des Wortes. Der Film verbindet gekonnt mehrere Handlungsstränge miteinander und behandelt dabei unterschiedliche Themen. Im Zentrum der Handlung steht die Verbindung, die Hagen und Niko miteinander zu haben scheinen. Beide Charaktere, sowie auch Karoline, gespielt von Nadja Uhl, sind toll besetzt und dargestellt. Besonders Moritz Bleibtreu beweist in Cortex einmal mehr sein schauspielerisches Talent. Seine Figur macht innerhalb des Films unterschiedliche, und oftmals abnormale, Erfahrungen und Bleibtreu gibt diese Emotionen sehr gut auf die Leinwand wieder.
Niko, gespielt von Jannis Niewöhner, informiert sich und somit auch uns Zuschauer über die einzelnen Schlafphasen und letzten Endes auch über das Konzept der sogenannten Klarträume. In diesen Klarträumen, die keineswegs eine filmische Erfindung sind, sondern tatsächlich auftreten, hat der Träumende die volle Kontrolle über sein Bewusstsein. Diese Tatsache in einen Thriller zu verpacken und mit der tragischen Geschichte eines Durchschnittstypen wie Hagen und seinen alltäglichen Problemen zu verknüpfen, ist meiner Meinung nach eine tolle Idee. Bereits grosse Hollywood-Produktionen, allen voran Inception, haben bereits das grosse Potenzial von Träumen als Dreh- und Angelpunkt einer Geschichte aufgezeigt.
Während in Inception die Klarträume aber bewusst herbeigeführt und genutzt werden, beleuchtet Cortex diesen Prozess von einer alternativen Seite. Somit ist Cortex nicht nur ein spannender Thriller, sondern zudem auch ein wenig lehrreich.
Ein traumhafter Thriller
Cortex ist definitiv eine Empfehlung meinerseits an alle, die spannende Thriller mit verworrenen Geschichten mögen. Als einzigen Kritikpunkt muss ich hingegen die teilweise unverständliche Bildsprache anbringen. Einige Kameraaufnahmen scheinen in sich stimmig, funktionieren im grossen Ganzen des Films aber nicht sehr gut und vermitteln ein zusammengeschustertes Bild an zusammenhangsloser Szenen. Auch die Stringenz fehlt ab und zu, doch alle diese negativen Faktoren machen den Thriller kaum weniger sehenswert. Insgesamt ist Moritz Bleibtreu mit Cortex ein toller Film gelungen, den ich guten Gewissens weiterempfehlen kann.
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