Margot Robbie Alexandra Shipp Sharon Rooney Hari Nef und Emma Mackey aus Barbie

Barbie – Eine Entscheidung zwischen Pumps und Birkenstocks

Am 20. Juli feierte die langerwartete Komödie Barbie von Regisseurin Greta Gerwig (Little Women), die auch gemeinsam mit Noah Baumbach (Marriage Story) das Drehbuch entwickelte, ihre Premiere in den deutschen Kinos. In den Hauptrollen sind Margot Robbie (I, Tonya) als Barbie und Ryan Gosling (La La Land) als Ken zu sehen. In weiteren Rollen hat man u.a. Will Ferrell (The Story of Fire Saga) in der Rolle des CEO von Mattel, America Ferrera (Alles Betty! Betty – Allein unter Models) als Mattel Angestellte, Rhea Perlman (Matilda) als Barbie-Erfinderin Ruth Handler und Kate McKinnon (Saturday Night Live) als komische Barbie besetzt. Ob die seit 2009 geplante Komödie mich aber auch tiefgründig unterhalten konnte oder am Ende nicht viel mehr als klischeereicher Plastikmüll in Hollywood-Hochglanzoptik produziert wurde, möchte ich euch in meiner nachfolgenden Kritik verraten.

Barbie umgeben von Plastik, erlebt Tag für Tag die nahezu perfekte Routine. | Bild: © 2023 Warner Bros. Entertainment Inc. Alle Rechte vorbehalten.

Es war einmal in Barbieland…

Der Realfilm erzählt die Geschichte von Barbie, die mitsamt ihrer vielen anderen gleichnamigen Gefährtinnen und deren Begleitern, den Kens im Barbieland einem makellosen Leben nachgeht. Geprägt vom immer gleich perfekt routinierten Tagesablauf, kommt sie eines Tages allerdings aus ihrem Rhythmus. Die Plastikfassade beginnt nämlich zu bröckeln als Barbie von Selbstzweifeln und Ängsten geplagt wird. Als sie daraufhin aus Barbieland ausgestossen wird, beginnt für sie mit ihrem Begleiter eine Reise in die reale Welt. Dabei verwandeln sich beide auf magisch rituelle Weise in echte Menschen und müssen lernen in der alles andere als perfekten Realität zurechtzukommen. Ziel für Barbie ist es dabei ihre Spielgefährtin zu finden, um Barbieland vor der drohenden durch ihr ausgelösten Trostlosigkeit zu retten. Ihre Reise wird dabei allerdings schnell zu einer Sinnsuche nach ihrer eigenen Identität.

Margot Robbie begrüsst alle im Barbieland
Ein Leben in Plastik, ist eine Zeit lang fantastisch. | Bild: © 2023 Warner Bros. Entertainment Inc. Alle Rechte vorbehalten.

Ein Drama mit tiefgründiger Moral

Direkt zu Beginn schafft es Barbie schon mal einen Teil meiner Erwartungen über einen satirisch bissigen Umgang mit dem klischeebeladenen Barbieland einzulösen. Wie schon in einem der Trailer zum Film präsentiert, startet man nämlich direkt mit einer Hommage an Stanley Kubricks 2001: Odyssee im Weltraum, die in Verbindung mit einer ironisierenden Off-Stimme, das rückschrittige Frauenbild rund um Barbie spielerisch aufs Korn nimmt. Während der Film dann erstmal seinen deutlich komödiantischen Weg mit satirischen Akzenten, aber ebenso auch zahlreich plumpen Klamauk bestreitet, entwickelt er sich im späteren Verlauf schliesslich auch teilweise zu einem Drama mit einer tiefgründigen Moral.

Die durchaus gelungene Message über ein emanzipiertes Frauenbild ist dabei natürlich ein eindeutiges Kind seiner Zeit und bezieht damit auch eine fürsprechende Haltung zur MeToo-Bewegung und der damit verbundenen Geschlechtergleichstellung. Die oberflächliche Fantasiewelt der Barbies bietet dafür auch die perfekte Gelegenheit, um all diese klischeebeladenen und stereotypischen Frauen- und Männerbilder im Kontrast zu realen Welt humorvoll auszuspielen. Darüber hinaus zeigt Barbie auf, dass ein Leben voller Perfektion ebenso unglücklich machen kann wie eine krisengeprägte Realität.

Margot Robbie aus Barbie 2001 Space Odysee-Szene
Zu Beginn präsentiert Barbie eine Hommage auf 2001: Odyssee im Weltraum. | Bild: © 2023 Warner Bros. Entertainment Inc. Alle Rechte vorbehalten.

Eine Mischung aus Satire, Cartoon und Biografie

Die Idee die bunte Barbie-Fantasiewelt und ihre perfekt anmutende Oberflächlichkeit auf die Realität mit all ihren Konflikten aufeinandertreffen zu lassen, gibt dem Film so jedenfalls den nötigen Anreiz, um auch Filmfreunde anzulocken, die dem Barbie-Thema ansonsten fern geblieben wären. Dabei muss man sich natürlich darauf einlassen, dass auch die im Film gezeigte Realität durch satirische Überzeichnung und stilistisch cartoonartige Übergangselemente zwischen den Welten dargestellt wird. Daneben gibt es aber auch vereinzelte biografische Akzente rund um die Mutter der Barbie-Puppe Ruth Handler, mit welcher man dem Gesamtfilm auch eine sehr persönliche Historie rund um die Spielwarenfirma Mattel verleiht. Schauspielerisch überzeugt in erster Linie Margot Robbie, die der anfänglich oberflächlich und vor allem durch Konsum geprägten Figur authentisch zu einer emotionalen Frau auf der Suche nach ihrer eigenen Sinnhaftigkeit, verhilft.

Margot Robbie als Cowgirl erklärt etwas
Margot Robbie zeigt sich als Barbie schauspielerisch von ihrer besten Seite. | Bild: © 2023 Warner Bros. Entertainment Inc. Alle Rechte vorbehalten.

Ryan Gosling wird der Rolle nicht gerecht

Der grösste Schwachpunkt ist für mich allerdings Ken und damit Ryan Goslings Schauspiel. Er schafft es aus meiner Sicht nicht seiner Figur die nötige emotionale Authentizität zu geben. Seine Weiterentwicklung wirkt daher eher unglaubwürdig und viel zu primitiv, während sein Schauspiel verkrampft und wie ein unfreiwillig komisches Overacting erscheint, unter der jede versuchte Emotion abprallt. Seine Charakterzeichnung ist somit am Ende genauso stereotypisch wie zu Beginn, da er für mich ein zu schablonenhafter Charakter bleibt, der am Ende einzig den Kontrast zur emanzipierten Barbie unterstreicht. Komödiantisch überzeugend sind hingegen Will Ferrell und Kate McKinnon, die beide in ihren unterschiedlich angelegten Aussenseiter-Rollen den einen oder anderen komischen Moment für sich verbuchen können.

Ryan Gosling und Greta Gerwig hinter den Kulissen
Regisseurin Greta Gerwig bespricht mit Ryan Gosling eine Szene. | Bild: © 2023 Warner Bros. Entertainment Inc. Alle Rechte vorbehalten.

Barbie lädt zum Mitsingen ein

Musikalisch setzt man darüber hinaus auf Popmusik, die teils im Stil der 80er daherkommt und die damit die träumerisch anmutende und knallbunte Barbiewelt passend untermalt. Hinzu kommen vereinzelte Musical Einlagen, die vor allem dank ihrer verspielten Inszenierung zum Mitsingen einladen. Allen voran I’m Just Ken ist eine klassisch anmutende Musical-Nummer, die es in all ihrer theatralisch dramatischen Inszenierung trotz der aus meiner Sicht hölzernen Darbietung von Ryan Gosling versteht, bestens zu unterhalten und melodisch im Gedächtnis zu bleiben. Visuell beeindruckt Barbie natürlich durch farbenfrohe und vor allem zahlreiche Pink-Akzente, die in der realen Welt durch eine zurückgenommene Farbpallette konterkariert wird. Die jederzeit ästhetische Bildkomposition der Kameraarbeit von Rodrigo Prieto (The Irishman) sorgt ausserdem ebenfalls für einen stilistisch durchdachten Film.

Margot Robbie und Ryan Gosling im Auto am Barbie-Filmset
Am Set hatte man sicherlich auch dank der teils unbeschwerten Musik jede Menge Spass. | Bild: © 2023 Warner Bros. Entertainment Inc. Alle Rechte vorbehalten.

Mein Fazit zu Barbie

Barbie ist unter dem Strich ein Film, der sich für ein emanzipiertes Frauenbild stark macht und damit perfekt in unsere heutige Zeit passt. Das knallbunte Barbieland bietet dafür auch im Kontrast zur realen Welt den optimalen Schauplatz, um die Konflikte der Emanzipation aufzugreifen. Schauspielerisch überzeugt dabei vor allem Margot Robbie, die ihre oberflächliche und kalte Aura im Verlauf des Films gegen ein emotional warmherziges Schauspiel eintauscht, während Ryan Gosling von Anfang bis Ende auf dem Niveau einer Puppe bleibt und hier auch schauspielerisch nicht viel mehr zu bieten hat. Letztendlich aber nicht nur ein Film für Frauen, sondern auch für all jene, die an eine gerechtere Welt glauben. Dank seiner universellen Message so jedenfalls weit mehr als nur klischeereicher Plastikmüll.

Über unseren Gast-Autor
Sandro Biener veröffentlicht unter dem Namen Sany 3000 Film-Rezensionen auf Amazon und auf Wattpad. Er beantwortet auch gerne Fragen über Filme und Serien auf Gutefrage.net. Zudem produziert er Megamixes von bekannten Sängern sowie weitere diverse Videos. Diese findet ihr auf seinem YouTube-Kanal. Hier findet ihr seine Profile.