Ab 7. August startete Helge Schneiders Dokumentarfilm The Klimperclown in ausgewählten Kinos. Seit 19. August ist das Werk auch in der ARD-Mediathek zu sehen. Den teils autobiografischen, aber auch humoristisch-fiktiven Dokufilm inszenierte Helge in Zusammenarbeit mit seinem langjährigen Gitarristen Sandro Giampietro. Anlass bildet sein 70. Geburtstag am 30. August 2025. In einer Mischung aus Originalaufnahmen, Super 8-Material, VHS-Ausschnitten sowie Sketchen und echten Fotos verbindet Helge darin bislang unbekannte Familienhistorie mit fiktiver Komik, die teilweise das Doku-Genre persifliert. Doch gelingt es der Doku zwischen Mockumentary und Dokumentarfilm, den Zuschauer bei Laune zu halten und bislang unbekannte Facetten des unkonventionellen Ausnahmekünstlers zu beleuchten?
Davon handelt The Klimperclown
Helges neuer Dokumentarfilm folgt, wie auch seine früheren, rein filmischen Regiearbeiten konsequent seinem Inszenierungs- und Gestaltungswillen. Dies hat zur Folge, dass The Klimperclown keinem chronologischen Muster folgt, sondern ähnlich wie seiner virtuosen Improvisationskunst einer Reihenfolge nachgeht, die dem künstlerischen Rhythmus als auch dem Überraschungseffekt untergeordnet ist. Helge wechselt zwischen neu gedrehten HD-Aufnahmen, die ihn entweder hinter oder auf der Bühne während seiner Tour begleiten, Aufnahmen aus seiner Wahlheimat Spanien zeigen oder den Blick zurück in seine Anfänge gewähren. Ebenso greift Helge auch auf alte Familienfotos sowie Super-8 oder VHS-Ausschnitte zurück, die offenbar nicht aufpoliert wurden und deshalb in einer eher dürftigen Qualität vorliegen.

Biografie vermischt mit fiktivem Klamauk
Ebenso wirken die teilweise spontanen HD-Einstellungen nicht immer vorteilhaft fokussiert und Gesichter, besonders in Liveaufnahmen, neigen dazu, weiss zu überstrahlen. Dennoch fügt sich dies stimmig in das Gesamtbild eines unkonventionell-künstlerischen Geistes ein. Einen abwechslungsreichen Unterhaltungswert hat die Doku allemal, wenn die tatsächliche Biografie fliessend mit fiktivem Klamauk vermischt wird und vereinzelte Weggefährten selbstironisch zu Wort kommen. Helge begleitet auch immer wieder alte Aufnahmen oder Familienfotos mit einem Off-Kommentar, der eher einem spontanen Audiokommentar gleicht, aber dennoch zum Schmunzeln anregt. Einblicke in Helges Elternhaus durch alte Aufnahmen bieten darüber hinaus einen charmanten Zugang zu einer ganz privaten Seite des Künstlers, der seinen Eltern darin stolz die neue Kamera präsentiert.

Mein Fazit zu The Klimperclown
The Klimperclown ist ein Dokufilm, dem es gelingt, sowohl Helges komödiantischen Geist als auch einen persönlichen Einblick ins Elternhaus zu vermitteln. Ein Film, der durchgewürfelte Auszüge aus seiner Vita mit allerhand liebenswürdigen Begleitklamauk durchschreitet und damit eine absolute Empfehlung für seine Fans darstellt. Alle anderen, die bis heute nicht mit seiner Kunst warmgeworden sind, werden vermutlich auch mit dieser Doku keinen Zugang zu ihm finden.

Über Helge Schneider
Helge Schneider begann seine Karriere in Peter Burschs Bröselmaschine, aber auch mit unterschiedlichen Bandprojekten. Ebenso war er als Studiomusiker für Künstler wie Albert Mangelsdorff oder Frank Baier tätig und arbeitete als Stummfilmbegleiter, Schauspieler, sowie Auftragskomponist. Als Schauspieler war er in Werner Nekes Experimentalfilm Johnny Flash (1986) zu sehen und inszenierte bald darauf seinen Kurzfilm Stangenfieber (1987). Danach folgten Auftritte in Filmen wie Menu Total (1986) oder Mutters Maske (1988) von Christoph Schlingensief. Auch das Fernsehen wurde in den 80ern auf Schneider aufmerksam. So war er von 1985 bis 1991 Co-Moderator der Musiksendung Off-Show des WDR, worin er bereits in kleinen Sketchen auftrat und diverse Musiker interviewte. Ende der 80er wuchs Schneiders Bekanntheit dank seiner Auftritte unter dem Beinamen «Die singende Herrentorte». In diesem Zuge kamen auch zahlreiche Alben wie The Last Jazz (1987) oder Seine grössten Erfolge (1991) heraus.

Auch als Schauspieler und Regisseur aktiv
Mit seinem 1992 erschienen Album Guten Tach! aus Live- sowie Studioaufnahmen gelang ihm dann der kommerzielle Durchbruch und spätestens 1994 mit einem Live-Auftritt seines Songs Katzeklo bei Wetten, dass..? eine breite Bekanntheit im deutschsprachigen Raum. Seine Alben zeigen wie auch seine Bühnenauftritte, die musikalische Versiertheit und die dadaistisch-geprägte Komik Schneiders mit teils herrlich-absurden und improvisierten Geschichten auf. Songs wie Es gibt Reis, Baby!, Telephonmann, Fitze, Fitze, Fatze, Ich drück die Maus, Helges Möhrchen-Lied, Käsebrot, oder Sommer, Sonne, Kaktus! beweisen zudem, dass Helge nicht nur das Katzeklo musikalisch für sich beansprucht. Ebenso veröffentlichte er Romane rund um Kommissar-Schneider und weitere humorvolle Werke wie Eiersalat – Eine Frau geht seinen Weg als Persiflage auf Frauenromane und weibliche Emanzipation sowie mit Orang Utan Klaus. Helges Geschichten, eine Sammlung seiner humoristischen Erzählungen.
Daneben ist er auch als Zeichner für die Gestaltung seiner Werke verantwortlich und inszenierte zum Beispiel 2003 das Theaterstück Mendy – das Wusical. Darüber hinaus erstreckt sich Helges Schaffen in weiteren Filmen wie Ottos 7 Zwerge-Komödien (2004, 2006), seiner ungewöhnlichen Hauptrolle in Mein Führer – Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler (2007), der Filmsatire Die Partei (2009) sowie seinen Regiearbeiten Texas – Doc Snyder hält die Welt in Atem (1993), Die 00 Schneider-Filme (1994, 2013), Praxis Dr. Hasenbein (1997), Jazzclub – Der frühe Vogel fängt den Wurm (2004) oder aktuell eben The Klimperclown (2025).

Eine wertvoll-versöhnliche Bereicherung
Aus meiner Sicht ist Helge dank seiner künstlerischen Vielseitigkeit in seiner über vier Jahrzehnte andauernden Karriere aber weit mehr als nur ein Klimperclown. Er ist jemand, dem es gelingt, weder Trends noch ein politisches Lager zu bedienen und meinungsstark sowie konsequent seinem künstlerischen Stil zu folgen. Das Eintauchen in Helges Welt scheint somit auch heutzutage noch völlig unberührt von gesellschaftlichen Zwängen zu sein und persifliert gerade dadurch gängige Lifestyle-Muster auf erfrischend ungezwungene Weise.
Dabei spielt Helge immer wieder mit Erwartungen und Klischees, nur um sie am Ende gezielt zu durchbrechen und daraus herrlich-kreativen Nonsens entstehen zu lassen. Helge ist einfach vorgelebte künstlerische Freiheit – und dass, obwohl (oder gerade weil) er kommerziellen Erfolg erreicht hat, ohne sich dem Mainstream anzubiedern. Ein Künstler, der eine wertvoll-versöhnliche Bereicherung in einem Land darstellt, dass sich zwischen den rechten und linken Lagern echauffiert. Doch in Helges Shows haben sie alle etwas gemeinsam, und zwar das unbeschwerte Lachen!
The Klimperclown ist nun in der ARD-Mediathek verfügbar. Aufgrund von Geoblocking kann der Film nur in Deutschland angesehen werden.
Über unseren Gast-Autor
Sandro Biener veröffentlicht unter dem Namen Sany 3000 Film-Rezensionen auf Amazon und auf Wattpad. Er beantwortet auch gerne Fragen über Filme und Serien auf Gutefrage.net. Zudem produziert er Megamixes von bekannten Sängern sowie weitere diverse Videos. Diese findet ihr auf seinem YouTube-Kanal. Hier findet ihr seine Profile.
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