Heute startet Der Spion (Originaltitel: The Courier) mit Benedict Cumberbatch in den Deutschschweizer Kinos. Im Rahmen des letztjährigen Zurich Film Festivals konnten wir diesen Film bereits sehen. Unser Interview mit dem Regisseur Dominic Cooke findet ihr am Ende des Artikels. Der Thriller aus England erzählt die wahre Geschichte des britischen Geschäftsmanns Greville Wynne. 1960 wurde er vom britischen Geheimdienst angeworben und arbeitete nachfolgend mit dem russischen Offizier Oleg Penkowski zusammen. Der hochkarätige Cast und die wahre Geschichte verspricht einen spannenden Streifen, oder?
Vom englischen Geschäftsmann zum internationalen Spion
Der englische Geschäftsmann Greville Wynne unternimmt in den 1960er-Jahren viele Reisen ins Ausland, unter anderem in die Sowjetunion. Da der Konflikt zwischen dieser Union und der USA andauert, befürchten die Engländer und die Amerikaner einen eskalierenden Konflikt. Um einen solchen zu verhindern, sowie um die Kubakrise zu entschärfen, will der britische Geheimdienst MI6 an wichtige Informationen gelangen. Ein solches Unterfangen ist aber schwierig und vor allem sehr gefährlich. Sollte ein Engländer als Spion enttarnt werden, drohen ihm Haftstrafen oder gar der Tod. Daher werden der MI6 und die CIA auf den Geschäftsmann Wynne aufmerksam. Seine Tätigkeiten und Reisen verschaffen ihm die perfekte Tarnung. Der Brite ist alles andere als begeistert von diesem Plan. Da er über den Kalten Krieg aber besorgt ist und er zudem Gefahr läuft, seine Hypothek zu verlieren, stimmt er letzten Endes zu. So unternimmt Wynne vermehrt Reisen in die Sowjetunion, getarnt als Geschäftsmann.
Dort wird er mit dem Offizier Oleg Penkowski zusammengebracht. Dieser hat sich freiwillig dazu entschieden, den Engländern und Amerikanern die wichtigen Informationen zu beschaffen. Als Verräter kommt sich der ranghohe Offizier nicht vor. Vielmehr macht er sich Sorgen, der Kalte Krieg könnte in einem offenen Nuklearkrieg enden. So tun sich die beiden ungleichen Spione zusammen und schmuggeln Informationen ausser Landes. Dabei freunden sich Wynne und Penkowski an und verbringen auch ausser Dienst viel Zeit miteinander. Ihre beiden Familien lernen sich gegenseitig kennen und zusätzlich scheinen die beiden tatsächlich einen drohenden Krieg abzuwenden. Den Führungskräften der Sowjetunion fallen jedoch die zahlreichen Reisen des Geschäftsmanns auf und sie beginnen, Nachforschungen anzustellen. Bald gibt es für sie keinen Zweifel mehr, dass Wynne ein Spion ist. Wie endet die Geschichte des britischen Geschäftsmanns und kann er überhaupt heil aus dieser Geschichte herauskommen?
Der Spion überzeugt dank tollen Darstellern
Der Spion feierte im Januar 2020 am Sundance Film Festival Premiere und wurde dann auch im September am Zurich Film Festival gezeigt. Nun können wir Benedict Cumberbatch auch endlich in den Kinos sehen, sofern diese bereits geöffnet haben. Und dieses Warten hat sich gelohnt. Der Spion erzählt eine wahre und vor allem spannende Geschichte aus den 1960er-Jahren. Greville Wynnes Lebensgeschichte und sein Einfluss auf die Weltgeschichte waren mir persönlich bisher nicht bekannt. Vielen anderen dürfte es wohl gleichermassen gehen. Somit bietet uns dieser Film eine tolle Möglichkeit, unser historisches Wissen ein wenig zu erweitern. Tatsächlich erzählt Der Spion die Geschehnisse rund um den spionierenden Geschäftsmann sehr akkurat. Auch die Kostüme, Requisiten und Drehorte sind dementsprechend hergerichtet und ausgewählt. So dienten unter anderem verschiedene Strassen von London als Drehorte, die gemäss dem 1960er-Look umgestaltet worden sind.
Gute Kostüme funktionieren alleine aber nicht, weshalb sich der Regisseur Dominic Cooke einen tollen Cast zusammengestellt hat. Im Zentrum der Geschichte steht hier Greville Wynne, der vom britischen Schauspieler Benedict Cumberbatch gespielt wird. Der Doctor Strange-Darsteller mimt den englischen Geschäftsmann und Spion unglaublich gut. So zeigt sich, dass das Spion-Dasein nur wenig mit romantisierten Filmen wie der James Bond-Reihe zu tun hat. Vielmehr zeigt uns Cumberbatch die Schattenseiten der Spionage, die Angst vor Enttarnung und den psychischen Druck. Ergänzt wird der Cast durch Merab Ninidze in der Rolle des sowjetischen Offiziers Oleg Penkowski. Der Schauspieler aus Georgien verleiht seiner Figur ebenfalls viel Glaubwürdigkeit und emotionale Tiefe. So fiebert der Zuschauer unweigerlich mit den beiden ungleichen Spionen mit. Der restliche Cast ist ebenfalls gut besetzt, muss sich der tollen Darbietungen von Cumberbatch und Ninidze aber unterordnen.
Tolle Atmosphäre und glaubhafte Spannung
Ganz besonders ist mir die drückende und spannende Atmosphäre in Erinnerung geblieben, die über dem gesamten Film lastet. Obschon er als interessanter Spionage-Thriller beginnt, entwickelt sich Der Spion mit zunehmender Laufzeit zu einem tiefgründigen, politischen Streifen. Die Ängste der diversen Protagonisten sind stets präsent. Und da es sich bei Der Spion um die Erzählung einer wahren Geschichte handelt, sind diese Empfindungen umso stärker. So hat mich schlussendlich dann das Ende des Films, welches hier natürlich nicht gespoilert werden soll, überrascht und auch nachdenklich zurückgelassen. Auch ohne zu spoilern kann ich daher versprechen, dass das Ende von Greville Wynne und Oleg Penkowski keine leichte Kost ist.
Der Spion empfehle ich allen Fans von spannenden Thrillern, Spionage-Filmen und schlussendlich auch Dramen. Obschon der Film zur Zeit des Kalten Krieges spielt, handelt es sich aber nicht um einen Kriegsfilm. Vielmehr erzählt Der Spion die wahre Geschichte eines relativ unbekannten Geschäftsmanns, der die Weltgeschichte für immer verändert hat.
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