A Classic Horror Story

A Classic Horror Story ist alles andere als ein klassischer Horrorfilm

Seit dem 14. Juli ist bei Netflix der Film A Classic Horror Story aus Italien zu sehen. Bereits der Name hat mich stutzig gemacht, im Netz waren dann vereinzelte – meist positive – Feedbacks zu lesen. Daher habe ich mir den Horrorfilm mit unüblichem Namen angesehen. Ist A Classic Horror Story tatsächlich ein Streifen voller altbekannter Klischees?

Spoilerwarnung: Dieser Artikel enthält leichte Spoiler zum Film

Eine ungewöhnliche Reise beginnt

Im Süden Italiens ist der junge Filmstudent Fabrizio mit seinem Wohnmobil unterwegs. Um dabei ein wenig Geld zu verdienen und die Fahrt interessant zu gestalten, gründet er kurzerhand eine Fahrgemeinschaft. So finden sich bald einige Gäste in seinem Gefährt ein. Sie alle haben ein ähnliches Ziel, sind aber grundverschieden. Die zurückhaltende Elisa ist auf dem Weg in den Süden Italiens, um eine Abtreibung vornehmen zu lassen. Das Pärchen Sofia und Mark sind auf der Durchreise und der mürrische Arzt Riccardo gibt nichts über seine Pläne preis. Trotzdem entwickelt sich während der gemeinsamen Fahrt eine Freundschaft, zurückhaltend und oberflächlich zwar, aber dennoch angenehm. Dann jedoch passiert das Unglück: Mark, der unter Alkoholeinfluss gefahren ist, kollidiert mit einem Baum. Dabei verletzt er sich schwer und auch die übrigen Reisenden tragen Schrammen und Schnitte davon. Ausserdem haben ihre Handys in dem abgelegenen Waldgebiet keinen Empfang, auf baldige Hilfe müssen sie also verzichten. Und damit noch nicht genug: Nachdem Mark verarztet worden ist und sich alle wieder gefasst haben, müssen sie feststellen, dass sie unerklärlicherweise nicht mehr neben der Strasse stehen.

A Classic Horror Story
Sofia, Elisa, Riccardo und Fabrizio landen in einem Albtraum | Bild: Loris T. Zambelli / Netflix

Die fünf Reisenden finden sich mit ihrem Wohnmobil urplötzlich auf einer grossen Lichtung wieder. Auf dieser steht nichts ausser einem kleinen, rot gestrichenen Holzhaus. Wo ist die Strasse hin und warum kann sich niemand daran erinnern, wie sie hierher gekommen sind? Der Arzt Riccardo und der Filmfan Fabrizio machen sich auf in den Wald, um nach Hilfe zu suchen. Während Sofia bei ihrem verletzten Freund bleibt, untersucht Elisa derweilen das Haus. Bald macht sie dabei eine erschreckende Entdeckung nach der anderen. Allem Anschein nach gehört das Haus einem Anhänger eines satanischen Kults. Sie findet Fotografien maskierter Menschen und schliesslich Hinweise auf eine uralte Legende. Fabrizio, der sich in diesem Teil Italiens auskennt, bringt dann Licht ins Dunkel.

Die Legende der drei bösen Brüder

Osso, Mastrosso und Carcagnosso waren drei Brüder aus einer fernen Welt, die kamen, um die Menschen vor dem Hunger zu retten. Doch dafür forderten sie einen schrecklichen Preis und herrschten anschliessend über das Land. Scheinbar ist der Besitzer des Holzhauses ein Anhänger dieser Legende. Doch ist es wirklich nur eine Legende? Die mysteriösen Ereignisse beginnen sich bald zu häufen. Zum Einen scheint es keinen Ausweg aus dem Wald zu geben. Zum Anderen machen die Reisenden eine weitere, ungeheure Entdeckung: Im Haus ist ein kleines Mädchen gefangen. Bald steht fest, dass ihr jemand – oder etwas – die Zunge entfernt hat. Dies geht auf die Legende der Brüder Osso, Mastrosso und Carcagnosso zurück; denn einer von ihnen hatte keine Zunge, einer keine Augen und der dritte keine Ohren.

Matilda Lutz
Was geht in diesem einsamen Haus vor sich? | Bild: Loris T. Zambelli / Netflix

Will jemand die drei dunklen Herrscher ehren, besänftigen, oder sogar herbeirufen? Jedenfalls fassen die fünf Reisenden den Plan, so schnell wie möglich zu verschwinden. Doch urplötzlich ist ihr Wohnmobil unauffindbar und sie machen die Bekanntschaft mit Maskierten, die nun Jagd auf sie machen. Eine wilde Hetzjagd beginnt, an deren Ende viel mehr auf dem Spiel steht als nur ein paar abgeschnittene Körperteile. Denn nicht nur die Legende der drei Brüder scheint wichtig zu sein. Immerhin hat auch die Mafia in diesem Teil des Landes viel Macht. Kann den fünf Reisenden die Flucht gelingen?

A Classic Horror Story hat viel Gutes zu bieten

A Classic Horror Story macht seinem Namen anfänglich alle Ehre. Das Horrorfilm-Klischee der Personen, die sich untereinander nicht kennen und in einem verlassenen Wald stranden, wird voll ausgeschöpft. Auch die Protagonisten an sich finden sich charakterlich in vielen Horrorfilmen wieder: Eine zurückhaltend, ein anderer mysteriös und mürrisch, der Ängstliche sowie das laute und verliebte Pärchen. Kein Wunder also, kommt einem A Classic Horror Story zum Anfang bekannt vor, zumindest wenn man bereits einige Horrorfilme gesehen hat. Auch die einsame Lichtung mit dem Haus ist nicht gerade eine innovative Idee. Und doch: Gegen Ende hin scheint sich A Classic Horror Story selbst neu zu erfinden. Die anfänglich sehr einfache und fast schon «normale» Geschichte macht eine Kehrtwende, die ich so definitiv nicht erwartet hätte. Ein klassischer Horrorfilm ist A Classic Horror Story daher keinesfalls.

Alida Baldari Calabria
Wer ist das Mädchen? | Bild: Loris T. Zambelli / Netflix

Überzeugen konnte mich der Streifen aber nicht nur mit der Geschichte, die ein spannendes und unübliches Ende zu bieten hat. Denn auch der Cast kann sich sehen lassen. Die italienische Schauspielerin Matilda Lutz übernimmt die Hauptrolle als Elisa und liefert eine solide Arbeit ab; immerhin muss ihre Figur einiges ertragen. Francesco Russo schlüpft in die Rolle des redegewandten aber ängstlichen Fabrizio, der insbesondere gegen Ende des Films eine tragende Rolle übernimmt. Model und Schauspielerin Yuliia Sobol aus der Ukraine spielt Sofia, ihr Freund Mark wird vom Engländer Will Merrick verkörpert. Das Pärchen bringt daher nicht nur laute Stimmen in die Fahrgemeinschaft, sondern auch internationale Eigenschaften in den Cast ein. Der mürrische Arzt Riccardo wird vom Italiener Peppino Mazzotta gespielt, seine Figur ist authentisch, geht aber teilweise ein wenig unter. Nicht zuletzt ist auch Alida Baldari Calabria zu nennen. Trotz ihrem jungen Alter spielt sie das gefangene Mädchen sehr gut. Immerhin konnte sie zuletzt in Pinocchio (2019) Erfahrungen sammeln.

A Classic Horror Story ist kein Meisterwerk, aber trotzdem sehenswert

Alles in allem hat mir A Classic Horror Story viel Spass gemacht. Von einer Neuerfindung des gesamten Horrorgenres zu sprechen, ist allerdings übertrieben. Der Streifen kann besonders mit dem grossen Finale punkten. Hier mein Tipp: Unbedingt den gesamten Abspann ansehen, der hat mich definitiv zum Schmunzeln gebracht. Teilweise spielt A Classic Horror Story mit den herkömmlichen Horrorfilm-Klischees, was in den meisten Fällen auch ziemlich gut gelingt. Auch hat mir die Legende der drei bösen Brüder sehr gefallen; auch wenn mich dieser Name ständig an das Märchen der drei Brüder aus Harry Potter hat denken lassen. Ein Meisterwerk ist A Classic Horror Story aus Italien zwar nicht, doch er ist sehr unterhaltsam und daher auf jeden Fall einen Blick wert.

Für Fans von Horrorfilmen hielt Netflix diesen Monat aber noch mehr bereit. Kennt ihr schon die Fear Street-Trilogie?