Seit heute ist Quentin Tarantinos neuster Film Once Upon a Time in Hollywood auf Netflix verfügbar. Als ich Tarantinos neunten Film im Kino gesehen habe, war ich begeistert. Im Vorfeld dachte ich mir schon: Wie soll das denn aussehen? Eines der schlimmsten Verbrechen der 60er, Sharon Tates Ermordung, und die Ära New Hollywood im einen Film? Noch dazu mit den US-Stars Leonardo DiCaprio und Brad Pitt? Gespannt setzte ich mich ins nächste Lichtspielhaus und schaute einen der meist erwarteten Filme des Jahres 2019… zurecht?
Es war einmal in Hollywood…
Rick Dalton hat seine besten Zeiten als Schauspieler hinter sich. Einst wurde er als Westernheld einer TV-Show gefeiert, nun bekommt er nur noch Rollen als Bösewicht in kleineren Produktionen. Seinen Frust ertränkt er in Alkohol. Cliff Booth, einer seiner engsten Freunde und jahrelanges Stuntdouble, muntert ihn nicht nur auf, sondern erledigt, mangels Jobangebote, auch Botendienste für Rick. Cliff hat keine leichte Vergangenheit hinter sich, hat er doch seine Frau unter mysteriösen Umständen verloren. Dies führt dazu, dass er in der Branche einen schlechten Ruf geniesst. Gleichzeitig bekommt Dalton am Cielo Drive neue Nachbarn: Sharon Tate und Roman Polanski, die zu den gefragtesten Filmemachern zählen und Rick Hoffnung auf einen Karriereschwung geben.
Während Dalton fieberhaft versucht, seine Karriere zu retten, macht Cliff Bekanntschaft mit einem Hippie-Mädchen, das zur berühmten Manson-Family des Sektenführers Charles Manson gehört. So lockt es ihn auf die legendäre Spahn-Ranch, die von der Sekte bewohnt wird und gerät in Gefahr. Zur gleichen Zeit erwartet Sharon Tate ihr erstes Baby mit Roman Polanski.
Eine künstlerisch sehr hochwertige Ode an die Westernfilme
Quentin Tarantino lebt in seinem neusten Werk seine Liebe für die Filmfabrik Hollywood und dessen Western-Streifen voll und ganz aus. Dies zeigen die vielen Anspielungen auf Cowboyfilme, das perfekt ausgearbeitete Set-Design sowie die Kostüme. Der Film trumpft mit einer äusserst ästhetischen Kameraführung von Altmeister Robert Richardson auf. Auch gibt es einige schön inszenierten Long-Takes, wie man sie von früheren Tarantino-Filmen kennt. Daher hat dieser Streifen zurecht die Oscars der Kategorie Produktionsdesign gewonnen.
Der Regisseur, der auch das Drehbuch schrieb, spielt auf viele Westernfilme der 60er an und verwendet auch Zitate aus diesen Streifen. Dazu zählen unter anderem die Filme Gesprengte Ketten, FBI, Rollkommando, Es war einmal in Amerika sowie die TV-Serie Lancer. Zudem gibt es Anspielungen auf Regisseur Sergio Leone sowie Schauspieler Sam Wanamaker. Wer mit all diesen Namen nichts anfangen kann, hat Schwierigkeiten, bei Once Upon a Time in Hollywood die Absicht von Tarantino zu verstehen. Ein echter Hingucker bieten die «Filme-im-Film»-Sequenzen. So wurde für die Figur Rick Dalton extra Filmszenen aus seiner goldenen Ära nachgestellt und mittels Computertechnik so bearbeitet, dass sie locker aus den 60er-Hollywood-Epoche stammen könnten. Für mich ein sehr schönes Detail und ein grosser Pluspunkt, der den Film optisch aufwertet.
Der Film ist mit einer Laufzeit von 161 Minuten ziemlich lange. Dies bemerkt man bereits im ersten Drittel, wo er einfach nicht in Fahrt kommen und Spannung aufbauen will, hier wurde ein bisschen viel Zeit für die Einführung der Figuren verbraucht. Ich hatte zuerst Mühe, herauszufinden, wie sich die Geschichte entwickeln will und was uns Tarantino, abgesehen von der Tate-Story, erzählen möchte. Der Inglourious Basterds-Regisseur hatte während der Vorproduktion bereits bekanntgegeben, dass wahre Begebenheiten thematisiert werden sollten. Wenn man nun die Geschichte von Sharon Tate und Charles Manson kennt und Anspielungen und dementsprechenden Handlungen erwartet, erscheint einem die erste Hälfte des Streifens quälend lange. Die Dialoge sind so, wie man es von bisherigen Tarantino-Produktionen kennt, teils sehr lang aber eloquent. Wunderbar umgesetzt werden sie vom Cast.
Hammerleistung von DiCaprio
Leonardo DiCaprio leistet einmal mehr eine Meisterleistung seines Könnens ab und liefert jede erdenkliche Gefühlslage von Rick Dalton mit Bravour ab und stellt seine Co-Stars ganz schön in den Schatten. Unter anderem hat er auch ein paar Sequenzen improvisiert und sehr authentisch dargestellt. Brad Pitt gibt zwar den coolen und lässigen Cliff, verblasst aber neben DiCaprios Darbietung anfangs eher. Mit der Zeit entwickelt sich aber die Figur und leistet dennoch einen sinnvollen Beitrag zur Story. Diese Darstellung brachte Brad Pitt auch seinen ersten Schauspiel-Oscar sowie einen Golden Globe ein.
Bei Rick Dalton und Cliff Booth handelt es sich um rein fiktive Figuren. DiCaprio und das Kreativ-Team orientierten sich bei der Gestaltung von Dalton aber an realen Vorbildern wie Steve McQueen, Ty Hardin, Pete Duel und Edd Byrnes. Diese Schauspieler waren in den 50 bis 60er-Jahren aktiv im Filmbusiness unterwegs und hatten eine ähnliche Karriere mit Tiefs und Hochs wie Dalton.
Im Film trifft man aber auch auf Charaktere, die tatsächlich zu der Zeit in Hollywood gelebt und gearbeitet hatten. Das verleiht dem Film eine gewisse Authentizität, obwohl die Dialoge natürlich fiktiv sind. Unter den realen Figuren befindet sich zum Beispiel Sharon Tate, die damals als eine der schönsten Frauen der Welt bezeichnet wurde. Ihr wurde eine grosse Karriere in der Filmwelt prophezeit. Harley Quinn-Darstellerin Margot Robbie sieht Tate erstaunlich ähnlich und stellt sie sehr überzeugend dar. Man merkt, dass sie sich minutiös auf diese Rolle vorbereitet hat, um Tate genau zu kopieren.
Debra, die Schwester der realen Sharon Tate, vergoss bei einem Set-Besuch sogar Tränen, als sie Robbie schauspielern sah. «Sie brachte mich zum Weinen, denn sie klang genauso wie Sharon. Die Stimmfarbe ähnelte ihr derart, dass es mich berührte und ich vergoss dicke Tränen…ich bekam die Chance meine Schwester wiederzusehen, nach fast 50 Jahren», so Debra zur Zeitschrift Vanity Fair.
Unser Fazit zu Once Upon a Time in Hollywood
Once Upon a Time in Hollywood ist ein visuelles Meisterwerk, gespickt mit schönen Details und einem Ende, dass man so definitiv nicht erwartet hat. Eine gute Abwechslung also zu aktuellen Filmen, die oftmals vorhersehbar sind. Hier ist Tarantinos Handschrift gut zu erkennen. Wer aber mit einem Film mit vielen blutigen Actionsequenzen wie in Django Unchained oder Inglorious Basterds gerechnet hat, wird enttäuscht sein. Somit ist es für viele Fans sicher kein typischer Tarantino-Film, auch für mich nicht. Ich empfand ihn eher als eine Liebeserklärung an die Filme, mit denen der Regisseur aufgewachsen ist. Auch dass er reale Persönlichkeiten mit fiktiven Figuren agieren lässt, ist einfach nur grandios und zeugt von seiner Kreativität. Somit ist der Film quasi eine Fanfiction von Tarantino.
Once Upon a Time in Hollywood gibt es ab heute auf Netflix zu streamen. Des Weiteren findet ihr ihn auf Sky Show und auf Blue Maxx. Hierbei handelt es sich um ein Streaming-Angebot des Schweizer Telekomriesen Swisscom. Zudem ist er im Google Play sowie Sky-Store abrufbar.
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