Der 27. Film des Marvel Cinematic Universe (MCU) und der wahrscheinlich letzte Film, den ich im noch andauernden Jahr 2021 im Kino geschaut habe, war für mich ein spitzenklasssiger Abschluss des Jahres und ein genialer Beginn der Phase 4 des MCUs. Diese Phase startete schon mit Wanda Vision und allen anderen Serien sowie Filmen. Allerdings waren die bei weitem nicht so spektakulär wie Spider-Man: No Way Home. Dementsprechend war meine Hoffnung um den Film sehr gross. Seit über einem Jahr gibt es die wildesten Gerüchte und Theorien über den dritten Streifen mit Tom Holland als Spider-Man. Das letzte Mal so aufgeregt einen Film zu sehen, war bei Avengers Endgame und dies zurecht. Doch woran liegt das?
Spoilerwarnung: Dieser Artikel enthält leichte Spoiler zu Spider-Man: No Way Home sowie wesentliche zu anderen Marvel-Filmen.
Der beschuldigte Spider-Man
Spider-Man: No Way Home knüpft exakt dort an, wo Spider-Man: Far From Home aufgehört hat. Peter Parker wurde von J. Jonah Jameson durch ein gefaktes Video von Mysterio verraten und nun weiss die ganze Welt, dass Peter Parker Spider-Man ist. Kurz nachdem Peter, Tante May, Happy, Ned und seine Freundin Michelle «MJ» Jones sich in seiner Wohnung verbunkern, um eine Krisensitzung abzuhalten, wird die Gruppe schon von der Organisation Damage Control gefangen genommen und verhört.
Diese Organisation, die eigentlich von S.H.I.E.L.D. gegründet und später von Tony Stark geführt wurde, steht nicht unbedingt auf der Seite der Superhelden. Da die Beweislast zu fest auf der Firma des verstorbenen Tony liegt und dadurch die Superhelden und eben auch Spider-Man in Verruf geraten, sieht es sehr schlecht aus für den jungen Helden. Trotzdem kann er zwar mit Hilfe eines Anwalts den Freispruch erhalten, allerdings wird er bei der Bevölkerung der USA nicht mehr akzeptiert.
Als Peter bei Dr. Steven Strange Hilfe holt, ist dieser bereit, ihm zu helfen und einen Zauber zu beschwören. So soll sich niemand mehr an Spider-Mans wahre Identität erinnern. Allerdings geht dieser Zauber gehörig schief. Dies führt dazu, dass einige Bösewichte aus anderen Spider-Man-Filmen auf der Matte stehen. Dazu gehören der Grüne Kobold, Dr. Otto Octavius, Electro, Sandman oder Lizzard. Fortan lautet Spider-Mans Auftrag: Die Schurken einfangen und zu Dr. Strange zu bringen. Der Heldenmut von Peter ist aber zu gross als er erfährt, dass sie sterben werden, falls Strange sie in ihre Welt zurückschicken würde. Wie wird sich Peter entscheiden?
Endlich ist Peter Parker so wie er sein soll
Tom Holland entwickelt sich in diesem Film zu dem Spider-Man, den viele Fans sich schon seit Beginn gewünscht haben. Das erste Mal hat er den Auftrag, etwas allein zu bewältigen. Schliesslich sind alle seine Weggefährten der Avengers weg und Dr. Strange ist auch nur eine leichte Stütze, die ihn eher zusammenstaucht, als ihn im Kampf zu unterstützen. Jedes Mal, wenn Tom Holland als Spider-Man zu sehen war, war er in Begleitung von Iron Man, den Avengers oder von Mysterio.
Doch wie in den Comics und den früheren Filmen, muss er in Spider-Man: No Way Home endlich selbst Verantwortung für sein Handeln übernehmen. Die Welt steht Kopf und nur Peter kann sie wieder in Ordnung bringen. Tom Holland verkörpert Peter Parker perfekt. Er blüht in der Rolle auf und der Zwiespalt zwischen den Bösewichten, die eigentlich den Tod verdient hätten aber dennoch eine gute Seite haben, kann man deutlich spüren. In diesem Fall das richtige zu tun, zeigt sich als schwerer als gedacht – auch für uns Zuschauer.
Zendaya als «MJ» und Ned, gespielt von Jacob Batalon, kommen in ihrem dritten Abenteuer mehr zur Geltung als in den anderen zwei Teilen. Ihre Rolle ist diesmal schwerwiegend wichtig und sie nehmen einen wichtigen Part im Film ein. Man fühlt mit ihnen mit und sie agieren nicht nur als Sidekick. Dasselbe trifft auch auf Tante May zu. Sie nimmt endlich ihren Beschützerinstinkt als besorgte «Mutter» wahr, was zum Teil auch zu Gänsehaut- Momenten im Publikum führt. Tante May zeigt für mich in diesem Film endlich ihre ganzen Fähigkeiten und sie ist nicht mehr einfach die schöne junge Tante, wie sie wohl die Fans bisher betrachtet hatten. Ihre und auch die Entwicklung aller Figuren haben drei Filme benötigt und sind nun bereit für die nächsten drei Streifen, die wahrscheinlich kommen werden.
Die Rückkehr der Superschurken
Dr. Otto Octavius, der Grüne Kobold und der Sandman stammen aus der Trilogie von Sam Rami, während Lizzard und Electro in den The Amazing Spider-Man-Filmen von Mark Webb vorgekommen sind. Das sind die Namen der Schurken, die wieder am Start sind und diesen MCU-Streifen richtig durchwirbeln. Es war einfach fantastisch, den an einer multiplen Persönlichkeitsstörung leidenden Norman Osborne wieder zu sehen. Die Verwandlung von Mr. Osborne zum Grünen Kobold wurde einfach nur fantastisch von Willem Dafoe rübergebracht. Auch wenn fast 20 Jahre zwischen seinen Machenschaften und seinem Comeback liegen kommt es so vor, als wäre er nie weg gewesen. Dafoe hat wieder einmal bewiesen, was für ein geniales und zeitloses Talent in ihm steckt.
Das MCU befindet sich auf einem guten Weg
Dasselbe gilt für den von Alfred Molina dargestellten Dr. Otto Octavius. Der gütige Professor, der nur dank seinem Roboter verrückt wurde, ist auch hier wieder nicht einfach nur der böse. Es ist schön anzusehen, wie die Figuren nicht einfach eine Seite haben. Ich hoffe, dass Disney und somit Marvel sich von diesen Charakteren ein wenig abschauen können. Jeder der Schurken hat ein grösseres Ziel und ist nur aufgrund irgendeiner Verwandlung «Böse».
Nach Hoffnung aller Fans ist Electro – gespielt von Jamie Foxx, dem man sein Alter niemals ansehen würde – endlich Gelb und nicht blau wie in der The Amazing Spider-Man-Reihe. Seine Gier nach mehr Macht ist klar ersichtlich. Doch neben Electro, Octavius und dem Kobold gehen die andern zwei Schurken eher unter. Da wäre einerseits der Sandmann, der eigentlich nur zu seiner Tochter zurück will, und andererseits der Lizzard, der nur in einer grossen Szene vorkommt. Diese beiden Charaktere sind für mich zu wenig ausgebaut worden.
Eine Achterbahnfahrt der Gefühle
Dieser Film hat mich viele, sogar sehr viele Nerven gekostet. Es gab Momente, bei denen ich genervt oder wütend auf die Geschehnisse reagierte. Doch kurz darauf war ich wieder voller Hoffnung. Nach tragischen Momenten, bei denen man kurz vor den Tränen steht, kommt drauf gleich eine epochale Glücksbombe. Die Gefühle Glück, Trauer, Angst und Nervosität liegen in diesem Film so nah beieinander, dass man diese Emotionen gar nicht richtig ausleben kann. Doch das stört nicht. Viele Filme schaffen es, emotionale Momente mit einem Gag zu zerstören. Diejenigen des MCU können dies sehr oft. Doch mit Spider-Man: No Way Home schafften es die Macher es, diesen Abstand zu wahren. Es gab allerdings ein paar Momente, die für den einen oder anderen zu viel des Guten waren.
Doch ich für meinen Teil hatte mit allen Running Gags und den humorvollen Szenen meinen Spass. Eine perfekte Mischung zwischen allen Gefühlen zu kreieren und die traurigen Momente nicht ins Lächerliche zu ziehen, ist schwer, doch Sony Pictures hat dies geschafft. Das ist ein wahrliches Meisterwerk.
Ist Spider-Man: No Way Home zu viel des Guten?
Wenn man die jetzigen Einspielergebnisse und Bewertungen ansieht, wird der Film bis jetzt als sehr gut bewertet. Dennoch gibt es Stimmen dagegen. Zum Beispiel: «Es war zu viel Fanservice enthalten»! Ja, das war es in der Tat und ja es kann so vorkommen, dass der Film für die Fans gedreht wurde, aber wo liegt das Problem? Die Handlung macht als Fortsetzung des MCUs und der Spider-Man-Trilogie von Raimi durchaus Sinn. Die Marvel-Serien Wanda Vision, What If…? oder Loki auf Disney+ haben auch eine gute Vorarbeit geleistet, um das Gefühl für die Szenerie zu bekommen. Warum der Film in den Augen den Kritiker jetzt also etwas komplett Neues sein sollte, versteh ich daher nicht. Fanservice finde ich nicht schlimm, wenn es in den Kontext passt.
Bei Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen stand es definitiv nicht im Kontext. Dort wurden Figuren und Orte gezeigt, die absolut nichts zur Story beigetragen haben, doch bei Spider-Man: No Way Home wurde alles gebraucht, um zu unterhalten und die Geschichte voranzutreiben. Zwei Sachen die ich nicht so passend fand war, dass der Prolog nur die ersten paar Minuten betraf und nicht einen grösseren Teil eingenommen hat. Auf den zweiten Kritikpunkt gehe ich nicht ein, da es ein zu grosser Spoiler wäre, wenn ich es schreiben würde. Wenn man länger im Saal sitzen bleibt, sieht man, dass ein Besucher in den späteren Teilen etwas auswirken könnte und vor was für Problemen Dr. Strange steht.
Kommentar schreiben