Nicholas Hoult als Justin Kemp und Clint Eastwood in Juror #2

Juror #2 – Der moralisch-nachklingende Paukenschlag einer amerikanischen Filmikone!

Am 16. Januar lief mit Juror #2 Clint Eastwoods womöglich finaler Film in den deutschen Kinos an! Seit wenigen Tagen ist das Werk nun auch bei einigen Streaminganbietern wie Prime Video, Sky Store oder Apple TV+ kostenpflichtig zu finden! In den Hauptrollen ist das Gerichtsdrama mit Nicholas Hoult und Toni Collette besetzt worden. Juror #2 behandelt einen Mordprozess, für welchen der vorgeladene Geschworene Justin aufgrund eines Vorfalls womöglich verantwortlich sein könnte! Ob meine Entscheidung zugunsten des Films fällt oder ich Eastwoods filmischen Showdown kritisch verurteile, möchte ich euch innerhalb dieses schriftlichen Geständnisses offenbaren!

Nicholas Hoult als Justin und J.K. Simmons in Juror #2
Bild: © 2024 Warner Bros. Ent. All Rights Reserved

Ein Geschworener in der Zwickmühle

Inhaltlich beschäftigt sich sein Film mit dem Zeitschriftenjournalisten Justin Kemp. Seine Frau erwartet ein Kind, aber befindet sich in einer Risikoschwangerschaft. Justin wird in diesem ungelegenen Zeitpunkt als Geschworener eines Mordprozesses vorgeladen. Darin geht es um den Angeklagten James Sythe, der unter dem Verdacht steht, für den Tod seiner Freundin Kendall Carter verantwortlich zu sein, da beide eines Abends einen heftigen Streit in einer Bar hatten.

Dabei findet Justin, der sich von seiner Alkoholsucht erholen konnte, heraus, dass er am genannten Abend in der gleichen Bar war und auf der Heimfahrt etwas anfuhr, das er für ein Reh hielt. So könnte er in dem Mordprozess bald eine ganz andere Rolle einnehmen, als ihm lieb ist. Aus diesem Grund sucht er bei seinem Berater von den Anonymen Alkoholikern Rat. Larry, der auch Anwalt ist, rät ihm dabei, sich lieber mit etwaigen Aussagen zurückzuhalten, um nicht selbst zur Zielscheibe der Justiz zu werden. Gelingt es Justin nun, mithilfe von Manipulation einerseits selbst unbeschadet und andererseits zum Schutz eines möglicherweise Unschuldigen zu handeln?

Gabriel Basso als James und Francesca Eastwood als Kendall in Juror #2
Während der Angeklagte James Michael Sythe von Gabriel Basso verkörpert wird, übernahm Eastwoods Tochter Francesca die Rolle des Mordopfers Kendall Carter. | Bild: © 2024 Warner Bros. Ent. All Rights Reserved

Clint Eastwood inszeniert Juror #2 mit Spannung und Gewissensqualen

Clint Eastwood hat hier jedenfalls einen fesselnden Thriller rund um die uramerikanischen Themen Recht und Gerechtigkeit inszeniert. So gelingt es ihm mit weit über 90 Jahren noch, den Zuschauer gebannt an diese atmosphärisch erzählte Geschichte zu binden. Der Film fokussiert sich schliesslich auf die Perspektive von Justin, der unter seinem plagenden Gewissen leidet und sein Umfeld bewusst auf die falsche Fährte lockt, um für seine Familie nicht selbst seine Zukunft zu gefährden. Dennoch lässt das Drama auch immer wieder die Blickwinkel der anderen Figuren anklingen. So auch von der Staatsanwältin Faith Killebrew, Ex-Polizist Harold Chicowski oder dem Mitgeschworenen Marcus, die Justin teils gefährlich nahe auf die Schliche kommen. Sie geben Juror #2 den nötigen Spirit und intensivieren die Spannung.

Dennoch schafft es die sympathisierende Figurenzeichnung von Justin auch mithilfe empathischer Flashbacks, dass man als Zuschauer mit ihm mitfiebert. Dies gelingt vor allem auch, da wir seine schwierige Vergangenheit als Alkoholiker kennenlernen und uns am Rande eine Sitzung bei den Anonymen Alkoholikern gezeigt wird. In einer kleinen, herzenswarmen Nebenrolle kann hier auch Kiefer Sutherland als Berater und Anwalt Larry Lasker punkten.

J.K. Simmons in Juror #2
Ex-Cop Harold Chicowski (J.K. Simmons) ist der Wahrheit gefährlich nahe auf der Spur! | Bild: © 2024 Warner Bros. Ent. All Rights Reserved

Starke Darsteller und stimmige Inszenierung

Ein schauspielerischer Glanzpunkt ist aber vor allem Nicholas Hoult in seiner Hauptrolle. Es bedarf bei ihm nicht mal Dialoge, um sich als Zuschauer mit seinem Seelenleben und Dilemma zu verbinden. Es sind seine leidenden Blicke, die sich so schonungslos zwischen den Zeilen herauskristallisieren und das eigentliche Drama offenbaren. Einen glaubwürdigen Akzent setzt schliesslich auch Toni Collette, die als Staatsanwältin das Drama mit einer seriösen Note aufwerten kann. Darüber hinaus trägt J.K. Simmons kurzzeitig dazu bei, Juror #2 in eine spannend-kriminalistische Richtung zu befeuern. Cedric Yarbrough sorgt dafür in seiner kleinen Nebendarstellung als Mitgeschworener Marcus für emotionale Momente, die dramaturgisch effektiv gegenüber Justin vermittelt werden.

Visuell zeichnet sich Eastwoods Film, wie nicht anders zu erwarten war, mit einer handwerklich-versierten Bildsprache aus, die mit einer weitgehend ruhigen Kameraführung versehen ist. Die Filmmusik von Mark Mancina verfehlt ebenfalls ihre stimmige Wirkung nicht, da diese keinen vordergründigen Einsatz findet, sondern die Szenen ganz dezent mit einer leicht vorantreibenden Note aus dem Hintergrund beeinflusst.

Toni Colette als Faith Killebrew
Bild: © 2024 Warner Bros. Ent. All Rights Reserved

Mein Fazit zu Juror #2

Sollte dies tatsächlich Eastwoods letzter Film gewesen sein, so hat er hier nochmal ein handwerklich überaus gelungenes Werk vollbracht, dass eindrücklich seine Stärken als Erzähler, grosser und nachdenklich stimmender uramerikanischer Geschichten unter Beweis stellt und seine fast 70-jährige Karriere mit einem filmisch fesselnden und moralisch nachklingenden Paukenschlag vollendet. Umso ärgerlicher ist in diesem Zusammenhang das Urteil von Warner Bros., den Film fürs Heimkino in Deutschland nur digital zu veröffentlichen und auf eine physische Auswertung auf Blu-ray und DVD zu verzichten, während andere Länder noch mit einer Scheibe versorgt werden. Das ist ein direkter Schlag ins Herz vieler Sammler und Cineasten sowie eine unwürdige Veröffentlichungspolitik, die Kunden dieser Sparte rigoros ausschliesst!

Über unseren Gast-Autor
Sandro Biener veröffentlicht unter dem Namen Sany 3000 Film-Rezensionen auf Amazon und auf Wattpad. Er beantwortet auch gerne Fragen über Filme und Serien auf Gutefrage.net. Zudem produziert er Megamixes von bekannten Sängern sowie weitere diverse Videos. Diese findet ihr auf seinem YouTube-Kanal. Hier findet ihr seine Profile.