Die Kultfigur Sherlock Holmes wurde schon in diversen Filmen und Serien in den Mittelpunkt eines spannenden Abenteuers gerückt. Nun steht für einmal nicht der britische Gentleman selbst, sondern seine kleine Schwester im Vordergrund. Mit Enola Holmes präsentierte uns Netflix Ende September des vergangenen Jahres einen witzigen Kriminalfilm, der von den meisten Kritikern und Zuschauern gelobt worden war.
Spoilerwarnung: Dieser Artikel enthält leichte Spoiler zur Handlung des Films
Die kleine Schwester des britischen Meisterdetektivs
Enola Holmes wird von ihrer Mutter Eudoria in einem abgelegenen Landhaus erzogen. Hier bringt die rätselliebende Mutter der kleinen Enola nicht nur Wissenschaften und Schach bei. Auch Bogenschiessen, Fechten und Selbstverteidigung gehören zu den täglichen Trainingseinheiten. Am Morgen ihres 16. Geburtstags muss Enola jedoch feststellen, dass ihre Mutter spurlos verschwunden ist. Die aufgeweckte und schlaue Enola beginnt natürlich sofort damit, den Verbleib ihrer Mutter zu hinterfragen und Nachforschungen anzustellen. Wurde sie entführt, oder aber hat sie ein Geheimnis?
Ganz alleine ist Enola bei ihren Ermittlungen aber nicht. Ihre beiden Brüder, Sherlock und Mycroft, kommen auf dem Landsitz an. Enola vergöttert ihren grossen Bruder Sherlock und dessen Fähigkeiten als Detektiv. Trotzdem bleiben dessen Ermittlungen zu Anfang ohne Erfolg. Mycroft wiederum, der aufgrund des Verschwindens von Enolas Mutter nun ihr Vormund ist, hat ganz andere Pläne. Seiner Meinung nach ist das Verschwinden der Frau nicht weiter erstaunlich oder besorgniserregend. Vielmehr nutzt er die Abwesenheit ihrer gemeinsamen Mutter, um Enola in ein Mädchenpensionat zu stecken. Dort soll das aufgeweckte Mädchen zu einer ehrbaren, vernünftigen Frau erzogen werden und so ist sie nun doch auf sich alleine gestellt.
Das Verschwinden ihrer Mutter lässt Enola keine Ruhe und so beschliesst sie bald, aus dem Pensionat zu fliehen und sich auf nach London zu machen. Hierfür besteigt sie, als Junge verkleidet, einen Zug und lernt den jungen Lord Tewksbury kennen. Der Junge sollte eigentlich für einen militärischen Einsatz ins Ausland geschickt werden, weshalb auch er sich auf der Flucht befindet. Zudem scheint ihm ein gefährlicher Mann, der sich ebenfalls im Zug befindet, nach dem Leben zu trachten. Gemeinsam gelingt Tewksbury und Enola die Flucht und sie erreichen London. Enola fährt mit den Nachforschungen bezüglich Eudoria Holmes fort, wofür sie nicht nur ihr Aussehen, sondern auch ihr gesamtes Auftreten verändern muss. Kann Enola das Rätsel um das Verschwinden ihrer Mutter lüften, und wie genau hängt der junge Lord Tewksbury mit diesen Geschehnissen zusammen?
Hollywood-Grössen und eine Sechzehnjährige als Produzentin
Der Film Enola Holmes entspringt der gleichnamigen Buchreihe der US-amerikanischen Autorin Nancy Springer. Sie hat bereits über 50 Bücher für Kinder und Jugendliche geschrieben, mit Enola Holmes wurde 2020 nun erstmals einer ihrer Romane verfilmt. Die Hauptrolle des Films übernimmt die sechzehnjährige Schauspielerin Milly Bobby Brown. Des Weiteren war sie gemeinsam mit Paige Brown und Mary Parent für die Produktion dieser Kriminalkomödie verantwortlich. Brown ist vielen durch ihre Rolle in der Mystery-Serie Stranger Things bekannt, in der sie ein Mädchen mit übernatürlichen Kräften verkörpert.
Obschon Milly Bobby Brown aufgrund ihres jungen Alters noch relativ wenig filmische Erfahrung gesammelt hat, spielt sie Enola Holmes sehr überzeugend. Die aufgeweckte, schlaue Art der Teenagerin nimmt man der britischen Schauspielerin sofort ab und auch mit actionreichen Szenen kommt das Mädchen gut zurecht. Innerhalb des Casts ist sie für mich, obwohl sie die Hauptrolle spielt, aber nicht das eigentliche Highlight. Auch andere Hollywood-Grössen arbeiteten an Enola Holmes mit, allen voran die britische Schauspielerin Helena Bonham Carter. Carter ist für mich eine der besten Charakterdarstellerinnen derzeit, da sie in jedem Film und in jeder Rolle aufblüht und ihr Publikum mit ihrer ganz eigenen Art verzaubert. Bekannt geworden war mir die Schauspielerin besonders in ihrer Rolle der Bellatrix Lestrange in den Harry Potter-Filmen. Doch auch vor Kurzem hatte sie in der Komödie Oceans Eight erneut eine tolle Leistung abgeliefert.
Neben Milly Bobby Brown und Helena Bonham Carter hat es eine weitere Hollywood-Grösse in den Cast von Enola Holmes geschafft. Der Superman– und Witcher-Darsteller Henry Cavill verkörpert den Meisterdetektiv Sherlock Holmes. Dies tut er nicht schlecht, doch ich muss zugeben, dass mir andere Schauspieler in der Rolle des britischen Detektivs besser gefallen haben. Allerdings soll der Fokus nicht auf Sherlock, sondern seiner Schwester liegen und für diesen Zweck reichen die Leistungen von Cavill allemal.
Enola Holmes ist eine durchschnittliche Komödie mit einigen Highlights
Von vielen Kritikern und Zuschauern war der Film Enola Holmes gelobt worden oder hatte zumindest solide Bewertungen bekommen. Tatsächlich hat die Kriminalkomödie einiges zu bieten. Einerseits spricht sie wichtige Themen wie die Emanzipation an und verpackt diese damals und heute wichtigen Aussagen in ein spannendes Abenteuer. Andererseits hat diese Moral eine eher zweitrangige Rolle innerhalb der Geschehnisse, und die spannende Geschichte Enolas liegt im Vordergrund. Doch ist diese Geschichte tatsächlich spannend? Nun, von einigen Passagen hatte ich mir mehr erhofft und zeitweise ist der Film sehr langfädig. Leider kommen auch die Rätsel im Stil eines Sherlock Holmes-Filmes ein wenig zu kurz.
Positiv zu benennen sind die schauspielerischen Leistungen aller Protagonisten, allen voran natürlich Milly Bobby Browns. Interessant ist, dass sie immer wieder die sogenannte vierte Wand durchbricht, den Zuschauer also direkt anspricht. Dies macht den Film, der leider nicht immer spannend ist, zumindest abwechslungsreicher. Zu guter Letzt sind auch die Kulissen und Kostüme des Englands 1884 gut ausgewählt und schön in Szene gesetzt.
Insgesamt gehört Enola Holmes sicherlich nicht zu meinen Netflix-Favoriten des Jahres 2020. Viel zu vorhersehbar und auch langfädig ist die Story, um einen meiner Meinung nach guten Film produzieren zu können. Möglicherweise liegt dies daran, dass eine Sechzehnjährige massgeblich für die Produktion dieses Netflix-Films verantwortlich gewesen ist. Enola Holmes unterhält trotzdem, zumindest meistens. Für einen Filmeabend, bei dem gegenüber den Filmen keine allzu grossen Erwartungen bestehen, eignet sich diese Komödie sehr gut. Ein zweites Mal würde ich mir Enola Holmes allerdings nicht ansehen.
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