Ich weiss nicht mehr genau, wann ich Breaking Bad das erste Mal gesehen habe. Wenn mich meine Erinnerung aber nicht komplett im Stich lässt, sollte ich die letzte Staffel irgendwann 2013 gesehen haben.
Nun, sechs Jahre später und nach vier Staffeln Better Call Saul, war es für mich Zeit, Breaking Bad ein zweites Mal zu gucken. Anlass dazu war der Film El Camino, den Netflix praktisch aus dem Nichts angekündigt hatte. Ausserdem kannte meine Freundin die Serie noch nicht, also hatte ich gleich zwei gute Gründe, Breaking Bad wieder ganz zuoberst auf meine Watchlist zu setzen.
Letztes Wochenende hatten wir nun also nach etwa zwei Monate die letzte Folge geschafft. Meine Freundin war erwartungsgemäss geschockt, während ich bestätigt bekam, dass Breaking Bad noch immer grossartig ist.
Erzählerisch noch besser beim zweiten Mal
Was mich beim zweiten Mal schauen vor allem beeindruckt hat, sind die Charaktere und wie diese aufgebaut werden – allen voran natürlich Walter und Jesse. Wie nuanciert und behutsam ihre Eigenschaften nach und nach herausgearbeitet und weiterentwickelt werden, ist wirklich grossartig.
Meistens sind es dabei nur scheinbar beiläufige Szenen, die den Charakteren so viel mehr tiefe geben. Beispielsweise, als Jesse einen Käfer beobachtet, der auf seiner Hand herumkrabbelt, ohne ihn zu töten. In dieser vielleicht einminütigen Szene zeigen uns die Macher mit einfachen Mitteln, dass Jesse eigentlich ein friedliebender Mensch ist, der gar nicht zum skrupellosen Drogendealer taugt.
Skyler White, die tragische Heldin
Diese erzählerischen Nuancen haben mir auch einen Charakter in einem ganz neuen Licht gezeigt: Skyler White. Ich gehe sogar so weit und behaupte, dass sie eine der am besten geschriebenen Charaktere der Serie ist. Sie ist die tragische Heldin, die im Gegensatz zu Walter immer das Richtige tun will und am Schluss doch scheitert.
Ich weiss noch, wie sehr mich Skyler beim ersten Mal Schauen genervt hat. Das ging sogar so weit, dass ich Breaking Bad nach der ersten Staffel nicht mehr weitergucken wollte. Erst, nachdem die vierte Staffel draussen war und ein regelrechter Hype um die Serie ausbrach, schaute ich weiter.
Nun, als ich die Serie das zweite Mal geguckt habe, merkte ich, wie falsch ich lag. Ja, Skyler mag im ersten Moment nerven, mit ihrer aufmüpfigen Art. Aber eigentlich hat sie doch die ganze Zeit Recht, oder? Und als sie sich mit Walters Drogenkarriere abgefunden hatte, war sie es, die bei der ganzen Lügengeschichte den Überblick behielt und den Karren mehr als einmal aus dem Dreck zog. Wäre sie nicht gewesen, wäre Hank wohl viel früher klar geworden, wasvor sich geht und Breaking Bad nach drei Staffeln zu Ende.
Und als Dank wurde Skyler zuerst von ihrem Sohn gehasst, dann von Walter gedemütigt und schliesslich ihrer Familie beraubt. Sie ist bei den ganzen Kollateralschäden, die Walter verursacht hat (wenn man das so nennen kann), wohl diejenige, die am schwersten getroffen wurde. Und dennoch sitzt sie in der letzten Folge in der Küche ihrer kleinen Wohnung und bringt es nicht fertig, gleich die Polizei zu rufen, als Walter auftaucht – dabei hätte sie jedes Recht dazu.
Immerhin gönnen gönnt ihr Serienerfinder Vince Gilligan am Schluss eine klitzekleine Genugtuung, indem er Walter zugeben lässt, dass er es nur aus Egoismus getan hat. Ein kleine Absolution für eine Frau, die fünf Staffeln lang Dreck fressen musste und selbst nach der Poolszene wieder aufstand und irgendwie weiter gemacht hat.
Von daher muss ich sagen: Es tut mir Leid, Skyler White, dass ich dich als nervend empfunden habe. Du hattest allen Grund für dein Handeln.
Übrigens: Falls du noch auf der Suche nach einer neuen Serie auf Netflix bist, guck einmal hier vorbei.
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