Joshua Odjick Cooper Hoffman Ben Wang Charlie Plummer Jordan Gonzalez Garrett Wareing Tut Nyuot und David Jonsson aus The Long Walk

The Long Walk: Ein Must-see aber nur für Buchfans

Ich wusste nicht genau was mich erwartet. Was ich wusste: Der Film ist vom Regisseur, der uns zeigte, wie junge Teenager sich gegenseitig niedermetzeln. Darüber hinaus kommt die Vorlage zum Film aus den Federn der Horror-Legende Stephen King. Eines Genres, mit dem ich mich zugegebenermassen nicht so gut auskenne, ich wagte mich jedoch in die Pressevorführung von The Long Walk und war gespannt auf die nächsten 108 Minuten.

Davon handelt The Long Walk

Im Buch von Stephen King geht es um 100 Teenager, die an einem jährlichen Wettbewerb teilnehmen – dem sogenannten «Long Walk». Die Regeln sind einfach: Halte eine Geschwindigkeit von über vier Meilen pro Stunde. Wer langsamer ist oder innerhalb einer Stunde dreimal verwarnt wird, wird erschossen. Der letzte, der noch geht, bekommt für den Rest seines Lebens alles, was er will. Die Änderungen in der Adaption von Franchise Lawrence sind überschaubar. Die Jugendliche sind alle Volljährig und nur halb so viele gehen auf diese «Todesmission». Zwischen den Jugendlichen bilden sich sowohl im Buch und im Film enge Freundschaften, die logischerweise ein tragisches Ende nehmen werden.

Judy Greer in The Long Walk
Peters Mutter hofft, dass ihr Sohn den Marsch überlebt. | Bild: © 2025 Ascot Elite Entertainment

Ein Film wie aus einer anderen Zeit

Nach dem ich den Film sah, hatte ich viele, sehr viele offene Fragen. Warum gibt es den diesen Marsch? Warum brach in den USA in eine Dystopie aus? In welchem Jahrzehnt sind wir und was zum Teufel bewegt, diese Männer Jahr für Jahr dort mitzumachen? All dies wird bis zum Ende nie erklärt und genau aufgezeigt. Ebenso gewisse Handlungen der Teilnehmer werden nicht aufgelöst und erklärt. Was für mich schleierhaft ist, ist für den Buchleser genau richtig. Kein unnötiges schnick schnack, keine «unnötigen» Nebenstorys die von der Haupthandlung ablenken.

Die Geschichte aus dem Jahr 1987 ist konzentriert, so konzentriert das man den Plot in einem Satz erklären kann und damit wirklich alles erklärt. The Long Walk ist das, was die Fans seit 40 Jahren möchten. Nicht mehr nicht weniger. Möglicherweise bin ich zu jung oder mit den falschen «Standards» aufgewachsen, denn es fühlt sich so an, als ob ein Film nicht zu Ende geschrieben wurde. Die meisten Figuren werden nicht gezeigt, und die wenigen die man zu Gesicht kriegt werden kaum beleuchtet, so dass man nur spärliches Mitleid mit ihnen hat, wenn man ihnen beim Dahinscheiden zusieht. Die Story steht, der rote Faden sitzt, doch das Fleisch am Knochen fehlt.

Cooper Alexander Hoffman und David Jonsson in The Long Walk
Raymond (Cooper Alexander Hoffman) und Peter (David Jonsson) verstehen sich gut. | Bild: © 2025 Ascot Elite Entertainment

Hoffman und Jonsson retten den Film

Mit Cooper Alexander Hoffman der neben David Jonsson im Zentrum der Geschichte steht, haben wir eine zweite Verknüpfung zu Die Tribute von Panem. Er ist der Sohn des verstorbenen Oscar-Preisträgers Philip Seymour Hoffman, dem «Spielemacher» in den Die Tribute von Panem -Verfilmungen. Er tritt in die Fusstapfen seines Vaters – mit Bravour. Hoffmans Rolle ist der Hoffnungsträger, der schimmernde Stern der Männer, er der so tapfer sich gegen das Regime stellt und ein klares Ziel im Kopf hat, wird je länger, je mehr schwächer – der Hoffnungsträger wird zum Hoffnungslosen. Und diese Wandlung diese Mühe und den Schmerz den fühlt man emotional mit. Auch weil man als Zuschauer oft genau das sieht, was er sieht.

Menschen, die verbluten, durchlöchert werden oder sich auf verschiedene Arten entleeren. Emotionaler sind die Momente, in denen man das Geschehnis nur durch die Gesichter von Hoffman und Jonsson wahrnimmt. In ihrer Mimik sieht man den Schmerz, den Ekel, den Hass. Die grossen Gefühle, die sie auf diesem Weg spüren, verleiht ihnen diese Tiefe, die bei anderen Charakteren fehlt. Der BAFTA-Preisträger Jonsson der vor allem zum Schluss emotional aufblüht und seine Tapferkeit zeigt, überzeugt ebenso stark wie sein zehn Jahre jüngerer Freund Hoffman. Das Mitgefühl für beide ist gross und man möchte nicht in ihrer Haut stecken. Man sieht ihnen an was sie erlebt haben und leidet bis zum Schluss mit ihnen mit.

Wer mich allerdings nicht überzeugt war Luke Skywalker-Darsteller Mark Hamill. Das Einzige, was der 73-jährige Major ist, ist laut. Das der Charakter sehr eindimensional und ohne wirkliche Tiefe ist lassen wir mal so stehen, ich bin dennoch überzeugt das so jemand wie Mark Hamill diesen Charakter trotz eiskalter Gefühllosigkeit besser rüberbringen hätte können. Und mit Gestik, Mimik und verschiedenen Betonungen ein bisschen vielfältiger sein kann. So wie wir nichts über Mark Hamills Charakter lernen, bleiben auch die restlichen Jugendlichen sehr blass. Was dazu führt, dass die Morde, so brutal sie auch sein mögen, nicht berührten.

Mark Hamil als Der Major in The Long Walk
Hat das Laserschwert gegen eine Uniform getauscht: Mark Hamill als Major | Bild: © 2025 Ascot Elite Entertainment

Trostlose Stimmung in The Long Walk

Mir ist bewusst, dass sich über die Handlung und die Tiefe der Figuren streiten lässt, besonders, wenn dies auch in der Buchvorlage weggelassen wurde. Ein Hinzufügen einzelner neuer Storylines und Hintergrundinformationen, hätte die Leser, die seit knapp 40 Jahren auf diesen Film warten vor den Kopf gestossen. Der Film überzeugt mit der genauen Adaption des Buches und den Aufnahmen. Die Bildgewalt ist enorm und die Leere diese verlassene Gesellschaft spürt man. Auch wenn die Bevölkerung nur gering im Film zu sehen ist, diese trostlose Einöde wurde sehr gut inszeniert. Lawrence zeigt schamlos die Gewalt und das Leid, was die Teilnehmenden erleben. Der Soundtrack von Jeremiah Fraites fügt sich ruhig in das Gebilde ein und verstärkt in den passenden Momenten die Gefühle. So dass das Leiden aber auch die Hoffnung zu jeder Zeit spürbar ist.

Cooper Hoffman Ben Wang Teagan Stark Jordan Gonzalez Tut Nyuot und David Jonsson
Zwischen den Teilnehmern bildet sich eine Freundschaft. | Bild: © 2025 Ascot Elite Entertainment

Manchmal ist weniger eben doch mehr

Der Film verspricht eine schmale und leider sehr vorhersehbare Handlung, die auch in 90 Minuten locker erzählt worden wäre. Dafür aber eine Handlung die sich nur auf das wesentliche konzentriert, nämlich die Freundschaft! Wie entwickelt sich eine Freundschaft, wenn man weiss, dass nur einer von beiden überleben wird? Wie entwickeln sich Hass, Liebe, Einsamkeit in einem Wettbewerb, der dich umbringt? Wann hilft man sich und wem kann man vertrauen? Die Handlung ist einfach, aber das darf sie auch. Es wird nicht gesagt warum die Jungs mitmachen oder was danach geschieht, es wird nicht erzählt, wie die Bürger zu dem Marsch stehen oder was sie überhaupt von dieser rohen Gewalt halten, wenn sie die Live-Übertragungen sehen.

Dies braucht es alles allerdings nicht. Denn im Film geht es rein nur um die schamlose Brutalität und Demonstration der Macht und im Wesentlichen um aufblühende Freundschaften in dieser düsteren Situation. Für mich wirkt der Film oft langwierig und nicht zu Ende erzählt, aber vielleicht sind es genau solche Geschichten, die Hollywood wieder braucht. Geschichten die nicht mit 10 Storylines vollgeklatscht sind à la Fantastic Beasts und viele andere aktuelle Filme. Vielleicht täte es Hollywood mal wieder gut Geschichten zu erzählen in denen es wirklich nur um die Sache geht – auch wenn das für die jüngeren Generationen, zu denen ich mich zähle, schwierig sein kann.