Mitte Mai hat Netflix das Mystery-Drama The Woman in the Window veröffentlicht. Darin erleben wir eine um die Wahrheit kämpfende Amy Adams. Der Film spielt mit Elementen der Suspense, wie sie einst der legendäre Alfred Hitchcock angewendet hat. Konnte mich die Romanverfilmung von Regisseur Joe Wright überzeugen?
Spoilerwarnung: Dieser Artikel enthält leichte Spoiler zum Film The Woman in the Window.
Wenn man den eigenen Augen nicht mehr trauen kann
Anna Fox lebt allein im New Yorker Stadtteil Brooklyn, getrennt von Ehemann Ed sowie Tochter Olivia. Sie ist Kinderpsychologin, hat den Job aber schon lange aufgegeben und ihr Zuhause seit einem Jahr nicht mehr verlassen. Das aus triftigem Grund: Sie leidet an Agoraphobie, einer Angststörung, die sie dazu zwingt, das eigene Haus nicht mehr zu verlassen. Halluzinationen zählen ebenfalls zu den Beschwerden. Diese versucht Anna mithilfe von Antidepressiva und Alkohol zu bekämpfen. Zudem telefoniert sie häufig mit Ed und Olivia, beobachtet die Nachbarschaft oder schaut sich alte Klassiker im Fernseher an. Zu ihrem Untermieter David pflegt sie ein angespanntes Verhältnis.
Kein wunderbarer Tag in der Nachbarschaft
Als eines Tages die Familie Russell ins Haus auf der gegenüberliegenden Strassenseite einzieht, freundet Anna sich mit Ethan an. Der 15-jährige Sohn der neuen Nachbarn macht auf sie einen verängstigten Eindruck. So versucht die ehemalige Therapeutin herauszufinden, was mit ihm los ist. Sie vermutet den Einfluss seines strengen Vaters Alistair, der durch negative Berichterstattung in den Medien aufgefallen ist. Durch Zufall lernt sie auch dessen Frau Jane kennen. Sie versteht sich gut mit ihr und so verbringen sie einen feuchtfröhlichen Abend miteinander.
Eines Abends beobachtet Anna die Russells durch ihre Spiegelreflexkamera und muss mit ansehen, wie Jane ein Messer in den Bauch gerammt bekommt und stirbt. Sie ruft sofort die Polizei, die ihr aufgrund fehlender Beweise und ihrer gesundheitlichen Verfassung wenig Glauben schenkt. Erst recht nicht, als Alistair und Ethan auftauchen und den Ermittlern erzählen, dass nichts vorgefallen sei. Schliesslich betritt eine weitere Dame das Haus und stellt sich der Runde als Jane Russell vor – allerdings sieht sie bei weitem nicht so aus, wie die Frau, die Anna am letzten Abend Gesellschaft geleistet hat. Was ist vorgefallen, wen hat Anna sterben sehen, oder hat sie sich das am Ende alles nur eingebildet?
Unheimliche Stimmung dank düsterem Look
The Woman in the Window wurde von Joe Wright realisiert, der für Anna Karenina, Pan oder zuletzt Die dunkelste Stunde bekannt ist. Die Handlung des Films erinnert stark an Alfred Hitchcocks Meisterwerk Das Fenster zum Hof aus dem Jahr 1954. Auch darin macht eine im eigenen Haus gefangene Person eine schlimme Entdeckung. Wie beim Hitchcock-Klassiker, sind auch bei The Woman in the Window Suspense-Aspekte vorzufinden. Diese hat Danny Elfman mit seinem Soundtrack gut in Szene gesetzt. Dass der Kalifornier ein Händchen für düstere Filmmusik besitzt, hat er uns bereits mit seiner Arbeit für sämtliche Tim Burton-Filme bewiesen. Spannend fand ich die Momente, in denen der Zuschauer quasi miträtseln kann: Handelt es sich bei den Geschehnissen nur um eine Halluzination oder um ein tatsächliches Ereignis? Auch gibt es im Film einen kleinen, aber dennoch spannenden Plot-Twist vorzufinden.
Der Streifen ist ziemlich unheimlich, dies wird durch den düsteren Look gut vermittelt. So wurden die Szenen, die sich in Annas eigenen vier Wände abspielen, eher spärlich beleuchtet. Die wenigen Lichtquellen bestehen aus den einfachen Deckenlampen sowie dem Licht, welches durch die bunten Fenster eindringt. In Kombination mit Annas Kleidung, werden die Stimmungslage und die Angst der Protagonistin gut transportiert.
Amy Adams und Gary Oldman werten The Woman in the Window deutlich auf
Diese verkörpert Amy Adams. Sie kennen wohl viele Zuschauer aus Streifen wie Arrival, American Hustle oder zuletzt Hillbilly Elegy. Mit ihr haben die Produzenten einen Glückstreffer gelandet. Sie schafft es einerseits die depressive Seite und andererseits die verzweifelten Gefühlslagen von Anna gekonnt darzustellen. Ein weiteres Highlight bietet Gary Oldman, der den tyrannenartigen Mr. Russell so überzeugend spielt, dass man als Zuschauer nur noch geschockt auf dem Sofa sitzen bleibt. Das ist ein deutlicher Kontrast zu seiner letzten Darstellung des betrunkenen Citizen Kane-Drehbuchautors Mank im gleichnamigen Film. Ein Glück, dass zumindest Juliane Moore als Mrs. Russell bei der nächtlichen Party mit Anna für eine Auflockerung sorgen kann. Der verstört anmutende Ethan wird vom aufstrebenden Fred Hechinger gespielt und man empfindet als Zuschauer beinahe Mitleid mit ihm. Die restlichen Schauspieler des Films fallen nicht durch überragende Darstellungen auf.
Der Streifen sollte ursprünglich im Oktober 2019 in die Kinos kommen, allerdings liess er das Testpublikum verwirrt zurück und musste deshalb überarbeitet werden. Als die Corona-Pandemie begann, wurde der Kinostart zuerst verschoben und schlussendlich abgesagt. So verkauften ihn die 20th Century Studios an Netflix. Bisher konnte sich der Streifen solide in den Top 10 der Netflix-Charts halten.
Mein Fazit zu The Woman in the Window
Mit diesem Streifen liefert uns Netflix seit langem mal wieder einen Film, der den Zuschauer zum Mitdenken und gleichzeitig zum Schaudern auffordert. Mir persönlich hat er sehr gefallen und konnte mich gut unterhalten. Wer also nach einem harten Tag entspannen möchte, schaut sich The Woman in the Window besser nicht an. Der Cast ist hervorragend und lässt sich sehen. Wer das Fenster zum Hof sowie weitere Hitchcock-Filme gesehen hat, wird an dieser Produktion seine Freude haben – obwohl er eine grosse Ähnlichkeit mit dem Klassiker aus den 50er-Jahren aufweist.
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