Seit 4. Dezember läuft die deutsche Komödie Stromberg – Wieder alles wie immer in den deutschsprachigen Kinos. Es ist nach Stromberg – Der Film (2014) und der zuvor in 5 Staffeln produzierten und mehrfach prämierten TV-Serie eine langerwartete Fortsetzung rund um Bernd Stromberg. Regie übernahm wieder Arne Feldhusen, während Serienschöpfer Ralf Husmann das Drehbuch beisteuerte und den Bums mitproduzierte. Neben Christoph Maria Herbst sind auch Bjarne Mädel, Oliver Wnuk, Diana Staehly, Milena Dreissig und Laurens Walter aus dem Stammcast zurückgekehrt. Doch gelingt es der Komödie, den bissigen Humor sowie die Atmosphäre von früher in die Gegenwart zu transportieren oder ist der Filmtitel Wieder alles wie immer nur billige Reklame, um eine nicht zu wiederholende Nostalgie heraufzubeschwören?

Das Erfolgskonzept der Serie wird fortgeführt
Die ersten Folgen der Serie liefen bereits vor 20 Jahren im TV und nutzen das Konzept der Mockumentary als Parodie auf Doku-Soaps mit bissigen Dialogen. Dieser Stil beschert der Serie einen ganz besonderen, humoristisch-provokanten Charme. Dabei begleitet ein Fernsehteam den Büroalltag der fiktiven Capitol Versicherung. Der Fokus liegt meist in der Abteilung für Schadensregulierung, die von Bernd Stromberg geführt wird. Hierbei möchte Stromberg vor allem sich im guten Licht gerückt wissen. Das sorgt dafür, dass der selbsternannte Papa des Katastrophenkabinetts immer wieder in neue Fettnäpfchen tritt und sein Team oft die Leidtragenden der Misere sind.
Nun in der Gegenwart angekommen, hat sich die Arbeitswelt grundlegend verändert. Doch ist Bernd Stromberg diesen Wandel mitgegangen? Eine feierlich angelegte Reunion des alten Teams offenbart dies vor laufender Kamera. Eine Mischung aus Nostalgie, Trunkenheit, alten Rechnungen und neuen Vorwürfen nimmt so ihren bürokratischen Lauf. Eine Eskalation, die am Ende eine unerwartete Dimension annimmt.

Stromberg – Wieder alles wie immer lässt den gegenwärtigen Zeitgeist mit einfliessen
Mit alten Ausschnitten aus der Serie, die von aktuellen Kommentaren des woken Zeitgeistes kommentiert werden, nimmt der Film schliesslich seinen Anfang. Eine interessante Herangehensweise, um direkt zu Beginn die Konfrontation zwischen der alten und neuen Stromberg-Welt aufeinanderprallen zu lassen. Anschliessend lässt die Komödie nicht viel Zeit verklingen, um reihenweise den alten Stammcast wieder einzuführen.
Auch wenn einige Figuren aufgrund der verstrichenen Zeit in anderen Lebensstandpunkten stehen, arbeitet sich der komödiantische Kern am Ende doch immer wieder daran ab, dass manche Figuren in ihrem Innersten dennoch keine allzu grosse Veränderung erfahren haben. So Ernie, der als Anti-Mobbingcoach trotz reichlich guten Willen erfolglos geblieben ist, aber immer wieder so herrlich naiv an der bitteren Wahrheit vorbeischrammt. Ulf hat wiederum auch innerhalb der direkten Oberfläche jeglichen Reifeprozess verpasst. Die langjährigen weiblichen Konterparts bekommen zudem ebenfalls ihre typischen Momente – allerdings auch bei ihnen ohne grössere Weiterentwicklung. Bei Bernd Stromberg ist es hingegen die grundsätzliche Unfähigkeit, sich in einer neuen Berufswelt einzugliedern. So tanzen bei ihm die zotigen Witze weiterhin Randgruppensamba.

Situationskomik trifft auf scharfzüngige One-Liner
Schauspielerisch bietet das gesamte Ensemble gewohnt gute komödiantische Qualität, und alle treffen wieder punktgenau den Ton, welche die Figuren zur charakterlichen Wiedererkennbarkeit benötigen. Ähnlich wie in der Serie findet die spielfilmische Inszenierung schliesslich genussvollen Spass daran, ihre Figuren in eine immer grösser werdende Misere zu befördern. Dabei sind sowohl Situationskomik als auch scharfzüngige One-Liner im Spiel, um das Drama auf kleine komödiantische Spitzen zu treiben.
Allgegenwärtig bleibt darüber hinaus auch wieder die dokumentarische Inszenierung, die den stilistischen Charme heraufbeschwört. Aktuelle Themen wie die Wokeness-Debatte, Cancel-Culture oder die teils toxische Social Media Kultur werden schliesslich zur komödiantischen Würzung genutzt, die allerdings schon gar keine Überzeichnung mehr bereithalten, da diese Themen so schon längst Teil der Gegenwart geworden sind.

Potenzial für mögliche Fortsetzungen
Am Ende wiederholt der neue Stromberg-Film in abgewandelter Form und an anderen Handlungsschauplätzen immer wieder Elemente aus dem Serienuniversum. In seinem weiteren Verlauf bringt er aber auch ein paar dramatischere Perspektiven mit ein, die fast zu einem überaus konsequenten Filmende geführt hätten. Dennoch wird der Antiheld letztlich wieder rehabilitiert, um noch einen dramaturgischen Bogen für mögliche Fortführungen zu ermöglichen, während der Zeitgeist mal eben ins Jenseits katapultiert wird.
So beobachten wir es auch in der Gegenwart, denn in einer Zeit, die von einem zu stark herabdirigierten woken Zeitgeist beherrscht wird, geschieht letztlich doch wieder die Umkehr und Leute wünschen sich Führungsstärke, die aber wiederum die zwischenmenschliche Ebene vermissen lässt. Minus mal minus ergibt ausserhalb der mathematischen Theorie eben nicht immer das erhoffte Plus. Und wenn diese Führungsstärke ausserdem nur eine Scheinfassade aus Unsicherheiten mit übergrossen Ego ist, dürfte die nächste Konfrontation nur eine Frage von kurzer Zeit sein.

Mein Fazit zu Stromberg – Wieder alles wie immer
So ist die Produktion eine filmisch in die Länge gezogene Rückkehr mit Kommentaren, die sich an die heutige Zeit richten. Die strombergtypische Zote darf dabei nicht mehr für sich alleinstehen, sondern wird teilweise mit einer kritischen Randbemerkung versehen. Das bremst die Kultfigur allerdings nur kurzzeitig aus, denn am Ende scheint eben doch wieder alles wie immer. So wird zumindest der filmische Titel eingehalten und eine umstrittene Kultfigur altbewährt ins neue Jahrzehnt befördert. Damit kann diese Rückkehr keinesfalls als enttäuschend bezeichnet werden, dennoch fehlt der entscheidende Handlungskniff in der ersten Filmhälfte, um die dokumentarische Beiläufigkeit noch dynamischer zu unterfüttern. Zumindest in der zweiten Filmhälfte bekommt der ganze Bums dafür noch etwas mehr Schwung, während im Abspann neben neuen Szenen vor allem alte Serienmomente kontextlos aneinandergereiht und recycelt werden.
Am Ende darf man aber gespannt sein, welche Ideen Stromberg Schöpfer Ralf Husmann für die Zukunft bereithält und vielleicht hier ganz bewusst zurückgehalten hat. Ich glaube nämlich, dass dies nicht das letzte Aufeinandertreffen mit Deutschlands schlimmsten Firmen Papa und seinen Angestellten war.
Über unseren Gastautor
Sandro Biener (Sany 3000) veröffentlicht als Digital Creator auch verschiedene andere Inhalte rund um die Medienwelt. Hier findet ihr seine Profile.



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