Tijan Njie als Rob und Elan Ben Ali als Fab in Girl You Know Its True

Girl You Know It’s True oder ein Musikfilm zwischen Inszenierung und Demaskierung!

Am 3. Mai ist die deutsche Musikverfilmung Girl You Know It’s True unter der Regie von Simon Verhoeven auf Blu-ray und DVD erschienen! Der Film befasst sich mit dem weltweiten Erfolg und tiefen Fall des von Frank Farian produzierten Discopop-Duos Milli Vanilli. In den wichtigsten Rollen sind Tijan Njie als Robert Pilatus, Elan Ben Ali als Fabrice Morvan, Matthias Schweighöfer als Frank Farian und Bella Dayne als Milli zu sehen. Ob der darin thematisierte Skandal trotz seiner Verjährung noch funktioniert oder das Biopic allzu sehr in der Mittelmässigkeit verwässert, möchte ich euch in meiner Kritik verraten!

Robert Pilatus und Fabrice Morvan aus Girl You Know Its True
Rob und Fab haben den Look von Weltstars angenommen! | Bild: Gordon Timpen / © LEONINE Studios und Wiedemann & Berg Film

Der grösste Fake der Musikgeschichte

Erzählt wird der Skandal um Milli Vanilli, die nach ihren grossen Erfolgen im Zeitraum 1988-1990 vor einem sowohl künstlerischen als auch persönlichen Scherbenhaufen standen, nachdem bekannt wurde, dass sie ihre Songs nie selbst gesungen haben, sondern lediglich unter der produzierenden Feder von Frank Farian Playback-Auftritte absolviert hatten. Dies offenbarte sich als bei einem Auftritt im Rahmen der Musikfestivalreihe Club MTV Live: The Tour im Vergnügungspark Lake Compounce in Connecticut das Playback hängen blieb. Das hatte schliesslich die Aberkennung ihres Grammys und nach einigen Tagen auch eine von Frank Farian realisierte Pressekonferenz zur Folge, die den Verdacht des Playback bestätigte. Die tatsächlichen Interpreten von Hits wie dem titelgebenden Girl You Know It’s True oder Girl Im Gonna Miss You waren schliesslich John Davis, Brad Howell und Charles Shaw!

Matthias Schweighoefer als Frank Farian in Girl You Know Its True
Frank Farian ist der Kopf hinter Milli Vanilli. | Bild: Gordon Timpen / © LEONINE Studios und Wiedemann & Berg Film

Verhoevens Biopic ist ein bildgewaltiger Blick hinter die Kulissen

Inszeniert wie ein bunter Bilderrausch, findet Verhoeven jedenfalls schon mal den richtigen Zugang, um seinen beiden Stars nochmal gehörig Leben einzuhauchen. Dabei funktioniert vor allem das Spiel mit der vierten Wand, womit der direkte Bezug zum Zuschauer aufgebaut wird sehr gut, um dem Biopic einen zeitgemässen Anstrich zu verpassen und aus der konventionellen Erzählweise typischer Biopics auszubrechen. Trotz der knapp über zwei Stunden Laufzeit hält sich das Biopic nicht allzu lange in den frühen Jahren vor dem Durchbruch von Fab und Morvan auf und arbeitet sich ziemlich getaktet zu den grossen Erfolgen der beiden Stars hindurch. Dabei wird natürlich auch kurz auf die Kindheit von Frank Farian und seine Arbeit an Boney M. eingegangen. Allerdings ist dieser kurze Abschnitt keinesfalls für sich alleinstehend, da Rob Pilatus bereits von Kindesbeinen an Boney M-Fan war. Somit schlägt der Film seine Wurzeln direkt auch wieder zu seinen beiden Hauptdarstellern.

Tijan Njie als Robert Pilatus und Elan Ben Ali als Fabrice Morvan
Rob und Fab nehmen auch die Lebensweise von Weltstars an. | Bild: Gordon Timpen / © LEONINE Studios und Wiedemann & Berg Film

Girl You Know It’s True bietet emotionale Tiefe und authentische Darstellungen

Insgesamt hat Verhoevens Film eine sehr internationale Wertigkeit, was wiederum auch daran liegt, dass der Film in Englisch gedreht und nachträglich in Deutsch synchronisiert wurde. Ebenfalls dafür verantwortlich ist die sehr gelungene Kameraarbeit, die sowohl mitten im Geschehen agiert, aber auch ganz zurückgenommen fungieren kann. Die dazu sehr schön choreographierten und bunt inszenierten Musikeinlagen werden darüber hinaus sehr stimmig ins Handlungsgeschehen eingebunden und bringen Milli Vanilli auch musikalisch wieder mitreissend zum Glänzen. Aber nicht nur stilistisch greift der Film aus meiner Sicht zum richtigen Ton. Auch emotional kann das Biopic mit berührenden Momenten überzeugen. Dafür sorgt vor allem Tijan Njie, der den 1998 verstorbenen Rob Pilatus spielt. Nach den erfolgreichen Höhenflügen verkörpert er Pilatus während seines Alkohol- und Drogenabsturzes mit einer gebrochenen Sensibilität, die eindrücklich nachwirkt! Als treuer, teils nachdenklich hinterfragender Weggefährte kann aber auch Elan Ben Ali als Fabrice Morvan den Cast als zweiter Hauptdarsteller ergänzend bereichern.

Tijan Njie als Rob und Elan Ben Ali als Fab
Rob und Fab mit einer goldenen Schallplatte für Baby Don’t Forget My Number. | Bild: Gordon Timpen / © LEONINE Studios und Wiedemann & Berg Film

Schweighöfers facettenreiche Darstellung und Daynes berührendes Spiel

Matthias Schweighöfer bringt hingegen die teils typisch spitzbübische Art des im Januar 2024 verstorbenen Musikproduzenten Frank Farian zum Vorschein. Ebenso zeigt er aber auch gekonnt einen Mann, der die Regeln der Musikindustrie kennt und sich und seine Mitstreiter zu inszenieren weiss. Allerdings eine Inszenierung ohne Freiheiten für die Künstler! In den gezeigten kreativen Auseinandersetzungen gewinnt Schweighöfers Schauspiel in vereinzelten Wutausbrüchen schliesslich nochmal an Aufwind, bei der die spitzbübische Art gänzlich weicht und eher einer machtausübenden Drohung gleicht. Trotz dieser kritischen Darstellung von Frank Farian habe der Musikproduzent aber selbst das Filmprojekt von Anfang an unterstützt. Bei Bella Dayne in der Rolle von Milli ist da im Gegensatz eher ein vermittelndes Feingefühl gefragt, dass die Darstellerin harmonisch auszufüllen weiss. In einem der emotionalsten Momente zwischen ihr und Tijan Njie als Robert Pilatus rührt sie mit ihrem Schauspiel dabei auch tief zu Herzen!

Matthias Schweighoefer als Frank Farian und Bella Dayne als Milli in Girl You Know Its True
Frank Farian mit seiner Ex-Lebensgefährtin und rechten Hand Milli die auch als Mitnamensgeberin für Milli Vanilli fungierte. | Bild: Gordon Timpen / © LEONINE Studios und Wiedemann & Berg Film

Mein Fazit zu Girl You Know It’s True

Letztlich nimmt Girl You Know It’s True vor allem dank der zum Ende gezeigten Szenen zwischen den Hauptdarstellern aber auch aufgrund der Widmung an Robert Pilatus und Infos über die weiteren Lebenswege der dargestellten Künstler einen sehr versöhnlichen Ton an. Verhoevens Film ist so ein mehr als gelungenes Biopic, das aus meiner Sicht den richtigen Weg zwischen seinen stilistischen, aber auch emotionalen Elementen findet! Die sehr wertige Kameraarbeit und mitreissende Musik kann dabei genauso wie die berührenden Schauspielleistungen der Darsteller überzeugen! Am Ende schafft es der Musikfilm aus meiner Sicht so, das weinende und lachende Auge zu feiern. Dies gelingt schließlich auf einer sehr authentischen Ebene, die weniger auf den eigentlichen Effekt und mehr auf den emotionalen Zwischenton achtet. Kurzum ein ehrlicher Weg zurück zur würdigen Zelebrierung einer erfolgreichen Inszenierung!

Über unseren Gast-Autor
Sandro Biener veröffentlicht unter dem Namen Sany 3000 Film-Rezensionen auf Amazon und auf Wattpad. Er beantwortet auch gerne Fragen über Filme und Serien auf Gutefrage.net. Zudem produziert er Megamixes von bekannten Sängern sowie weitere diverse Videos. Diese findet ihr auf seinem YouTube-Kanal. Hier findet ihr seine Profile.