Seit Januar läuft Poor Things von Yorgos Lanthimos in den Kinos. Ab dem 20. März ist er auf Disney+ zu sehen. Das neue Werk des The Favourite-Regisseurs sorgt überall auf der Welt für Furore. Die Story ist bizarr, schaurig, schwarzhumorig und der Film geizt nicht gerade mit expliziten Darstellung von Nacktheit. Nachdem er bereits Golden Globes, BAFTA-Awards sowie den Goldenen Löwen der Filmfestspielen von Venedig abgeräumt hatte, kann sich das Team auch über 11 Oscarnominationen freuen. Wir haben für euch sechs spannende Fakten über Poor Things zusammengetragen.
Wovon handelt Poor Things?
London, gegen Ende des 19. Jahrhunderts: In der Themse wird eine junge Frau tot aufgefunden. Der exzentrische Wissenschaftler Dr. Godwin Baxter holt sie mittels Elektroschocks aus dem Totenreich zurück. Allerdings passt ihr geistiger Zustand bei weitem nicht zu ihrem Körper. Gemeinsam mit seinem Assistenten Max untersucht Godwin sein Experiment und dokumentiert ihre Entwicklung. Dadurch kommen sich Max und Bella näher. Als jedoch der zwielichtige und liebesbedürftige Anwalt Duncan Wedderburn auftaucht und Gefallen an der Schönheit findet, nimmt er sie mit auf eine Reise durch Europa. Allerdings rechnet er nicht damit, dass sich Bella weiterentwickelt und sich immer mehr Gedanken über Vorurteile, Gerechtigkeit, Unabhängigkeit sowie Emanzipation macht.
Emma Stone und die schwarzen Haare
Bellas rabenschwarzes Haar war ursprünglich nicht geplant. Da Farben, auf echtem Filmmaterial und in schwarzweiss gedreht, viel dunkler wirken, wurde Emma Stone angewiesen, für die Rolle dunkelbraunes Haar zu bekommen. Leider – oder zum Glück – hat der Friseur ihr versehentlich den dunkelsten Schwarzton gegeben. Rückblickend sagte das Haar- und Make-up-Team, dass dieser Fehler perfekt war, da der tintenschwarze Farbton den Surrealismus noch verstärkt. Im Laufe des Films schneidet sich die Figur Bella die Haare nie. Somit waren die Extensions, die Emma Stonne trug, am Ende des Films 1.2 m lang. Beim Charakterdesign von Bella diente das Gemälde Nacktes Mädchen mit langem schwarzem Haar und blau schwarzen Umhang von Egon Schiele aus dem Jahr 1911 als Inspiration.
Willem Dafoes vierstündige Morgenroutine
In Poor Things erleben wir Willem Dafoe als exzentrischer Wissenschaftler Dr. Gowin Baxter. Der Körper der Figur ist durch lebenslange Experimente stark gezeichnet und erinnert den Zuschauer an Doktor Frankensteins Monster. Dazu war ein aufwendiges Make-up notwendig. Um es anzubringen, musste der Schauspieler jeden Morgen um drei Uhr aufstehen und vier Stunden in der Maske verbringen. Selbst um die Prothesen wieder abzulegen, waren zwei Stunden erforderlich. Gegenüber des Empire-Magazins gewöhnte er sich schnell an den Prozess und nutzte die Zeit, um sich auf den Dreh vorzubereiten. «Es ist ein wunderschönes Ritual, das dich an das Ziel bringt, das du erreichen willst.», meinte Dafoe dazu.
Riesige Kulissenbauten und LED-Screens für Poor Things
Der Grossteil der Szenen entstanden in den Origo Studios in Ungarn. Dort wurde bereits Dune, Blade Runner 2049, The Alienist oder Moon Knight gedreht. Das Team baute dort enorme Kulissen wie Godwins Londoner Stadthaus, den Pariser Platz im Winter, das Kreuzfahrtschiff und die Strassen von Lissabon. Anders als bei typischen US-Filmproduktionen wurden grösstenteils auf Greenscreens verzichtet. Schliesslich wollte Regisseur Yorgos Lanthimos mit den bemalten Kulissen ein Gefühl von altem Hollywood vermitteln. Die Strasse von Lissabon war mit einer Länge von 52 Metern und einer Breite von 18 Metern die grösste Kulisse des Films. Daher musste sie in den nahe gelegenen Korda Studios aufgebaut werden. Ganz ohne die Digitaltechnik ging es doch nicht und daher wurden bei manchen Szenen auf die moderne LED-Screen-Technologie und Miniaturen zurückgegriffen. Die von Dr. Baxter erschaffenen Tiere wurden getrennt gefilmt und digital zusammengesetzt.
Leichenbestatter-Schule für die Darsteller
In Poor Things gibt es verschiedene Szenen, in denen Leichen seziert und durch Dr. Baxter und seinem Assistenten, Max McCandles, untersucht werden. Natürlich werden für solche Drehs aufwändig und lebensecht ausehende Dummies verwendet. Damit die Szenen realistischer aussehen, schickte Regisseur Lanthimos die Darsteller Willem Dafoe (Dr. Baxter) und Ramy Youssef (Max) in die Leichenbestatter-Schule. Dort lernten sie während fünf Kursen Seziertechniken, wie sie im 19. Jahrhundert angewendet wurden. Obwohl nur wenige Operations-Szenen im Film zu sehen sind, wollten die beiden sich Mühe geben. Es ging ihnen darum, ein Gefühl der Vertrautheit mit den Körpern zu haben und sich auf diese Weise in die Geschichte hineinzuversetzen. Emma Stone nahm derweil Tanzunterricht und Mark Ruffalo erhielt ein Dialekt-Coaching. Ausserdem probte Lanthimos drei Wochen lang mit den Schauspielern vor dem Dreh mithilfe von Improvisationsspielen. Dies half ihnen, jegliche Hemmungen abzubauen, bevor sie zum Drehort kamen.
Willem Dafoe und der unsichere Mark Ruffalo
Mark Ruffalo zögerte zunächst mit der Rolle des Duncan Wedderburn, nachdem er das Drehbuch zu Poor Things gelesen hatte. So meinte er gemäss IMDB zu Regisseur Lanthimos «Ich glaube nicht, dass ich dafür geeignet bin». Dieser lachte nur und sagte: «Du bist es». Auch während den Dreharbeiten dauerte die Unsicherheiten des Hulk-Darstellers an. Er meinte scherzhaft, dass sein Kumpel Oscar Isaac, der in einem nahe gelegenen Studio gerade Moon Knight drehte, ja die Rolle übernehmen könnte. Willem Dafoe bekam das mit und eines Tages spielte er Ruffalo einen Streich, indem er ihn in einen Raum brachte, in dem Isaac wartete. Isaac und Dafoe teilten Ruffalo mit, dass er gefeuert sei und tatsächlich durch Isaac ersetzt werde.
Yorgos Lanthimos traf den Schöpfer von Poor Things
Die schwarzhumorige Komödie basiert auf dem gleichnamigen Roman vom schottischen Schriftsteller Alasdair Gray. Bereits 2009 wollte Yorgos Lanthimos die Geschichte verfilmen und besuchte dazu den Autor im schottischen Glasgow. Da Lanthimos damals noch nicht so bekannt war, hatte er ihm zuvor die DVD seines Werks Dogtooth geschickt. Als die beiden dann aufeinandertrafen, nahm Gray den The Favourite-Regisseur mit auf einen Spaziergang durch Glasgow und zeigte ihm die Schauplätze, die er im Roman verwendet hatte. Am Schluss des Spaziergangs meinte Gray zu Lanthimos:«Ich halte dich für einen talentierten jungen Mann». Leider hat Alasdair Gray sein Werk nie auf der grossen Leinwand betrachten können. Er starb am 29. Dezember 2019 in Glasgow.
Habt ihr Poor Things bereits gesehen?
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