Immer mal wieder überraschen mich Netflix und Co. mit interessanten Vorschlägen an Filmen und Serien zum Streamen. So landete zuletzt der Actionfilm Major Grom: Der Pestdoktor auf meinem Bildschirm. Der Streifen aus Russland war mir bisher unbekannt, der Trailer jedoch sah spannend aus und so habe ich mir den zweistündigen Film angesehen. Sofort fiel mir auf, dass Major Grom: Der Pestdoktor viele Elemente erfolgreicher Produktionen vereint. Doch hat der Streifen auch genügend eigene Qualitäten, um erfolgreich zu sein?
Der Pestdoktor sucht St. Petersburg heim
In der Metropole St. Petersburg klafft die Schere zwischen Arm und Reich weit auf. Während sich die oberen Zehntausend an ihrem Geld erfreuen und es in Casinos bereitwillig verspielen, kämpft die Mehrheit der Einwohner täglich ums Überleben. Inmitten der Armut bekämpfen sich zudem verschiedene Gangs und andere Kriminelle. Die Polizei kommt kaum mit den Verbrechen hinterher und werden ausserdem von Kleinigkeiten abgelenkt. Einzig der Polizeimajor Igor Grom gibt sich alle Mühe, der Kriminalität in seiner Stadt Einhalt zu gebieten. So geht er meistens im Alleingang gegen die Verbrecher vor, was ihm zwar viele Verhaftungen, aber auch viel Missgunst von seinen Kollegen und Vorgesetzten einbringt. Ohne wahre Kollegen und ohne Beziehung fristet er daher das Leben eines einsamen Kämpfers für das Gute.
Gleichzeitig beginnt ein kostümierter Verbrecher, der sich selbst «Der Pestdoktor» nennt, St. Petersburg heimzusuchen. Dieser ist kein gewöhnlicher Krimineller, im Gegenteil. Dem Mann mit der Maske geht es nicht um seine persönliche Bereicherung. Viel mehr will er die reichen Menschen St. Petersburgs bestrafen, die ihren Reichtum auf Kosten der armen Bewohner errichtet haben. Während der Pestdoktor, dessen Identität niemand zu kennen scheint, sein Unwesen treibt, ist die Bevölkerung von St. Petersburg zwiegespalten. Einerseits befürworten viele die Taten des Verbrechers, da er sich für die Unterschicht der Stadt einsetzt. Andererseits aber wird er, ganz besonders von Seiten der Oberschicht und der Medien, als Mörder bezeichnet, dem das Handwerk gelegt werden muss. Die Polizei jedoch tappt bei diesen Nachforschungen im Dunkeln. So wird ein Ermittler-Duo aus Moskau angefordert. Die beiden Polizisten suchen nicht nur nach dem mittlerweile berühmten Pestdoktor, sondern behalten auch Igor Grom im Auge.
Eine gefährliche und schwierige Verbrecherjagd
Dieser ist mittlerweile vom Fall «Pestdoktor» abgezogen worden. Zusammen mit seinem neuen Partner soll er dem Diebstahl von zwölf Kühlschränken nachgehen. Für Igor ein herber Rückschlag, denn der Pestdoktor und seine Verbrechen lassen ihn nicht mehr los. Während er also seinen neuen, unerfahrenen Partner den Diebstahl der Küchengeräte untersuchen lässt, macht er auf eigene Faust Jagd nach dem Anarchisten mit der Maske. Während seiner Suche trifft er schliesslich auf die aufstrebende Journalistin Yulia, die ihn täuscht und sich seine Nachforschungsergebnisse aneignet. Im weiteren Verlauf der Verbrecherjagd wird sie aber zunehmend zu einer wichtigen Verbündeten. Und auch sein neuer Partner Dima stellt sich als grössere Hilfe heraus, als Igor zuerst angenommen hat. So stellt sich das Trio der Herausforderung ihres Lebens, nämlich den Pestdoktor zu enttarnen und zu fassen. Leider gibt es, besonders zu Anfang ihrer Ermittlungen, viele Verdächtige und nur wenig Hinweise.
Igors Intuition führt ihn schliesslich in den Hauptsitz eines Technologieunternehmens, geleitet von Sergei Razumovsky. Die Firma ist Erfinder und Vertreiber eines Internetdienstes, mit dem User einen garantierten und anonymen Zugang auf sämtliche Webseiten des Internets erhalten. Dies ist insofern revolutionär, als der Internetzugang in diesen Teilen der Welt oftmals reguliert und kontrolliert ist. Doch verbirgt sich hinter Sergei Razumovskys Maske der Güte nicht vielleicht doch die Maske des Pestdoktors? Doch auch andere Individuen kommen für dessen Übeltaten in Frage, allen voran Razumovskys bester Freund. Die beiden Männer scheint ausserdem mehr zu verbinden, als eine reine Freundschaft. Während Igor Grom dem Pestdoktor auf den Fersen ist, hetzt dieser zunehmend die ärmere Bevölkerung St. Petersburgs gegen die Oberschicht auf, was in Strassenschlachten und Plünderungen resultiert. Die Situation scheint bald ausser Kontrolle. Sollte es Igor und seinen Freunden nicht gelingen, den Pestdoktor zu Fall zu bringen, könnte bald die ganze Stadt brennen.
Major Grom war erst alles andere als ein Hit
Major Grom: Der Pestdoktor basiert auf einem überaus erfolgreichen, russischen Comic des Verlags Bubble Studio. Bereits einmal wurde ein Abenteuer des Polizisten Igor Grom verfilmt, damals hatte es sich allerdings nur um einen Kurzfilm gehandelt, der international kaum Beachtung bekommen hat. Mit Major Grom: Der Pestdoktor hat sich das nun geändert. Doch dies war lange nicht sicher. Denn als der Film in den russischen Kinos Premiere gefeiert hatte, war er gefloppt. Glücklicherweise war Netflix in die Bresche gesprungen, hatte sich die Rechte gesichert und den Streifen den russischen Streamern zugänglich gemacht. Sofort hatte sich Major Grom: Der Pestdoktor einen Spitzenplatz in den nationalen Streaming-Plätzen gesichert. Daher streamt Netflix den Film seit dem 7. Juli nun auch international.
In erster Linie soll der Film natürlich unterhalten. Und doch spricht er einige wichtige und aktuelle Themen an. Der Schurke, der Pestdoktor, streamt seine Verbrechen stehts live; so thematisiert Major Grom: Der Pestdoktor Datenschutz und Social Media. Natürlich spricht die Geschichte des Weiteren die Schere zwischen Arm und Reich an. Auch wenn der Film keineswegs moralisch Stellung bezieht oder belehrend sein will, regen solche Szenen dann doch zum Nachdenken an.
Erfolgreiche Elemente, soweit das Auge reicht
Da wir (fast) alle nun Zugang zu dem Actionfilm aus Russland haben; sehen wir uns an, ob sich das Streamen überhaupt lohnt oder ob Netflix mit diesem Kauf der Rechte ins Klo gegriffen hat. Wie bereits in der Einleitung erwähnt, vereint Major Grom: Der Pestdoktor in seiner zweistündigen Laufzeit viele Elemente erfolgreicher Serien und Filme. Auf den ersten Blick hat mich der Streifen sofort an die Serie Gotham erinnert. Insbesondere der in der letzten Gotham-Staffel auftauchende Bösewicht Bane hat grosse Ähnlichkeit mit dem ebenfalls maskierten Pestdoktor. Doch auch story-technisch und visuell ähneln sich der russische Actionfilm und die amerikanische Actionserie stark. So beobachtet der Zuschauer den Aufstieg eines Superschurken, der eine Stadt ins Chaos stürzt und dabei nur von einem einzigen Polizisten aufgehalten werden kann. Letzten Endes macht dann Major Grom: Der Pestdoktor eigenmächtig die Referenz zu Gotham, indem das Kostüm des Pestdoktors mit demjenigen von Batman verglichen wird.
Doch nicht nur Batman und dessen Stadt Gotham scheinen als Inspiration für Major Grom: Der Pestdoktor gedient zu haben. Gleich zu Anfang fällt das aufwändige und sehr schöne Intro auf. Dieses erinnert in seinem Stil stark an diejenigen der James Bond-Filme, und hinkt diesen in Sachen Qualität kaum nach. Des Weiteren sind zwar keine direkten Referenzen zu anderen Filmen vorhanden, doch erinnerte mich der Streifen doch stark an Actionkomödien wie beispielsweise der Taxi-Reihe oder auch Killers Bodyguard. Immerhin wartet Major Grom: Der Pestdoktor nicht nur mit guten Actionszenen und coolen Schurken auf, sondern liefert uns auch eine gehörige Portion Humor. Dieser geht ganz besonders vom zynischen Igor aus, der auch in den gefährlichsten oder emotionalsten Momenten seinen Witz nicht verliert. Somit hat sich Major Grom: Der Pestdoktor wohl viele Erfolgsfaktoren anderer Produktionen abgeschaut, diese dann aber gekonnt und gelungen vereint und zusätzlich eigene Qualitäten beigefügt.
Überzeugender Cast in Major Grom
Ob zu den erwähnten Qualitäten auch der Cast gehört, fällt mir schwer zu beurteilen. Da es sich um eine Produktion aus Russland handelt und daher auch die Schauspieler Russinnen und Russen sind, kannte ich sie bisher nicht. So kann ich ihr Schauspiel nicht mit dem in anderen Filmen oder Serien vergleichen. Definitiv haben die Hauptdarsteller hier aber einen guten Job gemacht. In der Hauptrolle als Polizeimajor Igor Grom ist Tikhon Zhiznevskiy zu sehen. Er stellt den zynischen Alleingänger sehr gut dar und es macht Spass, seinen Gedankengängen zu folgen. Ergänzt wird das Ermittlerteam durch Lyubov Aksyonova als Journalistin Yulia. Sie konnte schon viel Erfahrung als Schauspielerin sammeln, national wie auch international und daher ist es nicht erstaunlich, dass sie ebenfalls eine gute Darbietung an den Tag legt.
Igors neuer Partner Dima wird von Alexander Seteykin gespielt. Seine Rolle ist diejenige eines übereifrigen und doch unerfahrenen und leicht trotteligen Gehilfen, wie sie auch in anderen Actionfilmen und -komödien zu sehen ist. Er überzeugt nicht in besonderem Masse, fügt sich aber gut in den Cast ein. Das Highlight der Darbietungen liefert meiner Meinung nach aber Sergei Goroschko als Sergei Razumovski ab. Ganz besonders gegen Ende von Major Grom: Der Pestdoktor legt er eine tolle Leistung hin, die ich hier aber nicht spoilern möchte.
Überraschend gut und ein überraschendes Ende
Alles in allem hat mich Major Grom: Der Pestdoktor wirklich positiv überrascht. Als Fan von actionreichen Filmen kam ich absolut auf meine Kosten. Die einzelnen Fantasy-Elemente, wie das Kostüm des Pestdoktors und einige Neben- und Schlussszenen sind gut gelungen und lockern die Geschichte auf. So auch der Humor, der glücklicherweise nicht zu kurz kommt. Daher empfehle ich den Film definitiv weiter, an alle Fans von Action, Fantasy und Komödien.
Übrigens: Major Grom: Der Pestdoktor solltet ihr bis zum absoluten Ende ansehen. Nach dem ersten Abspann im Comicstil folgt eine erste Post-Credit-Scene, die mich gleich auf eine Fortsetzung hoffen liess. Doch damit nicht genug, der Streifen hat nämlich eine weitere Szene nach dem Abspann auf Lager und kommt damit auf zwei Post-Credit-Scenes, was ziemlich ungewöhnlich ist. Die zweite ist dann sogar noch spannender und stellt einige Geschehnisse des zweistündigen Films in Frage. Es handelt sich dabei zwar nicht direkt um einen Plot-Twist, gut gemacht ist das Ende dann aber doch.
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