6 Underground Netflix

Wieso begibt sich Netflix mit „6 Underground“ absichtlich auf das unterste Niveau des Action-Kinos?

Am 13. Dezember erschien auf Netflix ein Film, der sowas wie ein neues Zeitalter für den Streaming-Dienst einläuten soll. Mit dem Action-Kracher „6 Underground“ möchte Netflix nämlich ein Filmfranchise aufbauen, dass genauso zugkräftig wie „Fast and the Furious“ werden soll.

Damit das klappt, hat sich Netflix den bekannten Regisseur Michael Bay geholt. Dessen Spezialgebiet: Explosionen, Explosionen und noch mehr Explosionen. Falls euch der Regisseur nicht sagt, guckt euch doch am besten seine „grandiosen“ Werke wie „Armaggedon“, „Transfomers 1 – 5“ oder „Pearl Harbor“ an.

6 Underground Netflix
Bild: Netflix

Bay ist dabei nicht nur für massenhaft Pyrotechnik in seinen Filmen bekannt, sondern auch für imposante Aufnahmen, gepaart mit stellenweise inexistenter Storyline. Was passiert also, wenn Netflix einem Mann wie Michael Bay 150 Millionen Dollar zur Verfügung stellt und sagt:

„Mach damit, was du willst.“

Die Antwort darauf liefert uns nun eben der oben genannte „6 Underground“, ein 128-minütiger Action-Film, bei dem selbst mit viel gutem Willen nur schwer etwas Gutes zu finden ist – zumindest inhaltlich. Immerhin liefert Bay aber genau das, was man von ihm erwartet: massig Action, Explosionen und eine Geschichte, die nur dazu dient, um sich von einer spektakulären Szene zur nächsten zu hangeln.

Ist „6 Underground“ ein Fail? Nicht aus Sicht von Netflix!

Wenn man möchte, kann man jetzt natürlich in einer ausführlichen Filmkritik auf „6 Underground“ herumhaken. Man könnte die stupide Action kritisieren, die oft nur dazu da ist, um gut auszusehen. Man könnte das hölzerne Drehbuch verreissen, das solche Sätze wie „Generäle, sie fliegen nach Las Vegas“ hervorgebracht hat. Oder auch die unzähligen Szenen, die Frauen zu Objekten degradieren. Aber mal ehrlich: Was bringt das?

Netflix weiss ganz genau, wen sie sich mit Michael Bay eingekauft haben. Bay ist da, um sinnfreie Unterhaltung zu liefern, in denen Autos, Knarren und schöne Frauen zu sehen sind. Dass der Film bei den Kritikern durchfallen wird, dürfte auch Netflix von Anfang an klar gewesen sein. Aber genau hier hat der Streaming-Riese einen Vorteil, den klassische Filmstudios nicht haben: Sie sind nicht auf Kritiken angewiesen.

6 Underground Netflix
Bild: Netflix

Klar, der eine oder andere Netflix-User wird sich zuerst ein Review durchlesen und den Film dann unter Umständen nicht gucken. Die Mehrheit aber, wird in den nächsten Tagen Netflix öffnen, „6 Underground“ zu oberst angezeigt bekommen und auf „Abspielen“ klicken. Vorher eine Kritik durchlesen? Warum? Man bezahlt das Abo ja sowieso und ist sich mittlerweile gewohnt, dass Netflix einem nur vorschlägt, was man mag.

Bei Kinofilmen ist das noch anders. Dort informiere ich mich vorher genau über den Film, immerhin wollen meine 20 Franken gut angelegt sein. Ich schau mir also den Trailer an, lese die Inhaltsangabe durch und womöglich auch die eine oder andere Kritik. Und bei Netflix? Da fängt der Film sowieso schon automatisch an und reingucken kann man ja mal. Wenn’s nicht gefällt, kann ich ja einfach etwas Anderes gucken.

Netflix nützt seichte Unterhaltung mehr als hochkarätige

Eine weitere Stärke von Netflix sind die unzähligen User-Daten, die der Streaming-Gigant über die Jahre gesammelt hat. So weiss Netflix ganz genau, was die User wollen – nämlich hauptsächlich seichte Unterhaltung. Zumindest hat dies den Anschein, wenn man sich anschaut, welche die erfolgreichsten Formate auf Netflix sind.

Klar, mit „The Irishman“ oder „Roma“ hat man auch richtig gute Filme im Programm. Doch irgendwo ist es eben auch ein bisschen wie im klassischen Kino: Die Massen werden vom Popcorn-Kino angezogen und nicht von Filmen mit Tiefgang.

The Irishman
The Irishman ist gut, aber kein Franchise-Material. | Bild: Netflix

Schlussendlich sind es dann auch nicht solche Filmperlen, die Netflix neue User bescheren, sondern Streifen wie „6 Underground“ oder zuvor schon „Bright“. Es sind Filme, die man zu ganzen Reihen, zu Franchises ausbauen kann. Filmreihen, über die geredet wird, die weiterempfohlen werden und die schlussendlich neue Abos bringen.

Natürlich, auch über „The Irishman“ wird geredet. Oder „Roma“. Aber die wenigsten wollen sich einen über drei Stunden langen Mafiafilm angucken. Oder einen Schwarz-Weiss-Film in dem scheinbar nichts passiert. Solche Filme sind nur dazu da, um das Portfolio aufzuwerten, damit auch diejenigen bedient werden, die wirklich gute Filme schätzen. Aber wir werden niemals einen „The Irishman 2“ sehen oder ein „Roma“-Spin-Off.

So wird es auch bei Netflix ein Stück weit darauf hinauslaufen, was wir im Kino schon lange sehen: Fortsetzungen, die die Leute automatisch anziehen und nicht aufwändig beworben werden müssen. So ist es dann auch nicht verwunderlich, dass wir schon bald „Bright 2“ und „Bird Box 2“ sehen werden. Und auch „6 Underground 2“ dürfte wohl bald angekündigt werden – Netflix hat immerhin aus gutem Grund 150 Millionen ausgegeben.

Netflix hat aber nicht nur Mist. Wenn du in Weihnachtsstimmung bist, kann ich dir „Klaus“ empfehlen.