Seit Mitte Dezember ist die südkoreanische Horror-Thriller-Serie Sweet Home bei Netflix zu sehen. Sie erzählt die Geschichte der Bewohner eines Wohnblocks in Seoul, die eingeschlossen werden, als die Stadt von einer Horde Monster überrannt wird. Als Fan von spannenden, dystopischen und teils auch asiatischen Serien hatte ich genügend Gründe, mir Sweet Home anzusehen. Bislang ist eine Staffel mit insgesamt zehn Folgen erschienen.
Spoilerwarnung: Dieser Artikel enthält einige leichte Spoiler zur ersten Staffel der Serie.
Cha Hyun-Soo verlor seine Eltern und seine Schwester bei einem tragischen Autounfall. Seither ist der depressive und selbstzerstörerische Teenager auf sich selbst gestellt. Die Firma, in der sein verstorbener Vater tätig war, bezahlt ihm zwar eine kleine Abfindung, lehnt aber alle übrige Hilfe ab. So bleibt Cha Hyun-Soo nichts anderes übrig, als seinen Lebensweg alleine zu bestreiten. Für ihn ist klar, dass er sich bald das Leben nehmen will. Der Teenager zieht in einen, aufgrund seiner spärlichen finanziellen Mittel leicht heruntergekommenen, Wohnblock in Seoul. Mit den dort ansässigen Bewohnern wechselt der verschwiegene Junge kein Wort. Viel lieber verbringt er den Tag alleine in seiner Wohnung und spielt Videospiele. Die Nudeln, von denen sich Cha Hyun-Soo ausschliesslich ernährt, lässt er sich direkt vor die Haustüre liefern.
Ein Virus, ein Fluch oder ganz einfach das Ende der Welt?
Doch dann, vollkommen unerwartet, stürzt die Hauptstadt von Südkorea ins Chaos und der Ausnahmezustand wird ausgerufen. Der Grund: aus unerklärlichen Gründen mutieren unzählige Menschen zu grausigen Monstern. Die Regierung ist überfordert, rät den Menschen nur gerade, zu Hause zu bleiben und den Kontakt mit den Monstern zu meiden. Als Symptome werden Nasenbluten, Halluzinationen und Ohnmachtsanfälle genannt. Doch eine Heilung oder zumindest eine Medikation scheint es erst nicht zu geben. Selbst der Präsident von Südkorea fällt dem Phänomen zum Opfer.
Für die Bewohner des Wohngebäudes namens «Green Home», in dem seit Kurzem auch Cha Hyun-Soo lebt, bedeutet dies die komplette Isolation. Die Türen und Tore nach draussen lassen sich nicht mehr öffnen und das Internet bricht komplett zusammen. Auch das Telefonnetz ist nicht mehr nutzbar und im Fernsehen ist für lange Zeit nur die offizielle Stellungnahme der Regierung zu vernehmen. Daher sind die Bewohner eingeschlossen und auf sich selbst gestellt, was viele Schwierigkeiten verursacht. So weigert sich der gierige und geizige Besitzer eines kleinen Ladens innerhalb des Gebäudes, seine Vorräte mit den anderen zu teilen. Auch treiben sich im Haus einige mysteriöse Gestalten herum. Die Mutter eines verstorbenen Kindes schiebt täglich dessen Kinderwagen durch die Gänge und spricht mit ihrem toten Baby. Und ein offensichtlich krimineller Schläger macht Jagd auf einen der anderen Bewohner, ohne den Grund hierfür offen zu legen.
Als wären diese Probleme nicht schon schlimm genug, lauert nun überall die Gefahr durch die Monster. Diese mutierten Wesen sind mit nichts zu vergleichen, was die Bewohner von «Green Home» oder ganz Seoul je zuvor gesehen haben. Und so wissen sie nicht, wie sie sich gegen die Monster zur Wehr setzen sollen.
Seoul ist alles andere als ein Sweet Home
Die Kreaturen sind, auch wenn sie allesamt einst Menschen gewesen sind, unterschiedlicher Art, Grösse und Intelligenz. Eines dieser Monster macht den Bewohnern des Wohngebäudes in den ersten Tagen ganz besonders zu schaffen. Die Kreatur mit der todbringenden Zunge greift alles und jeden an, der das Gebäude zu verlassen versucht und tötet ohne Gnade.
Während die Bewohner versuchen, zu überleben und die Monster innerhalb des Gebäudes zu töten, gerät Cha Hyun-Soo in eine schwierige Lage. Urplötzlich setzt bei ihm Nasenbluten ein, was als markantestes Symptom für das Monster-Phänomen gilt. Kurz darauf wird er, nicht unbemerkt von den anderen Bewohnern des Blocks, tatsächlich zu einem schwarzäugigen Monster. Doch anders als die anderen, mordlustigen Kreaturen kann er seine Triebe bis zu einem gewissen Punkt kontrollieren. Deswegen ist er für die anderen nicht nur eine Gefahr, sondern gleichzeitig auch ein starker Verbündeter. Seine Selbstheilungs-Fähigkeiten und übermenschlichen Kräfte ermöglichen es Cha Hyun-Soo, Vorräte zu beschaffen und Monster zu bekämpfen. Dieses Vorgehen ist einigen Bewohnern des Wohnblocks, allen voran dem geizigen Ladenbesitzer, natürlich ein Dorn im Auge. Trotzdem tut der Teenager sein bestes, seine Nachbarn zu beschützen und kämpft immer wieder gegen das Monster in ihm an. Und langsam wird auch klar, woher das Phänomen, von einigen nun «Crucru» genannt, kommt. Anders als erst angenommen, ist es keine übertragbare Krankheit, sondern viel mehr ein mythischer Fluch. Können sich die Bewohner von «Green Home» gegen eine solche Macht zur Wehr setzen?
Können unzählige Liter Blut die schlechten Animationen wettmachen?
Die Serie Sweet Home aus Südkorea ist eine Mischung aus Action-, Mystery- und Horrorserie. Eine solche Kombination hört sich im ersten Moment spannend an, und ist es eigentlich auch. Leider macht die Serie dennoch einige Abstriche in diesem Setting aus kombinierten Genres. So fallen besonders die Machart der Monster und die Stringenz innerhalb der Story negativ ins Auge. Der Horror kommt in diesem Bereich leider etwas zu kurz. Die Monster wirken, wenn auch reichlich blutüberströmt und aggressiv, absolut nicht lebensecht. Bei den häufig vorkommenden Kreaturen haben sich die Macher zwar etwas mehr Mühe gegeben. Doch insgesamt erinnert das Design der Kreaturen an Figuren aus Horrorfilmen, wie man sie seit längerer Zeit zum Glück nicht mehr gesehen hat. Spontan erinnerten mich die Monster in ihrem Look an die Zombies aus den ersten Filmen der Resident Evil-Reihe, die immerhin schon rund 15 Jahre zurückliegen.
Dieses Manko im Bereich des Horrors haben die Macher von Sweet Home aber mit reichlich Blut wieder wettgemacht. Die Monster sind also nicht der eigentliche Kernpunkt, sondern vielmehr die blutigen Szenen und adrenalingeladenen Kämpfe. Aufgrund dieser Szenen ist die Serie sicherlich nicht für ein junges Publikum geeignet. Dies zeigt sich auch bei den Warnhinweisen, die Netflix für die südkoreanische Serie gesetzt hat: Gewalt, Selbstverletzung und Selbstmord. Solche Inhalte kommen in der Story sicherlich nicht zu kurz. Die Geschichte lebt tatsächlich von den dramatischen Geschehnissen in Seoul, stützt sich aber auch stark auf die emotionalen Probleme der Hauptcharaktere. Einige davon sind stark gespielt, andere wiederum scheinen den Cast nur gerade zu ergänzen und ihre Rollen hätten meiner Meinung nach auch weggelassen oder ersetzt werden können. Als Nicht-Südkoreaner fällt es zudem, besonders zu Anfang, schwer, die Namen der Protagonisten zu unterscheiden.
Zweitklassige Serie, die aber mehrheitlich unterhält
Auch innerhalb der Story gibt es immer wieder logische Fehler und zusätzlich sehr langfädige Passagen. Die Monster scheinen nur aufzutauchen, wenn es für die Story passend ist. Auch innerhalb des Wohnblocks leidet das Setting an Fehlern. So verlieren die Bewohner den Kontakt zur Aussenwelt, da das Internet und die Telefone ausfallen. Doch auch als das Wasser knapp wird, wird das Gebäude während der gesamten Zeit mit Strom versorgt. Insgesamt bleibt die Serie zwar stets spannend, doch an einigen Punkten muss sich der Zuschauer beinahe zwingen, die langweiligen Szenen auszuhalten. Belohnt wird dieses Durchhaltevermögen aber fast immer. Mir hat Sweet Home gefallen, doch die Serie ist aufgrund der Fehler und schlechten Animationen doch eher zweitklassig. Über solche negativen Faktoren muss man als Zuschauer klar hinwegsehen können.
Positiv in Erinnerung geblieben sind mir hingegen die spannende Backstory, die Actionszenen und nicht zuletzt der Soundtrack. In Sweet Home ist immer wieder der Song «Warriors» der Band Imagine Dragons zu hören. Dieses Lied verleiht vielen Szenen ein beinahe episches Gefühl. Ich empfehle Sweet Home gerne an Personen weiter, die sich in zehn Folgen gerne unterhalten lassen möchten und sich nicht vor viel Blut ekeln. Der Unterhaltungswert ist mehrheitlich hoch, wenn man über einige klare Mankos hinwegsehen kann.
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