Brendan Fraser als Charlie aus The Whale

The Whale: Brendan Fraser liefert schwere Kost in einem emotional ergreifenden Kammerspiel

Am 27. April startete Darren Aronofskys neuester Film The Whale in den deutschen Kinos. In den Hauptrollen ist das zweifach Oscar-prämierte Psycho-Drama mit Brendan Fraser, Sadie Sink und Hong Chau besetzt. Ob mich die inhaltlich schwere Kost von The Whale überzeugen konnte, möchte ich euch nun verraten.

Charlies tieftraurige Reise

Erzählt wird die Geschichte vom Englischlehrer Charlie, der nach dem Verlust eines sehr geliebten Menschen, eine Esssucht entwickelte und bereits sehr stark und auf lebensgefährliche Weise an Übergewicht zugenommen hat. Aufgrund seines Übergewichts traut er sich nicht mehr nach draussen und gibt lediglich Online-Kurse mit deaktivierter Webcam. Trotz Anraten seiner Krankenschwester Liz, die ihm aufgrund einer drohenden Herzinsuffizienz dringlich auffordert, ein Krankenhaus aufzusuchen, erzählt Charlie ihr, dass er finanziell nicht in der Lage sei, sich einen solchen Aufenthalt zu leisten. Was Charlie aber vor allem möchte, ist, wieder mehr Kontakt zu seiner Tochter zu haben, die er schon seit 8 Jahren nicht mehr gesehen hat. Entfremdet von seiner Familie und vor allem von seinem Leben, beginnt für Charlie so eine emotionale Reise.

Hong Chau als Liz in The Whale
Krankenschwester Liz kümmert sich aufopfernd um Charlie. | Bild: © A24 / Pathe Films AG

Ein psychologisches Drama über die Esssucht

Emotional ist The Whale jedenfalls eine absolute Wucht. Der durch das 4:3-Format stilistisch klaustrophobisch anmutende und grobkörnig gedrehte Film, nutzt seine fast zweistündige Laufzeit für effektiv eingesetzte emotionale und intime Momente, die absolut erschüttern und nicht selten an Herz und Nieren gehen. Szenen, welche die Seele der Hauptfigur Charlie auf tiefgreifende Weise erfassen und offenlegen. Offenlegen, da der Film keinerlei Komfortzone nutzt, um in den dramatischsten Momenten ein paar humorvolle Lichtblicke beizusteuern, damit er diesen schliesslich kurzzeitig entkommen kann oder sie gar beschönigt. Zwar besitzt der Film auch ein paar humorvolle Momente, aber der Fokus liegt hier ganz klar im Genre des psychologischen Dramas. Damit wird The Whale auch in den wirklich ernsten und dramatischen Szenen schnell zu einer tieftraurigen Studie über einen psychisch erkrankten Menschen, der die Esssucht als einziges Mittel sieht, um kurzzeitig Erlösung von all dem seelischen Druck der Vergangenheit zu finden.

Brendan Fraser aus The Whale
Charlie verliert sich in seiner Essstörung, um über ein vergangenes Trauma hinwegzukommen. | Bild: © A24 / Pathe Films AG

The Whale ist nichts für schwache Nerven

Musikalisch intensiviert der Score dabei die emotionalen Höhepunkte des Dramas. Die Kamera bleibt dabei oft dicht an Charlie und die Erzählperspektive wird so gut wie ausschliesslich in seiner Wohnung mit den Mitteln des Kammerspiels beibehalten. Dass der Film dabei trotzdem nie langweilig oder gar langatmig wird, liegt aus meiner Sicht an den emotionalen Konflikten, die das Drama bis zum Schluss zu einer emotionalen Zerreissprobe machen. The Whale ist jedenfalls nicht einfach anzuschauen, wenn mit jeder weiteren Szene klar wird, dass Charlies Leben sowohl familiär und vor allem gesundheitlich einem Scherbenhaufen gleicht. Filmisch erzeugt der Film damit aber genau das, was er womöglich auch erreichen möchte. Er bewegt, er beeinflusst und vielleicht rettet er am Ende durch seine dramatisch konsequente Erzählweise und aufrüttelnden Worte sogar Leben.

Ty Simpkins als Thomas
Thomas sieht sich als Missionar der New Life Church berufen, Charlie zu helfen. | Bild: © A24 / Pathe Films AG

Brendan Fraser ist eine Wucht

Schauspielerisch leistet sich Brendan Fraser dabei die mit Abstand beste Leistung seines Lebens. Seine Figur Charlie berührt emotional alleine durch einfache Blicke, die den Schmerz auf traurigste Weise bebildern. Mit ihm lebt letztendlich dieser Film. Auf Augenhöhe agiert dabei auch Hong Chau, die Charlie immer wieder versucht aufzurütteln, während Sadie Sink in der Rolle der rebellischen Tochter für viel emotionale Bewegung in einzelnen Szenen sorgt. Am Ende ist es aber ebenso auch das grossartige Make-up, das dem Film zu seiner Glaubwürdigkeit verhilft. Hier wurde dank eines Fatsuits nämlich sehr gute Arbeit geleistet, um Brendan Fraser auf authentische Weise auf das Gewicht von 270 Kilogramm zu bringen.

Sadie Sink als Ellie aus The Whale
Die entfremdete Tochter Ellie rebelliert gegen ihren Vater. | Bild: © A24 / Pathe Films AG

Mein Fazit zu The Whale

The Whale ist am Ende inhaltlich schwere Kost, aber ein Film, der vor allem schauspielerisch und dank des grossartigen Make-up eine absolut sehenswerte emotionale Achterbahnfahrt ist. Dem Drama gelingt es so mit tief berührenden und teils auch schwer verdaulichen Bildern und nachklingenden Dialogen mitsamt seinem berührenden Score im Gedächtnis zu bleiben. Ein Kinobesuch lohnt sich daher für alle, die an tiefgründige Unterhaltung interessiert und dazu bereit sind, mit dieser sehr emotionalen und intimen Geschichte mitzugehen.

Über unseren Gast-Autor
Sandro Biener veröffentlicht unter dem Namen Sany 3000 Film-Rezensionen auf Amazon und auf Wattpad. Er beantwortet auch gerne Fragen über Filme und Serien auf Gutefrage.net. Zudem produziert er Megamixes von bekannten Sängern sowie weitere diverse Videos. Diese findet ihr auf seinem YouTube-Kanal. Hier findet ihr seine Profile.