Ambulance: Michael Bays neuester Action-Streich lässt dem Zuschauer keine ruhige Minute

Ab heute gibt es im Kino einen neuen Michael Bay-Film zu sehen. In Ambulance erleben wir, wie Jake Gyllenhaal und Yahya Abdul-Mateen II eine Bank ausrauben und eins nach dem anderen schiefgeht. Nach dem Action-Kracher 6 Underground, der von vielen Kritikern in der Luft zerrissen wurde, ist Ambulance Bays neueste Regiearbeit. Doch lohnt sich der Gang ins Kino für diesen Film?

Wenn ein Bankraub schiefgeht…

William «Will» Sharps Ehefrau hat einen heimtückischen Tumor und benötigt dringend eine Operation. Doch aufgrund von Wills Arbeitslosigkeit schiebt seine Krankenkasse das Problem gerne vor sich hin. Er benötigt also dringend Geld. Doch wie gerät man so schnell an 238 000 Dollar? So kommt es, dass Will seinen Bruder Danny aufsucht, mit dem er seit langem keinen Kontakt mehr hatte. Und dies aus gutem Grund: Ihr Vater war einst in grosse, illegale Geschäfte verwickelt gewesen und offenbar ist auch Danny den krummen Dingen nicht abgeneigt. Er ist bereit, seinem Adoptivbruder zu helfen, verlangt jedoch seine Hilfe beim nächsten Coup. Als ehemaliger Marine mit Kampfeinsätzen in Kabul passt er hervorragend ins Gangster-Team. Ihr Ziel: Einen Überfall auf die LA Federal Bank in Los Angeles; im Tresor sind 32 Millionen Dollar gelagert.

Mithilfe eines vorgetäuschten Geldtransfers überfallen die Gauner die Bank, werden jedoch von Police Officer Zach und seinem Partner ertappt. Noch dazu wurde Dannys Team seit Wochen von einer behördlichen Spezialeinheit überwacht, die den Bankräubern auflauert und ebenfalls eingreift. Danny und seine Leute versuchen mit der Beute zu fliehen, allerdings erweist sich das als schwierig. Will schiesst im Gerangel Zach an und Dannys restliches Team stirbt im Kugelhagel. Derweil wird die Rettungssanitäterin Camille «Cam» und ihr Kollege ins Parking gerufen und leisten Officer Zach erste Hilfe.

Doch als sie den schwer verletzten Zach ins Krankenhaus bringen wollen, werden sie von Danny und Will gestoppt. Um sich aus der umstellten Bank zu befreien, bleibt den beiden nichts anderes mehr übrig, als den Krankenwagen zu entführen und damit zu fliehen. So liefern sich die beiden mit der Polizei, der Spezialeinheit und sogar dem FBI ein Katz-und-Maus-Spiel durch Los Angeles. Doch die Zeit tickt! Schliesslich liegt Zach im Sterben und muss dringend ins Krankenhaus. Einen Polizistenmord wollen Danny und der von Schuld geplagte Will mit Sicherheit nicht riskieren…

Wo Bay draufsteht, ist auch Bay drin

Die Transformers-Reihe, 6 Underground, 13 Hours, Bad Boys oder Armageddon –All diese Werke gehen aufs Konto von Michael Bay. Daneben hat er bei Blockbustern wie Teenage Mutant Ninja Turtles, A Quiet Place oder Bumblebee als Produzent mitgewirkt. All diese Streifen zeichnen sich durch rasante Action, viel Pyrotechnik und Schiessereien sowie den deutlich spürbaren amerikanischen Patriotismus aus. All diese Elemente sind auch in Ambulance zu finden. Doch der Reihe nach. Wer sich in den gemütlichen Kinosessel zurücklehnen und entspannt Bay neuestes Werk betrachten möchte, ist hier fehl am Platz. Bereits nach einer gefühlten Viertelstunde nimmt der Film an Fahrt auf und bleibt auf einem Level, welches die höchste Konzentration erfordert –  und dass während der knapp 2-stündigen Laufzeit. 

Kreative Kameraführung wertet Ambulance auf

Der Streifen ist nicht nur sehr schnell geschnitten, sondern wartet mit einer erstaunlichen Kameraführung auf. Dazu zählen wackelige Aufnahmen, Schwenks und ultraschnelle Flugaufnahmen. Letztere sind besonders auffällig und wurden so noch nie in einem Film gezeigt. Das liegt mitunter daran, dass hier neuartige FPV-Drohnen eingesetzt wurden. Diese Art von Drohnen sind für ihre Wendigkeit bekannt und ermöglichen dadurch besonders rasante Flugaufnahmen. Dabei wird die Drohne mittels des Einsatzes einer VR-Brille oder eines Monitors geflogen.

Anders als handelsübliche Drohnenkameras haben die Filmemacher zudem die RED Komodo-Kinokamera auf die Drohnen montiert, um die maximale Bildqualität zu erreichen. Ferner sind auch, wie bei Bay-Streifen üblich, schöne Lensflare- und Zeitlupen-Aufnahmen zu sehen. Allerdings gibt es auch zahlreiche Szenen, die extreme wackelige Aufnahmen beinhalten und eher an der Grenze der Sehgewohnheiten liegen. Da es sich aber um kurze Sequenzen handelt, lässt sich darüber hinwegsehen. Die Stunts wirken waghalsig und sind gut inszeniert worden. Optisch betrachtet, ist Ambulance daher ein Highlight, welches die grosse Leinwand verdient. 

Weniger Heist, mehr Action

Doch wie sieht es storymässig aus? Hier muss man erwähnen, dass es sich hier um ein Remake des gleichnamigen dänischen Films aus dem Jahr 2005 handelt. Dieser wirkt im Trailer eher wie ein Fernsehfilm und ist bei weitem nicht so actionmässig wie Bays neuster Streifen. Da ich das Original aber nicht gesehen habe, kann ich da nichts dazu sagen. Festzustellen ist, dass es sich bei Ambulance jedenfalls nicht um einen typischen Heist-Film à la Oceans Eleven, Inside Man oder Safe handelt. Dazu liegt der Fokus viel zu stark auf der haarsträubenden Verfolgungsjagd im Krankenwagen.

Zudem ist der Bankraub, im Vergleich zu den oben erwähnten Werken, nicht wirklich sauber durchdacht und eher plump ausgeführt worden. Da gab es in der Vergangenheit clevere Verbrecher. Hier gibt es auch eine kleine Unstimmigkeit in der Story: Danny soll gemäss dem FBI bereits mehr als 15 Banken überfallen haben. Bei diesem Erfahrungsschatz sollte er daher doch schon etwas kreativere Methoden entwickelt haben, oder nicht?

Rasante Story lässt keine Verschnaufpause zu

Man merkt also, dass Bay hier eindeutig das Katz-und-Maus-Spiel in den Vordergrund rücken und so actionreich wie möglich präsentieren wollte. Und dies ist durchaus gelungen, zumal diese Jagd eine gefühlte Ewigkeit dauert und und die Spannung daher auf einem stetigen Level bleibt. Auch werden laufend neue Figuren eingeführt, die sich an der Verfolgungsjagd beteiligen. Es gibt kleinere «Pausen», zum Beispiel dann, wenn die Polizei sich zu Besprechungen zurückzieht oder die Gauner ihren Fluchtplan ergänzen. Diese Momente sind aber nur von kurzer Dauer, sind ebenfalls schnell geschnitten und lassen dem Zuschauer keine Zeit, vom rasanten Geschehen auf der Leinwand zu verschnaufen. Das ist ein Minuspunkt, da das Filmtempo sehr schnell ist und die Gefahr läuft, gedanklich abzuschweifen. Ich habe mich zudem gefragt, ob es überhaupt nötig war, diese Geschichte auf knapp zwei Stunden auszudehnen.

Unnötige Szenen dehnen Ambulance aus

Dies, da es Szenen gibt, die nicht gross zur Story beitragen und wohl nur dazu da sind, um auf die Laufzeit zu kommen. So wird beispielsweise eine Paartherapie-Szene gezeigt, um FBI-Agent Anson Clark einzuführen. Sein Ehepartner beklagt sich darüber, dass Clark die Beziehung aufgrund seines Arbeitsvolumens vernachlässigt. Die Sitzung wird durch eine SMS über den Bankraub arg beendet; es gibt auch später keinen Bezug mehr auf den Ehepartner. Hier wurde wohl versucht, der Nebenfigur Clark eine Tiefe zu geben, allerdings ist das, meiner Meinung nach, nicht sonderlich geglückt. Auch gibt es eine improvisierte Videokonferenz-Not-Operation im Krankenwagen zu sehen, die so unrealistisch präsentiert wird, dass die Szene schon wieder gelungen aussieht. Ich gehe aber nun nicht weiter auf die Realität der gezeigten Momente ein, dies würde den Rahmen deutlich sprengen.

Tolles Schauspiel-Trio trägt den Film

Sehr gelungen ist das Schauspiel der drei Hauptdarsteller Jake Gyllenhaal, Yahya Abdul-Mateen II und Eiza González. Gyllenhaal spielt Danny, der zwischen Coolness und verzweifeltem Wahnsinn hin und her wechselt sehr überzeugend. Hier zeigt sich die Wandelbarkeit des Donnie Darko-Stars. Abdul-Mateen II, den wir zuletzt in Candyman und Matrix Resurrections sehen konnten, ist als Dannys Adoptivbruder Will zu sehen. Die beiden harmonieren trotz der unterschiedlichen Ansichten über ihre Taten gut miteinander. Spannend ist zu sehen, wie weit Will geht, um seine Frau zu retten und mit seinen Gefühlen sowie der Moral kämpft. Mich hat er mit seinem Beweggrund ein bisschen an den Inhalt des Tony Scott-Films John Q- Verzweifelte Wut erinnert. In I Care a Lot war Eiza González noch als durchtriebene Fran zu sehen, nun rettet sie als taffe Cam in Ambulance Leben. Auch sie fügt sich gut in die Geschichte ein und macht eine gute Figur. Mit ihrer direkten Art weiss sie sich gegenüber ihren Arbeitskollegen und den Gaunern zu behaupten. 

Mein Fazit zu Ambulance

Michael Bay-Fans werden an seinem neuesten Streifen ihre Freude haben und kommen ganz auf ihre Kosten. Zumal sich auch kleine Anspielungen auf sein Schaffen wiederfinden. Ambulance bietet schöne Action-Momente und fügt sich gut ins Werk von Bay ein. Auffallend sind das rasante Tempo und die durchgehende Spannung des Films, die keine Zeit zum Zurücklehnen bietet. Für Freunde des ruhigen Films mit tiefsinniger Story ist dieser Film daher nicht geeignet. Dennoch ist der Besuch eines Kinos empfohlen, da die Stunts und Kameraarbeit sehr zur Geltung kommen. Das betrifft auch der von Lorne Balfe komponierte Soundtrack, der die Szenen passend ergänzt. Ambulance läuft ab jetzt in den Kinos.