Seit kurzem läuft die Tragikomödie Ein Mann namens Otto in den Kinos. Darin erleben wir Tom Hanks als mürrischen Rentner. Der Stoff ist nicht neu, sondern basiert auf das schwedische Orignal Ein Mann namens Ove aus dem Jahre 2015. Unser Gastautor Sandro Biener hat sich beide Filme angeschaut und vergleicht in diesem Beitrag die beiden Werke. Wie gut ist die Neuverfilmung und kann sie es mit dem Original aufnehmen?
Ein Mann namens Ove (2015)
Ein Mann namens Ove ist eine 2015 veröffentlichte schwedische Tragikomödie von Regisseur Hannes Holm. Sie ist nach einem gleichnamigen Roman von Fredrik Bachman 2012 erschienen. In den Hauptrollen sind Rolf Lassgård, Viktor Baagøe und Filip Berg, die Ove in jüngeren Jahren verkörpern, zu sehen.
Der Film erzählt die Geschichte von Ove, der als Witwer in einer Einfamilienhaussiedlung lebt. Dort achtet er täglich innerhalb seiner Kontrollgänge auf das Einhalten seiner zahlreich eingeführten Verbote. Tief deprimiert vom kürzlichen Tod seiner geliebten Frau Sonja fehlt ihm allerdings auch jeglicher Lebenswille. Zudem erfüllt sein Umfeld sein Übriges, um ihm den letzten Nerv zu rauben. Als er gerade dabei ist, sich sein Leben zu nehmen, um seiner Frau wie versprochen zu folgen, verhindert allerdings ein Missgeschick der neu eingezogenen Nachbarn sein konsequent durchkalkuliertes Vorhaben. Eine emotionale Reise in die Vergangenheit, aber auch hin zu neuem Lebenssinn nimmt für Ove von nun an seinen Lauf.
Rolf Lassgård kann schauspielerisch punkten
Der Film lebt vor allem durch seinen grandiosen Hauptdarsteller Rolf Lassgård, der seinem Ove etwas zutiefst menschliches verleiht. Er wird dabei nicht als der grundlose Griesgram dargestellt. Der Zuschauer erhält nämlich dank zahlreicher bewegender Rückblenden die Möglichkeit zu erfahren, warum Ove einen solchen Zorn gegen alle, die nicht seinen Vorstellungen entsprechen, entwickelt. Es ist sein Hass gegen Ungerechtigkeit, die ihm bereits in der Vergangenheit widerfahren ist und die ihn zum zornerfüllten Kämpfer gegen erstmal jede negative und positive Veränderung aufschreien lässt.
Während hier vor allem andere ähnlich verlagerte Dramen in ihren teils zu konstruierten Rückblenden drohen im Kitsch zu ertrinken, gelingt Ein Mann namens Ove in genau solchen Momenten eine emotionale Tiefgründigkeit. Der Wechsel zwischen Ove in älteren und schliesslich jüngeren Jahren gelingt dem Film dabei auf spielerische Weise fliessend.
All die seelischen Narben durch tiefgreifende Schicksalsschläge, die Ove letztendlich erlebte, machten ihn jedenfalls zu dem teils vom Leben enttäuschten und misslaunigen Menschen in späteren Jahren. Durch diese Rückblenden gelingt dem Film auch eine moralisch wertvolle Botschaft, die sich für mich wie ein Liebesbrief an das Gute im Menschen zu verstehen gibt.
Ein tiefgründiges Gefühlskino
Während der Film dabei vor allem als Drama funktioniert, kann er auch immer wieder mit vereinzelten schwarzhumorigen Momenten überzeugen, die sich aber auch schlagartig wieder in tieftraurige Szenen umkehren. Rolf Lassgård schafft es dabei sowohl die misslaunigen Miene als auch den langsam zum eigenen Frieden beseelten Mann absolut glaubwürdig zu verkörpern. Fazit: Ein Mann namens Ove ist ein tiefgründiges Gefühlskino, das dank Rolf Lassgård und seinen emotional tiefgründigen Rückblenden absolut überzeugen kann.
Ein Mann namens Otto (2023)
Bei Ein Mann namens Otto handelt es sich nun um das 2023 erschienene Remake, realisiert von Regisseur Marc Forster. Dieser ist für seine Inszenierungen wie Monster’s Ball, Wenn Träume fliegen lernen, James Bond – Ein Quantum Trost, World War Z und zuletzt Christopher Robin bekannt.
In den Hauptrollen sind Tom und Truman Hanks als alter und junger Otto Anderson sowie die mexikanische Schauspielerin Mariana Treviño als freundliche Nachbarin Marisol zu sehen. Tom Hanks produzierte den Film darüber hinaus zusammen mit seiner Frau Rita Wilson und weiteren Produzenten.
Da es sich um ein Remake handelt, ist die Handlung dieselbe wie beim Original. Es wurden jedoch geringfügige Änderungen vorgenommen, auf die weiter unten eingegangen wird.
Wie überzeugend ist Ein Mann namens Otto?
Ein Mann namens Otto kann als Tragikomödie absolut überzeugen. Der von Tom Hanks verkörperte Otto darf dabei noch einige Nuancen facettenreicher agieren als Rolf Lassgård. Durch Hanks Schauspiel, dass noch etwas mehr den guten Menschen hinter Otto hervorscheinen lässt, erhält der Film dabei trotz zahlreich übernommenen Handlungselementen des Originals eine lebendige Eigenständigkeit. Dennoch bleibt Marc Forster dem schwedischen Original Szene für Szene treu und amerikanisiert lediglich für sein Remake vereinzelte kleine Handlungsstränge. Diese fangen bei den offensichtlich geänderten Namen an und erstrecken sich bis zur Herkunft von Ottos Umfeld sowie ein etwas grösserer Fokus auf die Themen der Diversität und Geschlechtsidentität. Während Ove sich zudem mit einem Saab begnügt, setzt Otto auf seinen Chevrolet.
Dabei hat der Film auch ebenso humorige Momente, die treffsicher ein herzhaftes Lachen innerhalb der dramatischen Szenerie mit Tiefgang ermöglichen. Nur jene schwarzhumorigen Spitzen, die das Original auszeichneten, werden hier aus meiner Sicht nicht erreicht. Dies ist wohl damit zu erklären, dass man mit dieser familienfreundlicheren Ausrichtung eine etwas breitere Zuschauerschaft erreichen möchte. Otto ist damit nicht der ganz so extreme spiessbürgerliche Grenzgänger wie Ove.
Ein paar dramaturgische Veränderungen beim Remake
Trotz der etwas längeren Laufzeit ist der Film nicht ganz so emotional tiefgründig wie sein Original. Dies, da zum Beispiel die Rückblenden nicht den gleichermassen grossen Raum einnehmen und Elemente wie seine Kindheit oder auch die Beziehung zum Vater kaum stattfindet. Das schadet Ein Mann namens Otto aber keinesfalls und macht den Film in vielerlei Hinsicht kurzweiliger und rückt den Fokus stärker auf Ottos Gegenwart.
Während darüber hinaus Ein Mann namens Ove direkt zu Beginn den Grund seines späteren Vorhabens abliefert, wird bei Ein Mann namens Otto direkt zu Beginn sein geplanter Selbstmord thematisiert und der Grund hierfür im Nachhinein aufgeschlüsselt. Dadurch entfernt sich die amerikanische Verfilmung teils von der Romanvorlage. Ebenso hat man darüber hinaus für das Ende ein paar Anpassungen vorgenommen.
Für den Soundtrack zum Film kann dann schliesslich Thomas Newman (Die Verurteilten, American Beauty, Findet Nemo) stilsicher mit atmosphärischen Klängen punkten, die sich wie ein warmer Schleier in die Geschichte integrieren. Ebenso überzeugt der von David Hodges und Rita Wilson geschriebene Titelsong Til You’re Home mit seiner berührenden Melodie.
Mein Fazit zu Ein Mann namens Otto
Ein treffsicheres amerikanisches Remake, das dem schwedischen Original fast in nichts nachsteht. Jegliche Freiheiten zur Originalvorlage und abgeänderte Handlungselemente sowie verkürzte Rückblenden, macht Ein Mann namens Otto dabei eine ganze Nummer kurzweiliger. Mit Tom Hanks in der Hauptrolle lebt das Remake zudem von einem facettenreicheren Hauptdarsteller, dem der gut gemeinte Wille noch etwas deutlicher ins Gesicht geschrieben steht. So kann der Film aus dieser schauspielerischen Perspektive das Original sogar etwas hinter sich lassen. Alles in allem jedenfalls ein runder Film, der den Glanz der alten Hollywood-Komödien mit Tiefgang ein Stück weit zurückholt.
Über unseren Gast-Autor
Sandro Biener veröffentlicht unter dem Namen Sany 3000 Film-Rezensionen auf Amazon und auf Wattpad. Er beantwortet auch gerne Fragen über Filme und Serien auf Gutefrage.net. Zudem produziert er Megamixes von bekannten Sängern sowie weitere diverse Videos. Diese findet ihr auf seinem YouTube-Kanal. Hier findet ihr seine Profile.
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