Ende Oktober erschien ein spannender Horror-Thriller in den deutschen Kinos. Der Film Schlaf von Regisseur Michael Venus behandelt das Thema Albtraum und Realität und spricht den Zuschauer, unter anderem dank seiner speziellen Optik, auf der Metaebene an.
Wir haben Michael Venus am 16. Zurich Film Festival getroffen und ein spannendes Interview geführt. Das Video dazu findet ihr weiter unten im Artikel.
Davon handelt Schlaf
Marlene wird seit Jahren von sich wiederholenden Albträumen geplagt. Darin spielen ein Hotel an einem abgelegenem Ort sowie eine dämonische Gestalt eine grosse Rolle. Als Marlene dank eines Artikels in einem Reisemagazin feststellt, dass das von ihr in ihrem Traumtagebuch gezeichnete Hotel existiert, stellt sie Nachforschungen an.
In Stainbach angekommen, erfährt sie, dass ihre Träume erschreckend reale Konsequenzen im Dorf hatten. Nach einem kurzen Aufenthalt im Hotel Sonnenhügel erleidet sie einen Zusammenbruch, fällt in einen Schockzustand und ist nicht mehr fähig zu sprechen. Sie wird in eine psychiatrische Klinik eingewiesen und liegt dort in einem «Stupor», einem tiefen, komaähnlichen Schlaf.
Ihre 19-jährige Tochter Mona versucht nun den mysteriösen Geschehnissen auf den Grund zu gehen. Dank den Traumtagebüchern ihrer Mutter findet sie das Hotel und lernt auch dessen Besitzer-Ehepaar Lore und Otto kennen. Nach und nach findet sie nicht nur heraus, dass im Hotel schlimme Dinge vorgefallen sind, sondern auch, dass sie und ihre Mutter mit dem abgelegenen Ort mehr gemeinsam haben, als ihr lieb ist. Offenbar üben die Albträume ihrer Mutter sogar Einfluss auf die Dorfbewohner aus.
Ein beeindruckender Erstling
Bei Schlaf handelt es sich um den Debütfilm von Michael Venus. Er stammt aus Jena, studierte Visuelle Kommunikation und später Regie. Nach mehreren Kurzfilmen, Werbevideos, Musikvideos sowie Mitarbeit an diversen Drehbücher realisierte er nun den Kinospielfilm Schlaf.
Dass Venus ein visuelles Kommunikationsstudium absolviert hat, ist schnell klar. Viele Szenen des Films sind nicht nur ausdrucksstark, sondern auch sehr symbolisch zu interpretieren. Dazu zählen unter anderem die alptraumhaften Sequenzen, die die beiden Protagonisten erleben.
Die besondere und unheimliche Stimmung des Films wird durch die Kameraführung und auch durch das Colorgrading besonders vermittelt. Der Einsatz der Musik spielt hierfür nur eine kleine Rolle. Die Handlungsorte sind ebenfalls sehr schön in Szene gesetzt worden. Besonders das Hotel, in dem sich die Haupthandlung abspielt, glänzt durch eine schöne Ausstattung und kann locker mit dem berühmten Overlook-Hotel aus The Shining mithalten. Es gibt sogar ein paar Anspielungen darauf.
Das einzig negative an Schlaf ist, dass ein bisschen viel Zeit vergeht, bis der Zuschauer realisiert, wie die Albträume in Zusammenhang mit dem Hotel und dem Dorf stehen. Die Handlung zieht sich, in Bezug auf diesen Aspekt, daher ein bisschen in die Länge.
Starkes Schauspiel, welches unter die Haut geht
Sandra Hüller, die viele wahrscheinlich aus dem Oscarfavorit Toni Erdmann kennen, spielt die Mutter von Mona und liefert trotz ihrer eher kurzen Auftritte eine beeindruckende Darbietung ab. Sie hat nicht viel zu sprechen und befindet sich in diesem komaähnlichen Schlaf, bringt aber dennoch eine sehr differenzierte und glaubwürdige Mimik zu Tage.
Auch das Schauspiel von Gro Swantje Kohlhof ist bemerkenswert. Sie hat vor rund zwei Jahren ihr Schauspielstudium abgeschlossen und bereits in Tatort-Folgen mitgespielt. Hinzu kommen mehrere Theater-Engagements. Die Rolle der Mona dürfte für sie bisher sicherlich die aussergewöhnlichste sein. Sie meistert sie aber mit Bravour und spielt die teils heiklen Szenen mit einer besonderen Hingabe. Um nicht zu spoilern, werden sie in diesem Text nicht näher erläutert.
Der Schweizer Max Hubacher, der auch in der SRF-Serie Frieden zu sehen ist, spielt eine kleine Nebenrolle als Verkäufer Christoph und hilft Mona bei der Recherche. Auch er beweist vollen Körpereinsatz und leistet einen Einsatz, den man so noch nicht von ihm gesehen hat.
Mein Fazit zu Schlaf
Schlaf ist eine visuell eindrucksvolle Produktion, die es zwar am Anfang dem Zuschauer schwer macht, die Prämisse des Films zu verstehen, aber dann richtig in Fahrt kommt und das Publikum schaudern lässt. Dazu braucht es bei weitem keine blutigen Effekte und Geister. Die Atmosphäre, verbunden mit der nötigen Geräuschkulisse und geschickter Kameraführung reicht vollends. Schlaf weist eine Machart auf, die man so nicht von deutschen Filmen kennt und ihn daher besonders sehenswert macht.
Schlaf feierte seine Weltpremiere sogar an der Berlinale 2020.
Er kam Ende Oktober in die Deutschen Kinos. Aufgrund der Corona-Pandemie sind die Kinos nach wie vor bundesweit geschlossen. Ein Schweizer Kinostart ist noch nicht geplant. Um den Film dennoch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, haben sich die Verantwortlichen entschieden, ihn online zur Verfügung zu stellen. Somit kann man den Streifen auf Salzgeber.de streamen. Hier findet ihr ihn. Sobald die Kinos geöffnet sind, wird er sicherlich nochmals gezeigt werden.
Interview mit Michael Venus
Wir bekamen am ZFF die Möglichkeit, ein Interview mit Regisseur Michael Venus zu führen. Was er uns über sein Werk erzählt hat, seht ihr hier. Wir danken ihm und dem ZFF für diese Gelegenheit und wünschen dem Film viel Erfolg.
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