Whatthefilm am Zurich Film Festival 2022

Zurich Film Festival 2022: Die Highlights der 18. Ausgabe

Das volljährige ZFF! Mit einem historischen Line-up, so vielen Stars wie noch nie, mit dem Fokus auf Spanien und bunten, queeren Filmen beglückte uns das 18. Zurich Film Festival 2022. Es zeigte vom 22. September bis zum 2. Oktober 146 Streifen, darunter 49 Erstlingsfilme und 15 Weltpremieren. Wie das Organisations-Team bekanntgab, war das Festival sehr gut besucht und bot den zahlreichen Filmfans einige Highlights. Diese zeigen wir in diesem Artikel auf.

Die grösste Starpower seit langem

Auch dieses Jahr kamen die Stars nicht zu kurz; gemäss Artistic Director Christian Jungen waren während dieser Ausgabe so viele Stars wie noch nie am Festival zu sehen.

So war beispielsweise der Augenschmaus Eddie Redmayne auf dem grünen Teppich zugegen. Der Phantastische Tierwesen-Star stellte den Netflix-Thriller The Good Nurse vor. Zuletzt war er 2007 in Zürich, um das Drama Savage Grace zu präsentieren. Für den damals 25-jährigen war es der erste Besuch an einem Filmfestival überhaupt, wie er seinen Fans am ZFF Masters erzählte. Nun kehrte er 15 Jahre später zurück, um den Golden Eye-Award des ZFF entgegenzunehmen und sein neuestes Werk zu zeigen – mit dem Golden Globe-Award, Tony Award, SAG Award und dem Oscar in der Tasche. 

Neben Redmayne war dieses Jahr auch wieder Luca Guadagnino, der uns mit Bones and All ein eher ungewöhnliches US-Roadmovie zeigte, zu Gast. Zudem durfte er sich auch über den A Tribute to…-Award freuen. Charlotte Gainsbourg kam ebenfalls nach Zürich und erhielt das Goldene Auge unmittelbar vor der Weltpremiere von The Almond and the Seahorse. Begleitet wurde sie von der US-Ulknudel Rebel Wilson.

Matthias Schweighoefer und Ruby O Fee am 18 Zurich Film Festival 2022
Matthias Schweighöfer eröffnet das ZFF mit dem Drama The Swimmers. | Bild: Whatthefilm.ch / Marcel Schmid

Für weitere Starpower sorgten Diane Kruger und Liam Neeson, die den Film-Noir-Streifen Marlowe vorstellten. Auch die deutsche Schauspieler-Gilde war gut vertreten: Iris Berben, Caroline Peters, Janina Uhse, Franziska Machens, Justus von Dohnányi, Christoph Maria Herbst, Daniel Brühl, Til Schweiger und Dimitrij Schaad kamen nach Zürich. Matthias Schweighöfer war an der Opening Night zugegen und präsentierte das Netflix-Drama The Swimmers, welches auf wahren Begebenheiten beruhte. 

Einen herben Dämpfer musste das Organisationsteam des ZFF und zahlreiche Filmfans jedoch hinnehmen: Sir Ben Kingsley konnte sein neuestes Werk Dalìland nicht persönlich in Zürich vorstellen. Der 78-jährige erholte sich von einer Corona-Erkrankung und durfte auf Anraten seiner Ärzte nicht reisen. Bei der Gala-Premiere verkündete er jedoch per Live-Schaltung, dass er den Golden Icon-Award gerne im nächsten Jahr gerne entgegennehmen werde.

DiverCITY Hollywood

Nach der MeToo-Bewegung hat sich im filmischen Hollywood alles auf den Kopf gestellt. Es zeigt immer mehr Diversität. Heiss begehrte Gala-Premieren, die meist erwarteten Filme der kommenden Saison, waren auch in Zürich zu sehen. Der kontrovers diskutierte The Woman King brillierte ganz vorne mit dabei und zeigte einen weiblichen, «people of colour»-Cast. Zur DiverCITY trug auch der neue LGBTQ+ Film Bros, mit einem ausschliesslich LGBTQ+Personen-Cast, bei. Zur Diversität hat auch dieses Jahr das schweizerische Filmschaffen viel beigetragen. Beispielsweise mit 99 MOONS, der das nicht ganz so brave Schweizer Kino schockiert. Mutig zeigt Jan Gassmann das Sexleben junger Schweizer*innen.

Das brutale Alpenmädchen war die Stimmungskanone am Zurich Film Festival 2022

Aber auch mit Mad Heidi, einem feministischen Trash-Film, der via Crowdfunding entstanden ist und in dem die Protagonistin gegen einen Käse-Faschisten kämpft, beweisen die Schweizer Filmschaffenden Mut. Zum einen vermischten die beiden Regisseure die brave Schweizer Tradition mit blutigen Horror- und Comedy-Elementen. Und zum anderen wurde der Streifen dank eines gigantischen Crowdfundings mit Investment-Möglichkeiten finanziert – das gab es in der Schweiz bisher noch nie.

Das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen: Die britische Newcomerin Alice Lucy spielt das berühmte Alpenmädchen und metzelt sich dank ausgefeilter Choreographie elegant auf der grossen Leinwand. Und genau diese Heidi-Variante sorgte bei der Schweizer Premiere für Momente, welche Herr und Frau Schweizer wohl noch nie in den hiesigen Kinos erlebt haben. So gab es vor, während und nach dem Screening den tosenden Applaus der begeisterten Fans zu hören. Das Zurich Film Festival 2022 musste aufgrund der hohen Nachfrage sogar eine Zusatzvorstellung organisieren – zuletzt waren alle drei Screenings ausverkauft.

Wie der Film entstanden ist und wo er gedreht wurde, findet ihr hier heraus.

Mad Heidi Premiere am 18 Zurich Film Festival 2022
Cast und Crew von Mad Heidi stellen ihren Film auf dem grünen Teppich des ZFF vor. | Bild: Vianty.ch / Pascal Hochstrasser

Family Drama und viel Publikum

Und auch die Zahlen sprechen für sich. Über 137 000 Zuschauerinnen und Zuschauer verzeichnete das Zurich Film Festival 2022. Das entspricht 37 000 mehr gegenüber dem Vorjahr. Von den 580 Vorstellungen waren 90 ausverkauft.  Ein weiterer Grund für den enormen Anstieg dürfte die Nutzung des Kongresshaus sein. Dieses wurde während des Festivals durchgehend bespielt. 

Im Spielfilm-Wettbewerb zeigte das ZFF dieses Jahr viele intime Familienmomente, die nicht ganz apolitisch waren. In Valeria Is Getting Married aus Israel, indem sich Frauen aus Europa durch Heiratsagenturen verheiraten lassen. Oder Something You Said Last Night, eine Komödie über eine Italo-Kanadische Familie, die in die Ferien fährt. Als wäre das eigene Familiendrama schon nicht genug, beobachten wir bei Fucking Bornholm ein Camping Desaster. Beide Werke kämpften im Spielfilm Wettbewerb.

ZFF 2022 mit neuem Logo
Zum 18. Geburtstag gab es eine Logo-Auffrischung. | Bild: Whatthefilm.ch / Philippe Weber

Auch etwas für das Gehör

Mit der neuen Sektion Sounds wollte das Zurich Film Festival unsere Sinne beglücken. Schliesslich boomen Musikfilme nach dem Riesenerfolg von Bohemian Rhapsody regelrecht. So stand beispielsweise The Magic Flute auf dem Programm, der für Mozart-Fans einen Ohrenschmaus bietet. Produziert hat ihn Independence Day-Regisseur Roland Emmerich, der an der Premiere teilnahm. Zusätzlich versuchte sich der kontrovers diskutierte Musiker Machine Gun Kelly mit seinem semi-autobiografischen Film Taurus. Zudem erhielt die Filmkomponistin den Career Achivement Award des ZFFs verliehen. Im Rahmen der Veranstaltung Cinema in Concert präsentierte Portmann die von ihr komponierte Musik zu Chocolat, The Cider House Rules, Never Let Me Go. Ferner gab es eine Live-Kommentierung der Komponisten von Der Nachname und Speak no Evil.

The Magic Flute Roland Emmerich und Christian Jungen am ZFF 2022
The Magic Flute-Produzent Roland Emmerich (l.) posiert mit ZFF-Artistic Direktor Christian Jungen. | Bild: Vianty.ch / Pascal Hochstrasser

#myReligion

In der Sektion «Hashtag» behandelt das Zurich Film Festival jedes Jahr ein brandaktuelles Thema, welches auch auf Social Media im Trend liegt. Mit dem diesjährigen Hashtag, auch nicht ganz apolitisch, thematisierte das ZFF Religionen jeglicher Art. Und das war tatsächlich brandaktuell. Denn in vielen Weltgegenden wie den USA oder Russland dominiert gerade das Thema der Religionen. Ein Comeback sowie eine Säkularisierung schreiten im eigenen Tempo voran.

Oder eine Ersatzreligion, wie die neue App TikTok, welches mit dem Streifen TikTok, Boom beleuchtet wird und die Generation Z als Religion sieht. The Mission zeigt junge Mormonen, die in der schönen Kulisse Finnlands missionieren gehen. Mit Medusa debütierte das Land Brasilien; mit einem Film, der als Parabel erzählt wird – und nicht wie erwartet mit griechischer Mythologie zu tun hat. Selbst anwesend am Zurich Film Festival 2022 war zudem Tark Saleh, der mit Boy from Heaven eine Geschichte über eine sunnitischen Jungen erzählt.

Horrorfilm Medusa
Gruselig: Der brasilianische Horror-Film Medusa. | Bild: Best Friend Forever / Drop-out Cinema / Bananeira Filmes

Welche Filme haben am 18. Zurich Film Festival 2022 abgeräumt?

Wie alle Jahre wieder standen auch dieses Jahr die Wettbewerbe im Zentrum. Denn der Sinn der ZFF ist es ja schliesslich, neue Filmautorinnen und -autoren zu entdecken. Die Award Night am 1. Oktober bildete den krönenden Abschluss des 18. Zurich Film Festivals 2022. Folgende Produktionen wurden dabei ausgezeichnet:

Fokus Wettbewerb

Cascadeuses von Elena Avdija

Besondere Erwähnung

Foudre von Carmen Jaquier

Spielfilm Wettbewerb

Los reyes del mundo von Laura Mora Ortega

Besondere Erwähnungen

War Pony von Gina Gammell und Riley Keough
Until Tomorrow / Ta farda von Ali Asgari

Dokumentarfilm Wettbewerb

Sam Now von Reed Harkness

Besondere Erwähnungen 

The New Greatness Case von Anna Shishova
The Killing of a Journalist
von Matt Sarnecki

Kritikerpreis

Foudre von Carmen Jaquier

Beste Serie

Cry Wolf von Maja Jul Larsen 

Publikumspreis

Becoming Giulia von Laura Kaehr

Preis der Kinderjury

Lucy ist jetzt Gangster von Till Endemann

Publikumspreis ZFF für Kinder

My Robot Brother von Frederik Meldal Nørgaard

Science Film Award

The Territory von Alex Pritz

Filmpreis der Zürcher Kirchen

Foudre von Carmen Jaquier

Preis für beste internationale Filmmusik

Robert IJserinkhuijsen  

Die Ehrengäste des 18. Zurich Film Festival 2022

Golden Icon Award: Sir Ben Kingsley

A Tribute to… Award: Luca Guadagnino

Golden Eye Award: Charlotte Gainsbourg

Golden Eye Award: Eddie Redmayne

Game Changer Award: Michael Barker und Tom Bernard

Career Achievement Award: Rachel Portmann

Zudem bekam Managing Director Elke Mayer bei der Award Night von Christian Jungen als Dank ein Goldenes Auge überreicht. Schliesslich war sie über 10 Jahre fürs Zurich Film Festival in unterschiedlichen Funktionen tätig.

Weitere Artikel zu den Filmen, welche wir am ZFF schauen konnten sowie Videos mit Interviews erscheinen demnächst auf unseren Kanälen.

In eigener Sache….

Whatthefilm.ch hat in diesem Jahr sogar einen eigenen kleinen Rekord beim ZFF aufgestellt. So haben wir tatsächlich sechs Akkreditierungen eingereicht -so viele wie nie zuvor! Davon fielen drei auf die Vianty GmbH. Dieses junge Medienunternehmen aus Bern hat uns während den Green Carpet-Interviews fleissig unterstützt und einen grossen Teil zur Videoberichterstattung beigetragen. An dieser Stelle danken wir den engagierten Video-Creators Pascal, Aline und Dominic!