In Hotel Artemis trifft solide Science-Fiction auf mittelmässige Action

2018 flimmerte der Dystopie-Actionfilm Hotel Artemis über die Kinoleinwände und hat mich damals nur mässig beeindruckt. Nun ist der Film seit Kurzem bei Netflix zu sehen. Einiges hat er zu bieten, aber hat sich meine ursprüngliche, eher negative Meinung nach einem erneuten Ansehen geändert?

Spoilerwarnung: Der Artikel enthält einige leichte Spoiler zum Film Hotel Artemis

Die Krankenstation für Waffenhändler und Killer

Los Angeles, 2028. Die Stadt ist gepeinigt durch soziale Unruhen, die sich immer wieder in gewaltsamen Aufständen manifestieren. Der Grund hierfür ist die Privatisierung des Trinkwassers durch ein internationales Unternehmen. Die Bewohner von Los Angeles lehnen sich deshalb gegen die Regierung auf und liefern sich blutige Strassenschlachten mit der Polizei.

Inmitten dieser Aufstände hat Sherman ganz andere Pläne. Er nutzt das allgemeine Chaos auf den Strassen und die Unruhen für einen Banküberfall. Zusammen mit seinem Bruder und dessen heissblütigem, brutalen Gangster-Kollegen raubt er eine grosse Bank mitten in Los Angeles aus. Die drei haben aber nicht mit den starken Sicherheitsvorkehrungen vor Ort  gerechnet und so schaffen sie es nicht, den Tresor, ihr eigentliches Ziel, zu knacken. Mit leeren Händen wollen sie die Bank aber nicht verlassen, weswegen sie sich an den Habseligkeiten der Bank-Kunden bedienen.

Während der anschliessenden Flucht werden sie von der Polizei gestellt. Beim unvermeidlichen Schusswechsel werden alle drei Bankräuber verwundet, Shermans Bruder schwebt fortan in Lebensgefahr. Glücklicherweise kennt Sherman, der bereits seit vielen Jahren in kriminelle Geschäfte verwickelt ist, einen sicheren Rückzugsort: das Hotel Artemis.

Jean Thomas aus Hotel Artemis
Jean Thomas ist die Krankenschwester im Hotel Artemis | Bild: Global Road Entertainment

Im 12. Stock des stillgelegten Hotel Artemis betreibt Jean Thomas, genannt «die Schwester», eine Krankenstation für Kriminelle. Unterstützt wird sie dabei vom muskelbepackten Hünen Everest, der seinerseits besonders stolz auf seine Position als Pfleger ist. Als Sherman und sein Bruder im Hotel Artemis eintreffen, kümmert sich Jean um ihre Wunden und bietet ihnen Unterschlupf an. Doch die beiden Brüder sind nicht allein auf der Krankenstation. Auch eine alte Bekannte von Sherman, die sich Nice nennt, hat sich im Hotel Artemis einquartiert. Zusätzlich streift der egomanische und aggressive Waffenhändler Acapulco durch die Gänge und macht den anderen Besuchern das Leben schwer.

Gerade als sich alles zum Guten zu wenden beginnt, überschlagen sich die Ereignisse und Jean Thomas hat sich plötzlich um zwei weitere Patienten zu kümmern. Zum einen erfleht eine Polizistin, die Jean aus ihrer Vergangenheit kennt, die Hilfe der Krankenschwester. Dies ist für Jean nicht leicht, denn nicht nur sind Polizisten im Hotel Artemis nicht willkommen, sondern sie verbindet mit der Patientin schmerzhafte Erinnerungen. Der zweite Neuankömmling trägt ebenfalls nicht zur Verbesserung der ohnehin schon angespannten Situation bei. Es handelt sich um niemanden geringeren als den Gangster-König von Los Angeles, der sich selber «der Wolfking» nennt. Begleitet wird der Gangsterboss von seinem Sohn und einem Trupp brutaler Schläger.

So befinden sich plötzlich viele verschiedene Patienten und gefährliche Personen im Hotel. Während Jean Thomas noch versucht, den Verletzten so gut wie möglich zu helfen wird schnell klar, dass alle Patienten ihre ganz eigenen Ziele verfolgen. Und schliesslich nähert sich zudem ein gewaltsamer Aufstand auf den Strassen, der das Hotel Artemis zusätzlich in Gefahr bringt.

Hotel Artemis überzeugt mit seinem Look, nicht aber mit der Story

Wie schon erwähnt hatte ich Hotel Artemis bereits vor rund zwei Jahren im Kino gesehen. Ich erinnere mich, dass mir bereits damals die Grundidee hinter der Geschichte sehr gefallen hat. Natürlich bietet eine solche Story nicht besonders viel Tiefe und die Charaktere brauchen keine aufwändige Backstory, um in einem solchen Kontext zu funktionieren. Ich hatte mir einen einfachen, spassigen Actionfilm in einem coolen, leicht futuristischen Setting gewünscht. Damit hatte mich Hotel Artemis gesegnet, doch leider auch mit einigen grossen Schwachpunkten.

Nice aus Hotel Artemis
Was hat die undurchsichtige Nice wirklich vor? | Bild: Global Road Entertainment

Doch zuerst die positiven Punkte: Hotel Artemis macht besonders aufgrund seines Looks viel Spass. Das futuristische Los Angeles und besonders die Science-Fiction-Technologie ist überraschend detailliert dargestellt und durchdacht. Auch die schauspielerischen Leistungen gefielen mir, allen voran überzeugt natürlich Jodie Foster als Jean Thomas. Die Schauspielerin schafft es, ihrer Figur in Hotel Artemis ihren ganz eigenen Charme zu verleihen. Dave Bautista seinerseits hat bereits in den Guardians-of-the Galaxy- und Avengers-Filmen bewiesen, dass er die Rolle eines muskelbepackten und doch einfältigen Hünen spielen kann. In Hotel Artemis gelingt ihm dies bei seinem Charakter Everest erneut. Bautista als Everest mauserte sich auch beim zweiten Ansehen des Films zu meiner Lieblingsfigur. Sterling K. Brown spielt den Hauptprotagonisten Sherman solide, überzeugt aber nicht in besonderem Masse.

Leider hat auch Hotel Artemis, wie so viele Filme, seine Schwachpunkte. Als grössten Negativpunkt erachte ich eine vollkommen unnötige Backstory der Figur Jean Thomas. Meiner Meinung nach ist sie als Krankenschwester für Kriminelle bereits interessant genug und hätte keine emotionale Hintergrundgeschichte benötigt. In Hotel Artemis wird beinahe krampfhaft versucht, diese Backstory zum einen wichtig für die eigentliche Handlung und zum anderen interessant zu gestalten. Doch beides wird nicht erreicht und die ständigen Rückblicke in Jean’s früheres Leben wird zunehmend mühsam.

Auch das Ende des Films ist ungünstig gelöst und leider viel zu abrupt. Hotel Artemis scheint mitten in einer spannenden Szene zu enden und die späteren Schicksale vieler Figuren werden nicht enthüllt. Insgesamt ist die Story des Films sehr geradlinig und nicht gerade erfüllt mit spannenden Wendungen.

Wolfking
Der Wolfking ist im Hotel Artemis eingetroffen | Bild: Global Road Entertainment

Fazit

Hotel Artemis war und ist gemäss meiner Einschätzung kein besonders schlechter Film, aber auch alles andere als ein Meisterwerk. Meine ursprüngliche Meinung vom Film hat sich seit meinem Kinobesuch vor zwei Jahren aber tatsächlich ein wenig verbessert. Zuschauer, die sich für einige Zeit einigermassen solide Actionszenen in einem schönen, futuristischen Setting ansehen möchten, werden mit dem Film ihre Freude haben. Für diejenigen, die sich von einem Film Logik, emotionale Tiefe und Charakterentwicklung wünschen, bietet Hotel Artemis nicht genug. Der fahle Nachgeschmack, dass der Film nicht sein volles Potenzial ausgeschöpft hat, ist bei mir jedenfalls seit zwei Jahren nicht verflogen.