Und wieder bringt Disney ein Remake einer seiner bekannten Zeichentrickfilme in die Kinos. Nebst Maleficent, Das Dschungelbuch und Die Schöne und das Biest, darf sich auch Aladdin zu den im Vorfeld eher umstrittenen Realverfilmungen zählen. Ich habe als Kind nebst dem Film und dessen Nachfolgern, auch die gleichnamige Serie gekuckt. Demzufolge war meine Erwartungshaltung ziemlich gross. Wurde sie auch erfüllt?
Zur Geschichte von Aladdin
Dschafar (Marwan Kenzari), Bösewicht und Groswesir des Sultans will die Macht über das Königreich Agrabah erlangen. Dazu benötigt er die sagenumwobene Wunderlampe aus der Wunderhöhle, die nur von einem Mann mit einem reinen Herz gefunden werden kann. Währenddessen schlägt sich der junge Dieb Aladdin (Mena Massoud) mit seinem Äffchen Abu durch die Strassen Agrabahs und trifft zufälligerweise auf Prinzessin Jasmin (Naomi Scott), die sich unerkannt unters Volk gemischt hat, um sich eine Auszeit vom strengen Palastleben zu gönnen. Aladdin verliebt sich in Jasmin, rettet sie aus einer misslichen Lage und wird später durch Dschafar überredet, in die Höhle einzudringen und ihm die Lampe zu besorgen.
Bei der Erkundung der Wunderhöhle trifft Aladdin auf einen fliegenden Teppich und den Flaschengeist Genie (Will Smith) der ihm drei Wünsche gewährt. Dies nutzt Aladdin aus, um sich als Prinz ausgeben und Jasmin erobern zu können. Nur hat er die Rechnung nicht ohne Dschafar gemacht, dem der junge Mann irgendwie bekannt vorkommt.
Kann Will Smith mit Robin Williams mithalten?
Der Film bekam bereits in der Vorproduktion grosse mediale Aufmerksamkeit: Will Smith als Genie und Guy Ritchie als Regisseur? – in Foren und Kommentarspalten wurde Vieles heiss diskutiert. Auch die Trailer sorgten für Aufregung. Besonders Smiths Auftritt als Genie erntete Häme und Spott, erinnerte er doch an einen überdimensionalen Schlumpf mit seinem blauen Make-up. Smith hatte aber auch keine einfache Aufgabe: Als der gleichnamige Zeichentrickfilm 1992 in die Kinos kam, lieh Robin Williams dem blauen Flaschengeist seine Stimme und sorgte mit seinem Humor und Improvisationstalent für eine unantastbare Performance.
Wenn man aber die Zeichentrick-Darstellung ausklammert und das Remake als ein eigenständiges Produkt ansieht, sage ich: Will Smith macht einen super Job! Seine Humor- und Rap-Erfahrungen lässt er gekonnt in die Darstellung einfliessen und verleiht seinem Genie eine coole und lässige Art. Zwar lässt sie sich nicht mit derjenigen von Robin Williams vergleichen, aber passt vor allem wegen Smiths Redetempo sehr gut zum Film.
Ritchie als Disney-Regisseur – kann das gut gehen?
Guy Ritchie (Sherlock Holmes, King Arthur, Snatch) inszeniert den Streifen mit einem unglaublichen Tempo und schnellem Schnitt. Wer sich auf eine Eins-zu-eins-Verfilmung wie bei Die Schöne und das Biest gefreut hat, wird enttäuscht. Allein der Anfang wird in gestraffter Form und anders dargestellt, als im Zeichentrickfilm. Auch gibt es die eine oder andere neue Figur, die zuerst als Sidekick agiert und zum Schluss noch eine grössere Aufgabe hat. Zudem wurden neue Handlungen eingefügt. Das alles verleiht Aladdin eine frische Note.
Leider verliert der Film mit der Zeit dann doch etwas an Tempo und somit wirkt das letzte Drittel eher langatmig, trotz einer gut gemeinten aber völlig übertriebenen Verfolgungsjagd. Der Stil von Guy Ritchie, der sich unter anderem mit Action-Sequenzen und Zeitlupeneffekten einen Namen gemacht hat, ist klar ersichtlich, aber spärlicher eingesetzt als beispielsweise bei Sherlock Holmes. Wahrscheinlich hatten die Produzenten von Disney ihre Hände im Spiel, um das Ganze doch noch ein bisschen familienfreundlich zu belassen.
Wenn die Musik spielt in Agrabah
Auch die Songs kommen nicht zu kurz. Die Musical-Szenen sind nach Disney-Manier aufwändig choreografiert und gekonnt in Szene gesetzt. Dies betrifft vor allem die Lieder «Arabische Nächte», «Schnell weg», «Nur’n kleiner Freundschaftsdienst» und «Ein Traum wird wahr». Anders als im Zeichentrickfilm, bekommt Jasmin die Möglichkeit, ein sehr kraftvolles Lied zu singen. Es scheint, als ob Disney das Motiv der starken Frau im Film besonders hervorheben wollte. Leider wirkt es hier ein bisschen zu künstlich und eher deplatziert – der Streifen ist mit 129 Minuten doch ein bisschen lang. Auch gibt es zwei Lieder, die aufgrund der etwas zu opulenten Inszenierung und übertriebenen Choreografie eher an eine Mischung aus Bollywood-Film und Highschool-Musical erinnern und das Ganze ein bisschen ins Lächerliche ziehen.
Beim Set-Design und den Spezial- sowie visuellen Effekten wurde nicht gespart, sondern alles mit viel Liebe zum Detail ausgearbeitet, um Agrabah und dessen Schauplätze in Szene setzen zu können. Besonders bemerkenswert ist die Ausstattung des Königspalasts und des Markts. Die Kostüme sehen sehr opulent und farbenfroh aus. Das ist eine der grossen Stärken dieser Disney-Produktion: Durch die Liebe zum Detail wird dem Film, von der Atmosphäre her, eine Glaubhaftigkeit vermittelt, die das Eintauchen in die Geschichte noch besser ermöglicht.
Guter Cast – nur Dschafar-Darstellung wirkt plump
Auch die schauspielerische Leistung ist bemerkenswert. Der Newcomer Mena Massoud spielt den charmanten Tagedieb Aladdin mit einer lockeren und charmanten Art, während Naomi Scott Prinzessin Jasmin die Eigenschaft einer selbstbewussten und verantwortungsvollen jungen Frau verleiht. Auch der Sultan wird besser dargestellt als im Zeichentrickfilm. Dort ist die Figur eher naiv, im Remake wirkt sie weiser und handelt überlegter. Nur bei der Schaupielerwahl von Dschafar war ich nicht zufrieden. Marwan Kenzari ist viel zu jung für die Rolle des Bösewichts und spielt den Charakter zwar bestimmt, aber ein bisschen zu brav. Dies lässt die Performance irgendwie unglaubwürdig und sogar ein bisschen nervtötend und gezwungen erscheinen. Hier dachte ich, als ich das erste mal vom Remake gehört hatte, bereits an Sir Ben Kingsley als Antagonisten mit Turban und Schlangenstock.
Was mir hingegen gefallen hat, ist die Umsetzung der computeranimierten Tiere wie Affe Abu, Papagei Jago und Tiger Rajah. Sie sehen sehr gut aus und verhalten sich, im Gegenteil zum Zeichentrickfilm, realistischer. So spricht Jago einerseits deutlich weniger und in abgehakten Sätzen, während Abu und Rajah keine übertriebene Mimik zur Schau stellen. Auch gibt es mehr Hintergrundinfos zu den Charakteren, beispielsweise erfährt man wieso Jasmin keine Mutter mehr hat oder woher eigentlich Dschafar stammt und was ihn zu dem gemacht hat, was er jetzt ist.
Fazit
Ich empfehle das Remake allen, die offen für eine andere, knackigere Umsetzung eines Disney-Klassikers sind. Die Leistung von Will Smith als Genie ist zwar bemerkenswert, kann aber unmöglich mit der von Williams verglichen werden, dazu sind die Filme von der Gesamtbetrachtung her zu unterschiedlich. Der Streifen bietet gute Musik, und Momente zum Schmunzeln und Staunen, trotz des teilweise schnellen Schnittes. Dennoch gibt es manchmal etwas übertriebene Stellen, die etwas deplatziert und übertrieben wirken. Weniger ist mehr, wäre in dem Fall sinnvoller gewesen.
Was sonst noch im Kino läuft, siehst du in unserer Übersicht.
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