Unbelievable

Unbelievable: Eine Kritik am US-Justizsystem

Vor rund einem Jahr, im März 2020, hat mir Netflix die Miniserie Unbelievable vorgeschlagen. Die erste Folge empfand ich damals jedoch als ein bisschen langwierig, weshalb ich den Rest erst während des Lockdowns angesehen habe – zum Glück. Denn trotz dem etwas holprigen Start nimmt die Geschichte schnell an Fahrt auf und bietet einen Krimi in etwas anderem Stil.

Für einmal wird in solch einer Produktion nicht nur irgendein Mörder gejagt, sondern ein Serienvergewaltiger. Die Geschichte orientiert sich an einem wahren Fall und basiert auf dem mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Artikel An Unbelievable Story of Rape (in englischer Sprache) – es handelt sich also um True-Crime.

Spoilerwarnung: Der Artikel enthält leichte Spoiler zu der Serie – das meiste ist jedoch auch bereits aus dem Trailer ersichtlich.

Davon handelt Unbelievable

Die Miniserie besteht aus acht Folgen zu je ca. 45 Minuten. Die erste Folge spielt im Jahre 2008 und erzählt die Geschichte der jungen Marie Adler (gespielt von Kaitlyn Dever), die in ihrer Wohnung in Lynnwood im US-Bundesstaat Washington vergewaltigt wurde. Während sie ihre Geschichte der Polizei erzählt, bringt sie jedoch einige Details durcheinander und so beginnt die Polizei an ihrer Geschichte zu zweifeln.

Der Polizist Det. Robert Parker (Eric Lange) zweifelt an Maries Geschichte und sucht deshalb nach Beweisen für ihre Schuld. Die Polizei stellt sie also als Täterin dar und nach stundenlangen Verhören sagt sie aus, gelogen zu haben, damit sie die Polizei endlich in Ruhe lässt. Maries Geschichte und vermeintliche Lüge gelangt an die Medien und ihr Leben beginnt sich schlagartig zu ändern. Nicht nur droht ihr der Verlust ihrer Wohnung und ihrer Freunde, sondern auch ihrer Freiheit – denn sie muss sich nun auch vor Gericht verantworten.

Marie wird von zwei Polizisten verhört
Marie wird von zwei Polizisten verhört | Bild: Netflix

Die Suche nach dem Täter

Erst in der zweiten Episode wird in die zweite Storyline eingeführt. Diese spielt im Jahre 2011 in Golden, Colorado, also rund 1500 km von Marie entfernt. Dort wird Det. Karin Duvall, gespielt von Merrit Wever, an einen Tatort gerufen, bei dem eine Vergewaltigung stattgefunden hat. Auch bei diesem Fall hinterlässt der Täter kaum Spuren, was die Ermittlungen stark erschwert.

Duvall bespricht den Fall am Abend jedoch mit ihrem Ehemann, der in einem Polizeirevier in Westminster, nicht weit von Golden, arbeitet. Er erinnert sich an einen sehr ähnlichen Fall und rät ihr, sich mit Det. Grace Rasmussen in Verbindung zu setzen, die den Fall in Westminster bearbeitet. Ihre Rolle wird von der Australierin Toni Collette gespielt, welche unter anderem auch bei Hereditary und Knives Out mitgewirkt und überzeugt hat. Die beiden Ermittlerinnen merken schnell, dass es sich um den gleichen Täter handeln muss und fahren deshalb gemeinsam mit den Ermittlungen fort. Doch auch Maries Geschichte geht weiter.

Det. Karin Duvall (Merritt Wever) und Det. Grace Rasmussen (Toni Collette)
Det. Karin Duvall (Merritt Wever) und Det. Grace Rasmussen (Toni Collette) | Bild: Netflix

Was die beiden Storylines gemeinsam haben

Zwischen den beiden Geschichten liegen am Anfang ganze drei Jahre auseinander – erst am Schluss werden diese zu einem Handlungsstrang verknüpft. Von Aussen betrachtet scheinen die beiden Stränge nicht viel gemeinsam zu haben. Klar, die beiden Polizistinnen aus Colorado suchen, ohne es zu wissen, den Vergewaltiger von Marie. Aber die Probleme, mit denen Marie und die beiden Ermittler zu kämpfen haben, unterscheiden sich grundsätzlich stark. Marie hat mit Hassbotschaften, Problemen bei der Arbeit und mit dem Gericht zu kämpfen, während Duvall und Rasmussen einen Verbrecher suchen.

Meiner Meinung nach verbindet die beiden Geschichten vor allem die Kritik am US-Justizsystem. Marie wird von der Polizei bedrängt und schliesslich vor Gericht gestellt. Ihre Geschichte kritisiert das Vorgehen der Polizei.

Der komplizierte Weg durch die Bürokratie
Der komplizierte Weg durch die Bürokratie | Bild: Netflix

Auch Karen Duvall und Grace Rasmussen kritiseren die Organisation der Polizei – denn Fälle werden kaum unter den Bezirken ausgetauscht. Wenn Verbecher also ihre Verbrechen in verschiedenen Bezirken oder Bundesstaaten begehen, werden diese meist nicht in Verbindung gebracht. Auch merken die beiden, dass viele Verbrechen, vor allem häusliche Gewalt, von Polizisten begangen werden. Jedoch können sie nichts dagegen unternehmen, da es fast unmöglich ist, gegen andere Polizisten Ermittlungen einzuleiten.

Bei Unbelievable ist für alle etwas dabei

Unbelievable hat mich sehr überzeugt. Obwohl es sich streng genommen um eine Krimiserie handelt, ist diese sehr abwechslungsreich aufgebaut. Durch Maries Geschichte wird der Fall auch aus der Sicht des Opfers erzählt. Auch erhalten wir einen tiefen Einblick in die Denkweisen der beteiligten Ermittler. Im Gegensatz zu vielen anderen Krimiserien liegt der Fokus auch stark auf dem Zeitpunkt nach dem Abschluss der Ermittlungen. So bleibt Zeit, die Story korrekt abzuschliessen, um ein zu abruptes Ende zu vermeiden. Dies ist in diesem Fall sehr gut gelungen, der Abschluss ist hübsch gestaltet, wenn auch ein bisschen klischeehaft – aber ab und zu muss das halt sein. Aufgrund der grossen Vielfalt der Geschichte kann ich Unbelievable wärmstens empfehlen – und zwar nicht nur an Fans von Krimiserien.