Am 29. September 2019 zeichnete das Zurich Film Festival den Hollywood-Regisseur Roland Emmerich mit dem «A Tribute to…Award» aus. Der gebürtige Deutsche ist für seine effektvollen Katastrophenfilme wie Independence Day, The Day After Tomorrow und 2012 bekannt. Am Nachmittag nahm er sich Zeit und erzählte im Rahmen der Reihe ZFF Masters über sein Leben und stand den interessierten Filmfans Rede und Antwort.
Gut gelaunt und publikumsnah
Das Publikum sitzt im beinahe ausverkauften Filmpodium in Zürich. Alle erwarten ihn, den Mann, der schon mehrmals grosse Städte wie New York oder Los Angeles in Schutt und Asche gelegt hat – natürlich nur im Film und mithilfe von ziemlich viel VFX.
Nach einer kurzen Ankündigung betritt Roland Emmerich um 15.30 Uhr gut gelaunt und im lässigen Business-Casual-Look den Saal. In den nächsten rund 60 Minuten beantwortet er die Fragen des Moderators und erklärte, wie er es als Sohn eines deutschen Fabrikanten nach Hollywood geschafft hat.
Emmerich hatte an der Filmhochschule in München zuerst Szenenbild studiert, dann aber zum Regie-Studiengang gewechselt. Grosse Augen machte das Publikum, als Emmerich verriet, dass sein Abschlussfilm Das Arche Noah Prinzip rund 900 000 Deutsche Mark gekostet hat. Üblicherweise hatten Abschlussfilme ein Budget von bis zu 20 000 DM.
«Ich habe nie mit dem Gedanken gespielt, nach Hollywood zu gehen», so Emmerich. Aber dann lernte er Rambo-Produzent Mario Kassar kennen, der ihm später anbot, das Drehbuch zu Universal Soldier zu verfilmen. Emmerich sagte zu, bestand aber darauf, es noch umschreiben zu dürfen. Kassar war einverstanden und so konnte der Deutsche seinen ersten Hollywood-Film realisieren – mit einem Budget von 23 Millionen Dollar. Dies verhalf ihm dann auch zum endgültigen Durchbruch in den USA.
Roland Emmerichs grösster Erfolg
Natürlich sprach Emmerich auch über den Film, welcher der Vorreiter für seine späteren Arbeiten war, die ihm dann auch zurecht den Spitznamen «Master of Desaster» einbrachten: Independence Day
Bei diesem Streifen gab es das Problem, dass um den Veröffentlichungstermin auch der Streifen Mars Attacks! von Tim Burton in die Kinos kommen sollte. Da auch dort das Invasion durch-Aliens-Thema eine Rolle spielte war das Studio zögerlich, auch was die Benennung des Films anging. Schlussendlich entschieden die Verantwortlichen den Film Independence Day zu nennen und ihn aus marketingtechnischen Gründen genau am gleichnamigen Feiertag ins Kino zu bringen. Sein Erfolg führte dann auch dazu, dass der Filmstart des Konkurrent Mars Attacks! verschoben werden musste – und zum Flopp wurde.
Emmerich erzählte auch wie umständlich es ist, auch nach ein paar sehr erfolgreichen Produktionen, Millionenbudgets für seine Filme zu bekommen. So musste er für seinen aktuellen Film Midway ziemlich lange diskutieren und Budget-Senkungen in Kauf nehmen. «Die fragten mich, ob man Midway mit weniger als 100 Millionen Dollar realisieren könnte, ich sagte dazu: Nein! », erklärte Emmerich dem Publikum und ergänzt, dass Filme mit Budgets vom mehr als 70 Millionen extrem risikobehaftet sind. Noch dazu kämen Marketingkosten von bis zu 30 – 40 Millionen. Daher musste er den Streifen über die Seeschlacht während dem Zweiten Weltkrieg oftmals verschieben, bis er endlich das entsprechende Budget erhielt.
Nach einer Auskunft über künftige Projekte beantwortete Emmerich noch geduldig die Fragen der Zuschauer. Dies auf Deutsch und Englisch. Er gab auch Ratschläge, wie man sich im Filmbusiness behaupten kann und sich nicht so leicht herunterkriegen lassen sollte.
A Tribute to…-Award für Roland Emmerich
Um 21 Uhr beginnt im Kino Arthouse Le Paris die Verleihung des Tribute to…-Awards. Zuvor hat sich Roland Emmerich am grünen Teppich des ZFFs für seine Fans Zeit genommen und stand für Autogrammwünsche oder Selfies zur Verfügung.
Moderator Steven Gätjen begrüsste die Zuschauer im nahezu ausverkauften Kinosaal und kündigte den Regisseur gebührend an. «Es gibt wenig Filmemacher, die mit jeder Pore ausstrahlen, dass sie richtig Bock haben auf das was sie machen. Er hat die blühende Fantasie eines Kindes aber ist ein Hollywood-Powerhouse!» so Gätjen über den Master of Desaster.
Dann betrat der künstlerische Leiter des ZFF Karl Spoerri die Bühne und hielt eine Laudation für Roland Emmerich.
«Er ist mehr als nur ein Blockbuster-General»
«Seine Filme spielten weltweit über 4 Milliarden Dollar ein und wer seinen Namen hört, denkt automatisch an grosses Eventkino. Niemand hat Tornados bedrohlicher über die Zivilisation wüten lassen und doch ist er vielmehr als nur ein Blockbuster-General», so die lobenden Wort Spoerris an Roland Emmerich. Es war zudem das letzte Mal, dass Karl Spoerri eine Laudation für diesen Preis hielt, nach dem 15. ZFF tritt er als Festivalleiter ab.
«Emmerich ist ein Autor, der stets seine eigene Vision hat und den Film schon vor dem Drehen im Kopf hat, und er ist jemand, der nicht einfach nur unterhalten will, sondern seine Blockbuster mit sozialkritischen Zwischentönen durchwirkt.»
Nach einem kurzen Rückblick auf seine bisherigen Werke betrat Emmerich die Bühne und dankte dem ZFF für die Auszeichnung. Seine Dankesrede viel kurz aus, nebst langjährigen Mitarbeitern bedankte er sich bei den Organisatoren des ZFFs mit den Worten: «Dass ich diesen Preis bekomme ist für mich eine sehr grosse Ehre»
Steven Gätjen befragte Emmerich noch zu seinem kreativen Schaffensprozess. Anschliessend kamen die Zuschauer in den Genuss des Films The Day After Tomorrow. Der Tag mit Emmerich am Zurich Film Festival war vorbei – und die Stadt nach seiner Abreise unversehrt.
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