Am 29. Oktober erschien der neue Film Beyto von Gitta Gsell in den Schweizer Kinos. Es handelt sich um die Umsetzung des Romans Hochzeitsflug von Yusuf Yesilöz. Wir hatten die Möglichkeit, den Streifen am 16. Zurich Film Festival zu sehen und mit dem Cast zu sprechen. Das Video gibt’s weiter unten.
Davon handelt Beyto
Für Beyto könnte es nicht besser laufen. Er ist nicht nur ein motivierter Lehrling und umschwärmter Teenager, sondern auch in seinem Schwimmclub in Bern äusserst erfolgreich. Zur Freude seines Trainers Mike, bietet sich die Möglichkeit, an einer grossen Meisterschaft teilzunehmen. Als sich Beyto daraufhin in Mike verliebt, beginnen die Probleme. Seinen konservativen Eltern passt dies gar nicht und so arrangieren sie kurzfristig eine Hochzeit in ihrem Heimatdorf in der Türkei. So muss Beyto vor dem versammelten Dorf seine Sandkastenfreundin Seher heiraten, die jedoch nichts von seiner grossen Liebe ahnt. Zurück in der Schweiz findet sich Beyto in einer unerträglichen Dreiecksbeziehung wieder. Noch dazu kommt, dass Seher praktisch kein Deutsch spricht und auf seine Hilfe angewiesen ist. Für was wird sich Beyto entscheiden? Folgt er seinem Herzen oder entspricht er gezwungenermassen dem idealisierten Familienbild seiner Eltern?
Eine gute und kurzweilige Umsetzung
Der Film beleuchtet ein Thema, welches aktueller nicht sein kann: Das Verständnis von Liebe innerhalb unterschiedlicher Kulturen. Beyto lebt zwar in der fortschrittlichen Schweiz, wird aber durch seine konservativen und gar patriarchalischen Eltern in ein Korsett ihrer Vorstellungen gezwängt.
Die Umsetzung ist gut gelungen, der Film ist kurzweilig und mit einer sehr schönen Kameraarbeit in Szene gesetzt. Der Zuschauer wird auch unmittelbar in die Geschichte «geworfen», die eher schnell erzählt wird. In die rund 98 Minuten hat Regisseurin Gitta Gsell sehr viel gepackt, aber dies wirkt genau richtig und nicht überladen.
Auch die Auswahl der Drehorte ist gelungen. So wurden die Szenen, die in der Schweiz spielen, in Basel und Bern und Zürich gedreht. Es wird während des Films kein Ort genannt, aber die Idee, diese Schweizer Städte zu verschmelzen ist gut gelungen. Auch die Szenen, die im hügeligen und türkischen Anatolien gedreht wurden, sehen schön aus und bietet einen tollen Gegensatz zur modernen Schweiz. So erfährt man als Nicht-Kenner auch etwas über die türkische Kultur, insbesondere über die Durchführung einer Hochzeitszeremonie. Als Berner fand ich es zudem sehr schön, die Heimatstadt in Szene gesetzt auf der grossen Leinwand zu betrachten.
An manchen Stellen ist mir der Streifen jedoch ein bisschen klischeehaft gehalten. So führt Beytos türkische Familie beispielsweise einen Döner-Imbiss und der Vater schlägt seinen Sohn, anstelle seriös mit ihm zu diskutieren. Auch wirken gewisse Handlung ein bisschen übertrieben. Dazu zählen beispielsweise die Anmachversuche von Mike. Hier hätte ich eher ein dezenteres Mienenspiel erwartet.
Schauspiel-Ensemble wertet Beyto auf
Die Schauspieler liefern eine sehr gute Arbeit ab. Besonders das Schauspiel von Hauptdarsteller Burak Ates ist dabei hervorzuheben. Für ihn ist es die erste Rolle in einer Filmproduktion von diesem Format. Er besucht zurzeit noch die Schauspielschule und wurde verpflichtet, weil sich im professionellen Umfeld niemand finden liess, der den Anforderungen entsprach. Regisseurin Gitta Gsell erzählte dazu: «Viele, die wir gecastet haben, lehnten ab, als sie erfuhren, dass ein schwuler junger Mann verkörpert werden soll. Sie fürchteten sich vor der Reaktion ihrer Eltern oder anderen Familienmitgliedern».
Dimitri Stapfer, der auch in der neuen SRF-Serie Frieden eine Hauptrolle spielt, verkörpert Beytos Schwimmtrainer und Liebhaber. Er und Ates harmonieren im Schauspiel gut, obwohl Stapfer für meinen Geschmack teilweise ein bisschen zu dick aufträgt. So wirken seine Annäherungsversuche ein wenig überzeichnet.
Auch die Schweizer Comedy-Stars Zeki und Rash Junior sind im Film zu sehen und spielen Beytos Kollegen. Auch für Zeki ist es die erste Rolle in einem Kinofilm. Er bringt mit seinem Humor und seiner lustigen und kreativen Figur einen guten Kontrast in das heikle Geschehen innerhalb des Films ein.
Fazit
Beyto überzeugt dank einem guten Cast und spannenden Drehorte. Die Handlung passt hervorragend ins aktuelle Geschehen, bezüglich Anerkennung von Homosexualität in der Gesellschaft – egal um welche Religion es sich handelt. Demnach dürfte der Streifen bei der LGBT-Gesellschaft sehr gut ankommen. Für das breite Publikum wirkt die Story vielleicht ein bisschen weit hergeholt.
Beyto hat am 16. Zurich Film Festival für Begeisterung gesorgt und läuft derzeit in ausgewählten Kinos in der Schweiz (Stand: 31. Oktober 2020). Eine Veröffentlichung in Deutschland und Österreich ist geplant.
Wir konnten während des ZFFs ein kurzes Interview mit Burak Ates und Zeki führen. Wie sie die Dreharbeiten zum Film erlebt haben, erzählen sie uns hier:
Super Artikel. Ich habe den Film gesehen und kann ihn nur empfehlen!
Danke vielmal für dein Feedback 🙂 Es ist wirklich ein toller und sehenswerter Streifen!