See you Yesterday

Netflix bringt uns das Zeitreisen bei – oder versucht es zumindest

See You Yesterday ist seit Mitte Mai 2019 neu auf Netflix zu sehen. Zwei Teenager reisen mithilfe einer Zeitmaschine in die Vergangenheit, um ein schlimmes Ereignis ungeschehen zu machen.

Spoilerwarnung: Dieser Artikel enthält Spoiler zum Film. Wenn ihr komplett spoilerfrei bleiben wollt, seht ihn euch zuerst an.

Genies im Ghetto

Claudette, genannt «CJ», und Sebastian leben in einem Problemviertel, in dem Verbrechen und Gewalt an der Tagesordnung sind. Die Polizeibrutalität gegenüber Leuten ihrer Hautfarbe nimmt stetig zu und so formen sich Proteste und Demonstrationen. Um aus diesem Umfeld entfliehen zu können, arbeiten die beiden ausserordentlich intelligenten Teenager am Prototypen einer Zeitmaschine. Ihre Absicht ist es, mittels ihrer Erfindung ein Stipendium zu bekommen. Mit einem solchen Studium könnten sie an einer der renommierten Universitäten aufgenommen werden und sich und ihrer Familie eine bessere Zukunft ermöglichen.

Als dann CJs Bruder aber durch eine Verwechslung der Polizei von eben dieser getötet wird, hat CJ plötzlich ganz andere Motive, die Zeitmaschine zu bauen. Sie und Sebastian beschliessen, in die Vergangenheit einzugreifen und so diese Tragödie zu verhindern. Zeitgleich sorgt der Tod von CJs Bruder unter den Demonstranten für Aufsehen und er wird zum neuen Mittelpunkt ihrer immer aggressiveren Proteste.

Auch bei CJ und Sebastian läuft nicht alles nach Plan: Sie müssen bald feststellen, wie gefährlich das Zeitreisen ist und dass keine Handlung ohne Konsequenz bleibt.

Der Anfang ist gut, das Ende leider nicht besonders

Einer der wenigen positiven Aspekte von See You Yesterday ist die Hintergrundgeschichte rund um die Polizeibrutalität gegenüber Schwarzen. Diese ist in diesem Film sehr gelungen und verhilft dem gesamten Streifen zu einer passenden Ernsthaftigkeit, die ihn von reinen Drama-Komödien unterscheidet. Die Geschehnisse rund um die Polizeibrutalität im Viertel und die dadurch herrührende Feindseligkeit untereinander beschert dem Film damit einen guten Tiefgang.

Die eigentliche Story ist mittelmässig, vor allem ihr Ende ist mir negativ in Erinnerung geblieben. Während mir der Anfang von See You Yesterday sehr gefallen hat und der Mittelteil zumindest meistens unterhaltsam gewesen ist, waren Netflix für den Schluss scheinbar alle Ideen ausgegangen. Es gab mehrere Szenen, die als Finale passend gewesen wären. Dennoch ging die Geschichte immer weiter und das schlussendliche Ende war dann doch sehr enttäuschend. Netflix hat sich hier für einen Schluss entschieden, bei dem der Zuschauer viel Interpretationsspielraum bekommt. Allerdings funktioniert die gewünschte Wirkung hiervon nur schlecht.

Rucksack und Smartphone statt Delorean

Wie man es sich von einem solchen Film vorstellt, machen die visuellen Effekte einen wichtigen Bestandteil der Geschichte aus. Trotzdem hat man sich für einen spärlichen Einsatz von Visual Effects entschieden und viele der Gerätschaften tatsächlich gebaut. Mir hat das zugesagt, besonders weil die Geräte wie die Zeitmaschine selbst schön gebaut worden sind. Leider wirken die Ausrüstungen der Teenager trotz der guten Bauart etwas zu simpel: Eine Zeitmaschine im Rucksack und die Steuerung per Smartphone – das wirkt leider etwas unglaubwürdig für eine solch komplizierte Technik. Lässt man diesen negativen Punkt ausser Acht, bekommt man als Zuschauer aber einen visuell sehr hochwertigen Film.

Mittelmass soweit das Auge reicht

Erneut ist See You Yesterday ein Netflix-Original-Film, aus dem kein Meisterwerk geworden ist. Er bietet einige Höhepunkte, wie beispielsweise die erwähnte Hintergrundgeschichte, die Visual Effects und auch die Filmmusik. Leider verfügt der Streifen auch über genau so viele negative Eigenschaften: Sinkende Spannung gegen Ende hin, ein furchtbares Finale und die oftmals zu unüberlegten Handlungen der Figuren.

Für Fans von Zeitreise-Geschichten ist der Film sicherlich eine Überlegung wert. Auch denke ich, dass sich See You Yesterday jeder ansehen kann, der keine grossen Erwartungen mitbringt; ein Meisterwerk ist der Film wie gesagt aber nicht.