Til Schweiger und Levi Wolter aus Lieber Kurt

Lieber Kurt – Til Schweigers künstlerisch vielleicht reifster Film

Am 15. September 2022 feierte Til Schweigers Film Lieber Kurt in den deutschen Kinos seine Premiere. Derzeit läuft der Film bei Amazon Prime Video, wo ich ihn mir auch ansehen konnte. Heute, am 27. April 2023, erscheint er zudem auf DVD und Blu-ray. Was ich von dem Film halte und ob mit Lieber Kurt Schweigers Anreihung an filmischen Flops beendet ist oder ob er damit genau da weitermacht, wo seine letzten Filme aufgehört haben, möchte ich euch nun verraten.

Im Rahmen des 18. Zurich Film Festivals wurde Lieber Kurt übrigens als weltweite Festivalpremiere aufgeführt. Was uns Franziska Machens und Til Schweiger über den Film erzählt haben, findet ihr im Video heraus.

Til Schweiger und Franziska Machens im Interview. | Bild: © Joshua Sammer for ZFF

Wenn der Tod auf dem Spielplatz lauert…

Erzählt wird die Geschichte vom kleinen Kurt, der auf dem Pausenhof der Schule durch einen tragischen Sturz von einem Klettergerüst fällt und daraufhin stirbt. Der grosse Kurt, der mit seiner neuen Freundin Lena ins Brandenburger Land gezogen ist, um seinem Sohn näher sein zu können, da er sich mit seiner Mutter Jana das Sorgerecht teilt, wird von nun an in seiner Trauer begleitet. Während der grosse Kurt sich völlig zurückzieht und- wenn überhaupt- fast nur noch mit Kurtis Mutter spricht, versucht Lena, gefangen zwischen ihrer eigenen Trauer und dem Wunsch Kurt zu trösten, ihre Rolle in dieser nicht mehr existenten Familie zu finden. Mithilfe ihrer Erinnerungen an die schönsten, komischsten und bedeutendsten Momente mit ihrem Kind versuchen die drei Erwachsenen – Jeder für sich und alle gemeinsam – auf ihre eigene Art und Weise mit dieser Situation umzugehen.

Til Schweiger als Kurt und Jasmin Gerat als Jana aus Lieber Kurt
Kurt sucht nach dem Tod seines Kindes wieder vermehrt Kontakt zur leiblichen Mutter Jana auf. | Bild: Filmwelt Verleihagentur (Gordon Timpen) / Praesens-Film

Das ernste Thema verdrängt den Humor

Nach, gemäss Kritikerstimmen, eher erfolglosen Filmen wie Klassentreffen 1.0, dem Honig im Kopf-US-Remake Head Full of Honey (beide 2018), Die Hochzeit (2020) und Die Rettung der uns bekannten Welt (2021), hinterlässt das Thema zur Verfilmung des Romans Kurt von Sarah Kuttner, die darin über den Tod eines Kindes und den Umgang der Eltern damit, erzählt, schon mal einen positiven ersten Eindruck.
In vereinzelten Rückblenden und emotionalen Dialogen zeigt Til Schweigers Film dabei auf, wie steinig der Leidensweg der Eltern ist und wie tröstlich auch Erinnerungen an die frühere Zeit sein können, wenn so langsam die Wunden des Schicksals heilen. Til Schweigers aktueller Film Lieber Kurt widmet sich jedenfalls einem sehr ernsten Thema und schraubt dabei den Humor im Vergleich zu Honig im Kopf nochmal eine Stufe zurück.

Til Schweiger und Peter Simonischek aus Lieber Kurt
Vater Wolfgang tröstet Kurt nach dessen tragischen Verlust. | Bild: Filmwelt Verleihagentur (Gordon Timpen) / Praesens-Film

Lieber Kurt ist «schweigertypisch» und inhaltlich fokussiert zugleich

Wer in diesem Zusammenhang kein grosser Freund des Schweiger Universums ist, wird auch an diesem Film sicher nicht den grössten Gefallen finden. Seine Regiearbeit kommt auch hier nämlich nicht ohne eine dauerhafte musikalische Berieselung und einer verträumten schweigertypischen Ästhetik aus. Diese könnte ebenso in manchen Momenten als Werbung für die Sterbevorsorge herhalten. Allerdings reizt Schweiger diese Elemente diesmal nicht ganz bis zur Selbstparodie aus und fokussiert sich vor allem auch auf den Kern der emotionalen Geschichte zu diesem sensiblen Thema.

Gerade wegen der typischen Schweiger-Elemente hatte ich mit seinen Regiearbeiten eigentlich schon so ziemlich abgerechnet, da vor allem Honig im Kopf, trotz der schauspielerischen Glanzleistung von Dieter Hallervorden, für mich angefangen beim desaströsen Schnitt von zu vielen fehlgeleiten künstlerischen Instinkten, geprägt war. Der Schnitt ist diesmal aber im Vergleich zu Honig im Kopf deutlich ausgewogener, wenngleich vereinzelte Szenen auch unter einem zu schnellen Schnitttempo leiden. Diesmal fällt das aber nicht so sonderlich negativ ins Gewicht.

Franziska Machens als Lena und Til Schweiger als Kurt in Lieber Kurt
Kurt und Freundin Lena spenden sich einander liebevolle Kraft. | Bild: Filmwelt Verleihagentur (Gordon Timpen) / Praesens-Film

Der Cast zeigt sich von der besten Seite

In den Hauptrollen mit Til Schweiger und Franziska Machens als Vater Kurt sowie dessen neue Freundin, Jasmin Gerat als leibliche Mutter, Levi Wolter als Kurt und Peter Simonischek als Schweigers Papa Wolfgang, darf das Drama mit einem tollen Cast glänzen. Schauspielerisch liefert allen voran Til Schweiger richtig ab und zeigt hier seine womöglich beste schauspielerische Performance. Auch, wenn die emotionalsten Szenen bei ihm oftmals schon fast kindlich weinerlich anmuten lassen, treffen sie dennoch direkt ins Herz. Franziska Machens, welche mit voller Aufopferung seine Freundin spielt kann ebenso mit voller Hingabe überzeugen. Darüber hinaus ist auch Peter Simonischek, der den Vater des grossen Kurt mimt, in seiner Rolle sehr authentisch, während letztendlich alle Sympathiefunken vor allem auch an Levi Wolter, der den kleinen Kurt verkörpert, gehen.

Mein Fazit zu Lieber Kurt

Lieber Kurt ist Til Schweigers vielleicht künstlerisch reifster Film, der die typischen Til Schweiger-Elemente nicht zu sehr ausreizt und mit seiner emotionalen Geschichte und der Performance seiner Darsteller überzeugen kann. Neben einem diesmal akzeptablen Schnitt ist Lieber Kurt somit aus meiner Sicht einer der besten Til Schweiger Filme.

Über unseren Gast-Autor
Sandro Biener veröffentlicht unter dem Namen Sany 3000 Film-Rezensionen auf Amazon und auf Wattpad. Er beantwortet auch gerne Fragen über Filme und Serien auf Gutefrage.net. Zudem produziert er Megamixes von bekannten Sängern sowie weitere diverse Videos. Diese findet ihr auf seinem YouTube-Kanal. Hier findet ihr seine Profile.