Seit Ende März läuft Kleine schmutzige Briefe (Wicked Little Letters) von Thea Sharrock in den Kinos. Darin erleben wir The Crown-Star Olivia Colman, Jessie Buckley und Timothy Spall in einem lustigen Abenteuer im englischen 19. Jahrhundert. Und es basiert sogar auf wahren Begebenheiten. Was heutzutage als Hate-Speech oder Trolling auf Social Media gelten würde, wird in diesem Film brieflich ausgetragen. Doch taugt die Komödie, die am letzten Zurich Film Festival präsentiert wurde, überhaupt etwas?
Das Gefluche von Littlehampton
England, 1920: Das kleine Küstendörfchen Littlehampton ist in heller Aufruhr. Verschiedene Bewohner, insbesondere die Familie Swan erhalten seit einiger Zeit Briefe, die nicht gerade freundlich sind. So strotzen diese nur so von schlimmen Schimpfwörtern und viel Gefluche. Nicht gerade die feine englische Art. Schnell fällt der Verdacht auf die Nachbarin Rose Gooding, die für ihr loses Mundwerk bekannt ist. Die Familie Swan, bestehend aus den Eltern Victoria und Edward sowie die brave Tochter Edith, versucht der schnoddrigen Dame das Handwerk zu legen. Schliesslich steht der gute Ruf auf dem Spiel. Rose bleibt nichts anderes übrig, als um jeden Preis ihre Unschuld zu beweisen. Dies, da sie eine kleine Tochter hat und die Gefahr besteht, dass sie das Sorgerecht verlieren könnte. Doch wer könnte Interesse daran haben? Hilfe erhält Rose von der Polizistin Gladys Moss und sogar von Ediths Bridge-Kolleginnen. Gladys hat derweil Mühe, sich vor ihren Chefs zu beweisen. Werden die unkonventionellen Detektive Rose helfen können?
Ungewöhnliche Pferformances von Colman, Buckeley und Spall
Kleine schmutzige Briefe wurde von Thea Sharrock realisiert. In den Hauptrollen erleben wir Olivia Colman, Jessie Buckley und Timothy Spall. Eine spannende Zusammensetzung, zumal diese Personen nicht gerade für komödiantische Unterhaltung bekannt sind. Vielmehr ist dieses Trio für ernsthafte Charakter-Darstellungen bekannt. Jessie Buckley und später Olivia Colman fluchen, was das Zeug hält. Gerade von Colman hat man so etwas in den letzten Jahren noch nie gesehen. Gut, ihre Rolle als Queen Elizabeth II. aus The Crown, Sonya Falsworth aus Secret Invasion oder Anne aus The Father liessen solches Gefluche nicht gerade zu. Dennoch interessant zu sehen, wie Colman ihre Wandelbarkeit einmal mehr unter Beweis stellt. Mit ihrem eher schüchternen Schauspiel ist sie ein ruhiger Pol zu all den hitzigen Szenen.
Wahre Begebenheiten vs. Fiktion
So unglaublich die Story auch klingt, so wahr ist sie auch. Der Fall hat sich im frühen 20. Jahrhundert in Littlehampton zugetragen. Für den Film wurde die Geschichte jedoch adaptiert, ein paar der Figuren und viele Handlungsstränge sind fiktiv. Tatsächlich führten die Nachforschungen damals sogar zu einem Justizirrtum. Es gab vier Strafprozesse, bevor der wahre Schuldige endlich bestraft wurde. Erst als ein Detektiv der Metropolitan Police sich damit befasste, konnte Licht ins Dunkel gebracht werden. Der Fall forderte die Polizei und die Staatsanwaltschaft so sehr wie jedes Kapitalverbrechen. In der Inszenierung zeigt die Polizistin Gladys Moss ein enormes Engagement und will den Fall unbedingt lösen. Ihre Chefs und sogar die Opfer setzen sie herab und verweisen auf ihre untergeordnete Stellung in der Gesellschaft. Dadurch wird sie mutiger und entwickelt sich vom Underdog zur unverzichtbaren Helferin. Ich persönlich fand das spannend zu sehen. Obwohl dieser Teil der Geschichte wohl fiktiv ist, zeigt es, wie gut man einen gesellschaftskritischen Aspekt in einem kuriosen Fall der 1920er-Jahre einbauen kann.
Mein Fazit zu Kleine schmutzige Briefe
In der Regel wird der Täter oder die Täterin in Krimis ja erst am Schluss bekanntgegeben. In dieser Inszenierung gibt es das nicht und man sieht bereits in der Mitte, wer hinter diesem Geschreibsel steckt. Ich finde, das nimmt dem Film ein bisschen die Spannung weg. Man rätselt dann selbst, was diese Person dazu bewegt, solche Briefe zu schreiben und bewusst einer Person zu schaden. Ich habe das Gefühl, die Drehbuchautoren wollten endlich mal einen Film mit viel Gefluche schreiben und haben daher die Krimigeschichte nicht wahnsinnig stark in den Vordergrund gerückt. Ein sauber ausgearbeitetes Whodunit-Stück à la Knives Out ist das jedenfalls nicht. Ansonsten ist der Film von der Aufmachung her sehr klassisch inszeniert. Es gibt weder rasante Kamerafahrten noch sonst etwas Besonderes. Somit erinnert der Look stark an einen Fernsehfilm. Bildgewaltige Szenen, wie man sie gerne auf der Grossleinwand sehen möchte, findet man nirgends. Aber das ist bei Komödien ja nicht erstaunlich.
Hat Kleine schmutzige Briefe eine Post-Credit-Scene?
Nein, der Film besitzt keine Post-Credit-Szene. Dafür gibt es einen hübsch gestalteten Abspann. Es sind jedoch schöne Animationen von Illustrationen zu sehen. Diese sind der Thematik des Films angepasst. Zudem werden die originalen Briefe des Falls sowie ein Text über die wahren Begebenheiten eingeblendet.
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